Darum gehts in dieser Folge

In dieser Folge von Food Fak(t) spricht Stefan Fak mit Konzeptaktivist Michael Fritz, Mitbegründer von Viva con Agua, über die Projekte der Organisation. Hört, wie Micha leidenschaftlich das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser unterstützt und sich für soziale Veränderungen einsetzt und taucht ein in seine Gedanken darüber, wie sich neues erst entwickelt, wenn man die eigene Komfortzone verlässt.

Micha berichtet von den Herausforderungen und Leuchtturmprojekten, die Viva con Aqua bisher unterstützt hat und teilt seine Ansichten über Unternehmertum, Politik und das Gemeinwohl. Stefan und Micha sprechen darüber, dass Wasser ein Menschenrecht ist, aber immer noch zu wenige Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Sie diskutieren auch die Verantwortung von Unternehmen und Konsumenten im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Micha betont, dass das Gemeinwohl oberste Priorität haben sollte und nicht kurzfristige Profite.

Die beiden sprechen auch über einige der Projekte, die Viva Con Aqua unterstützt hat, wie z.B. den Bau von Brunnen in Entwicklungsländern. Er erklärt auch, wie man selbst an solchen Projekten teilnehmen kann und wie Viva con Agua finanziert wird. Es geht auch darum wie man Wasserbewusstsein fördern kann und warum es wichtig ist, nachhaltig mit Wasser umzugehen.

Hier die ganze Folge zum nachlesen

Herzlich willkommen bei Food Fak(t). Die heutige Folge könnte ein bisschen unbequem werden, denn heute haben wir einen ganz besonderen Gast. Micha Fritz, den Konzeptionsaktivisten, der sich leidenschaftlich für das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser einsetzt. Und Micha ist Mitbegründer von Viva con Agua. Viele kennen das Wasser Viva con Agua vielleicht aus Kneipen, aus Restaurants oder aus einigen anderen Läden. Tatsächlich ist aber diese Wasserflasche nur ein Werbeträger für eine soziale Organisation, die seit 2006 tätig ist und in dieser Zeit über 3,8 Millionen Menschen erreicht hat. Und mittlerweile ist Viva con Agua tatsächlich eine internationale Bewegung für sauberes Wasser geworden. Also haltet eure Wasserflaschen bereit und freut euch auf eine spritzige Runde mit Micha. Denn ich bin sicher, da bleibt kein Auge trocken. Gut Ding braucht Weile. Hallo Micha!

Hi.

Wir haben ja schon sehr lange geplant, unser Podcast-Gespräch zu führen. Und jetzt ist es endlich so weit. Ich freue mich, dass du hier bist. Ich hab über dich viel gelesen, fand ganz, ganz tolle Interviews schon. Und alles führt irgendwann mal in die Komfortzone und aus der Komfortzone heraus. Das scheint ja so ein Thema zu sein. Ist nicht ein bisschen kuscheln manchmal ganz angenehm?

Schöne Einstiegsfrage. Na, ich habe neulich mal irgendwo gesagt, dass Entwicklung außerhalb der Komfortzone beginnt. Und ich glaube, das ist sehr wahr. Und in so einer Kuscheldings passiert auch eine Entwicklung. Ich glaube, man kommt sehr schnell auf dünnes Eis, weil ich muss dazu sagen, dass es mir halt sehr gut geht und ich mit einem sehr guten Urvertrauen aufgewachsen bin. Und wenn man das natürlich hat und ich habe jetzt kurz reflektiert, deswegen kurz angehalten über meine Kinder natürlich und denen geht es auch, glaube ich, sehr gut und die wachsen auch im ganz guten Urvertrauen und Setting auf, dann kann man sich auch außerhalb von Komfortzonen entwickeln.

Viva con Agua ist ja mittlerweile eine etablierte Marke. Du bist über 40, du hast Kinder. Kann es sein, dass du selbst in der Komfortzone schon angekommen bist, also quasi in dieser Bubble? Und dass man da vielleicht auch gar nicht mehr so rauskommt? Deswegen?

Ob das eine Kunstbubble ist, eine Musikbubble, eine Social-Business-Bubble, eine Entrepreneur-Bubble, LinkedIn-Bubble, TikTok-Bubble, Insta-Bubble, YouTube-Bubble, Twitter-Bubble, Threads-Bubble, whatever. Ja, das sind sehr, sehr viele verschiedene Bubbles.

So kam dann das Mineralwasser aus den vielen Bubbles.

Aus den Bubbles kommt auch das Mineralwasser oder aus dem Treffen. Letztendlich entstehen ja Ideen in Freiräumen oder in der meistens auch innerhalb des Reisens von A nach B, egal ob das jetzt mal eine Location ist oder ob das eine kleine Reise ist oder eine größere Reise, aber außerhalb dieser auch der Komfortzone und ich glaube schon, dass das ein Geschenk auch ist für Viva con Agua und für mein Leben auch.

Für mich ist es so Aktivismus, so wenn ich so denke Aktivist, Aktivismus, da sehe ich ja so ein Bild, ich habe ein Atomkraftwerk und da kette ich mich bei minus fünf Grad irgendwie 36 Stunden lang an und schreie und die Panzer rollen an und ich muss sozusagen, ich bleibe sozusagen meinem Thema treu. Bei dir klingt das ja alles sehr lustig und so bubbelig. Gibt es Opfer, die du da gebracht hast, wo du sagen würdest, das war jetzt wirklich eine Belastung oder das war jetzt ein Thema, wo ich echt was investiert habe, persönlich auch, oder in Kauf genommen habe?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe einen sehr guten Kumpel, Künstler, einer meiner besten Freunde Nils Kasiske, mit dem ich sehr oft über den Begriff des Aktivisten gesprochen habe und Aktivistin und ganz klar ist so, dass ich im Vergleich zu einer Frau, die im Iran den Hijab abnimmt, nicht ansatzweise mein Leben riskiere. Also ich riskiere eigentlich nichts, das muss man ganz klar sagen. Wenn, dann falle ich sehr weich. Das heißt, deswegen, wenn, dann würde ich mich auch so Konzeptionsaktivist nennen und niemals so klassisch Aktivist, sondern ich lasse mir Konzepte einfallen, wie eigentlich andere Menschen sich tief einbringen können in eine Gesellschaft. Egal ob es ein Social Business Case ist wie das Wasser oder beim Kunstfestival wie Millerntor Gallery oder Goldeimer oder Kampagnen, die wir gemacht haben oder, oder. Möglichkeiten wie Menschen sich engagieren können. Und ja, ich meine klar habe ich da Sachen riskiert, ich meine oder bin ich über meine Grenzen hinausgegangen. Ich habe acht Jahre auf Musikfestivals gelebt und so, ich habe Hämorriden bekommen, weil wir von Hamburg nach Basel gelaufen sind und ich für Afrika 26 km präsentiert habe im Rollstuhl und so weiter. Ich saß 36 Stunden auf Toiletten, auf der Reeperbahn hinter Dings. Aber das ist halt alles nicht ‚Leben riskiert‘, so, das muss man aber auch nicht und ich glaube das ist auch ganz wichtig auch innerhalb dieser Welt zu verstehen, dass es jede Form des Aktivismus braucht. Es braucht auch die Charity-Galadinners und davon bin ich kein Riesenfan, weil voll oft das Geld was vorne reingesteckt wird, kommt hinten gerade mal, wenn glücklich, wieder raus und alle lassen sich abfeiern. Aber auch das braucht es, weil Aufmerksamkeit, es braucht einfach jede Form des sozialen Aktivismus. Des politischen, ökologischen Aktivismus. Es braucht die letzte Generation und ich liebe sie dafür, dass sie sich auf dem Boden geklebt haben, weil die SUV-Fahrer:innen sind im wahrsten Sinne des Wortes zum Stoppen gekommen und aus ihrem Hamsterrad und mussten drüber nachdenken.

Gehen wir vielleicht mal aufs Wasser zurück. Ihr habt Viva con Agua 2006 gegründet. Das ist ja jetzt fast bald unglaubliche 20 Jahre her. Wo stehen wir denn aktuell, wenn wir über dieses Thema Recht auf Wasser, Wasserversorgung aus deiner Sicht?

Wo wir bei dem Thema stehen?

Riesige Frage, ne?

Ja, riesige Frage. Und da muss man auch dünnes Eis und warme Socken anziehen, weil ich bin weit weg von Wissenschaftler oder so. Alles, was ich weiß, habe ich irgendwie erfahren oder gehört oder ein bisschen wahrgenommen in der Welt und so weiter. Ich bin kein Wissenschaftler, das heißt, ich habe auch kein fundiertes Wissen zum Thema Wasser. Das bin ich nicht. Ich habe gesehen, dass Menschen Zugang zu Wasser haben im Überfluss und ich habe gesehen, dass Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und das in ganz vielen Ländern und so und sag da manchmal, dass ich Obelix im Körper von Asterix bin. Ganz klar ist, Wasser ist nach wie vor ein Menschenrecht und ganz klar ist, dass immer noch zu wenig Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Auf einer übergeordneten Ebene – sprechen wir mal, wenn wir nur, also nicht übergeordnet, vielleicht noch mal eins runter kürzen. Wir gehen mal nur auf die Stadt Frankfurt, wo die ganzen Rechenzentren drum herum sind. Die Stadt Frankfurt weiß 2030 nicht, wie sie Trinkwasserversorgung für ihre Bewohner:innen sicherstellen soll. Das muss man sich einfach auf der Zunge zergehen lassen. Und wir reden über Frankfurt und nicht über diese afrikanischen stereotypen Städte, um das zu bedienen. Nein, wir reden darüber, dass Deutschland.

Das heißt, ich soll jetzt nicht nur keine Avocados aus Mexiko, sondern auch keine Aktien aus Frankfurt kaufen.

Ja, oder du sollst halt auch nicht so tun, als würde dein Instagram-Aktivismus die Welt besser machen, sondern der macht es halt auch schlechter. Und auch dieser Podcast wird gestreamt und so. Das heißt diese ganze Streaming-Sache. Es ist halt mittlerweile so, weißt du, so Flightshaming: Der Typ fliegt nach Tokio. Ja, aber der Content-Creator hat gerade ein Video gemacht, das komplett um die ganze Welt gegangen ist und das ist genau der gleiche Impact wie einen Langstreckenflug nach Tokio und zurück.

Vieles weißt du natürlich als Konsument, als Konsumentin noch gar nicht. Ich denke, mein Lieblingsbeispiel ist, also ich brauche ja gar nicht so weit gucken. Ich sitze jetzt nachhaltig verliebt beim Italiener, bestell meine Pasta, meinen Rotwein und dazu ein Wasser und kriege ein Pellegrino. Ja, wer weiß denn, dass das von Nestlé ist? Wer weiß denn, dass die österreichische Römerquelle von Coca Cola ist?

Ja, wir können ja keine Expertin in jedem Thema sein. Maximal in einem Thema können wir uns rein, deswegen müssen die Systeme holistischer gebaut werden und wir haben auch einen anderen Zugang mittlerweile zu Wissen etc. Und ich glaube, dieser Shift muss halt passieren, dass Unternehmer:innen, Politiker:innen etc. das Gemeinwohl wieder als oberste Devise sehen. Was heißt wieder, ist die Frage, ob das geschichtlich schon mal stattgefunden hat, aber letztendlich ja, es Gemeinwohl muss das Nonplusultra sein und nicht kurze, schnelle Profite für ein eigenes Leben.

Was waren denn so aus deiner Sicht diese Leuchtturmprojekte oder Themen, die Viva con Agua gefördert und unterstützt hat?

Jedes Wasserprojekt, das ich in meinem Leben jemals gesehen habe, liegt einem am Herzen. Das ist sehr dünnes Eis wiederum, weil es sehr plakativ sehr schnell wird. Aber es ist einfach lebensverändernd, wenn du in Regionen kommst, wo es keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser gibt und danach gibt es Wasser. Man kann es so ein bisschen, ich hatte das Glück bei drei Geburten dabei zu sein, zwei von meinen Kindern, einer als Sanitäter und das ist schon sehr einzigartig eine Geburt mitzubekommen. Und ähnlich sind auch so Wasserbohrungen. Das ist dann, wenn dann das Wasser aus der Erde sprießt, das ist ein magischer, himmlischer Moment. Und das ist natürlich da auch irgendwie davon Teil zu sein, auch wenn man weiß, die Spenden kommen von ganz vielen Menschen, auch wenn man weiß, dass eigentlich das Wasser ja nur in der Erde ist und wir nur quasi das Bohrgerät mit unterstützen und dass das Wasser ja auch nicht uns gehört etc. Also ist es schon sehr magisch.

Ja und wie trackt ihr das? Also sind das auch dann Dinge, die langfristig sichergestellt sind, die sich langfristig positiv auch auf die Gemeinschaft auswirken?

Das erste Projekt von Viva con Agua war in Kuba, dann haben wir gemerkt, okay, die Leute finden es gut, lass weitermachen, lass uns wirklich einen Verein gründen etc. pp. Und haben dann in Äthiopien angefangen und seitdem sind wir in, also wir sind immer noch in Äthiopien und wir haben da noch ein paar Projektländer dazu genommen, Uganda, Kenia und sind jetzt auch in mehr Ländern, aber versuchen schon sehr langfristig zu denken und zu arbeiten, gerade in diesen Entwicklungszusammenarbeitsdynamiken, weil im anderen Fall macht es keinen Sinn. Und es macht halt keinen Sinn noch einen Brunnen zu bohren und dann wegzugehen und nicht wiederzukommen sondern du musst gerade wiederkommen, wenn es nicht funktioniert. Weil auch, das muss man natürlich auch sagen, durch die ganze Entwicklungshilfe, sage ich jetzt bewusst, wo es auch genug Kritik und auch viele Kritik zurecht gibt, ist auch ein oft ein hohes Misstrauen. Da kommen dann irgendwelche Leute und was will die NGO jetzt? Warum sagt die da einen Brunnen und nicht da, darf vielleicht die Bevölkerung gar nicht so viel mitreden? Braucht es unbedingt diese Weißen, die jetzt aus Europa kommen gar keine Ahnung von meinem Land haben, von meiner Kultur etc. Deswegen  würde ich Viva con Agua auch niemals mehr so representen, wenn wir nicht Viva con Agua in Uganda gegründet hätten, in Südafrika, in Mosambik viel gemacht haben mit local cruise also Viva con Agua auch auf dem afrikanischen Kontinent existiert und eine afrikanische Perspektive hat.

Wie stelle ich mir das vor, so ein Projekt? Das finde ich ja jetzt sehr, sehr, sehr spannend. Fahre ich dann jetzt einfach nach Kuba und sage, ich möchte da jetzt nach Wasser suchen oder Wasser fördern? Also mit wem rede ich da? Was tue ich da? Wenn ich jetzt z.B. selber sagen würde, ich möchte in Afrika ein Wasserprojekt. Ist das was, was ich machen kann?

Ja also prinzipiell ist erstmal alles denkbar. Long Story short ist es so: also vielleicht zwei Antworten auf die Frage: einmal, Benni hat damals beim FC St. Pauli gespielt, damals gab es ein Trainingslager auf Kuba, dort waren die in Kindergärten und Schulen unterwegs und haben halt gesehen, dass das Wasser nicht dort aus dem Hahn kommt, normal fließt und haben sich überlegt, damit hat er sich überlegt, was zu machen und dann hat er letztendlich gegoogelt damals und hat herausgefunden, dass die Welthungerhilfe dort aktiv ist und hat mit der Welthungerhilfe Kontakt aufgenommen. Hat dann die Idee gehabt, was mit der Welthungerhilfe zu machen. So ist das erste Projekt in Kuba entstanden. Entwicklungszusammenarbeit macht aus meiner Erfahrung nur Sinn, wenn du es mit den Locals gemeinsam machst und wenn du nur das machst, was sie auch wirklich wollen und für gut befinden und aus ihrer Erfahrung und Expertise heraus sagen: Das ist ein guter Plan. Sonst ist das sehr schnell übergriffig oder führt halt zu Bullshit-Szenarien wie, dass eine Universität gebaut wird aber dort nicht mal Studierende sind. Was schon passiert ist, was ich mitbekommen habe, in Äthiopien, wo du denkst, ey ja, und dann hörst du, dass ein großes deutsches Unternehmen diese Universität dahin gebaut hat, aber es gibt keine Studierenden. Das macht natürlich keinen Sinn. Das würde aber auch ein Local nicht machen, weil die gar keine Uni brauchen, sondern die brauchen vielleicht erstmal die Infrastruktur, um irgendwann Studierende überhaupt, weißt du, so in der Region. Also deswegen, das ist halt leider oft ein komplexes Ding. Ich glaube, wenn du jetzt sagen würdest, du möchtest einen Brunnen bohren z.B. dann würde ich dich erstmal fragen: Hast du schon mal einen Brunnen gebohrt? Dann würde Stefan wahrscheinlich sagen:

Ne.

Nein, genau. Dann würde ich fragen, okay, willst du vielleicht erstmal ein Brunnen bohren in Deutschland und lernen, wie man Brunnen bohrt in Deutschland und dann überlegen wir mal, ob du die Sprache von Uganda lernst, Luganda, und die Kultur und dort ein Brunnen bohrst.

Okay, ne, ne, mach ich nicht.

Oder ob wir abkürzen.

Ja, kürz mal bitte ab.

Hast du 10.000 Euro, die du spenden kannst?

100.

100.000 oder 100 Euro?

Ne, sag, also ich spende was und wem spende ich?

Genau. Das wäre jetzt z.B. klar, wir haben jetzt einen Podcast, also kennst du Viva con Agua. Das heißt, du suchst dir eine Organisation, der du vertraust, wo du siehst, okay, das Geld kommt an, die einen Geschäftsbericht haben, dir natürlich zeigen können, wohin die Kohle fließt und der du letztendlich vertraust, dass sie mit dem Geld das bestmögliche Resultat erzielen.

OK, anderes Beispiel oder andere Frage, ich möchte jetzt nicht nach Uganda, ich möchte jetzt doch lieber Frankfurt retten und habe mir überlegt, ich möchte jetzt nicht mehr, dass in den Frankfurter Klos Trinkwasser runtergespült wird. Also ich entwickle einen Behälter, der das Trinkwasser sammelt aus dem Klo zum Trinken und einen zweiten Behälter, mit dem ich z.B. Regenwasser oder Gebrauchtwasser dann fürs Klo verwenden kann.

Game Changer.

Ist das ein gutes Ding oder nicht?

Absolut.

Macht das noch niemand? Weil das wäre ja eigentlich ein Klacks.

Also wir machen Komposttoiletten, also mit Sägespänen, ohne Wasser und Chemie etc. pp. Ich verstehe bis heute nicht, aber bin kein Experte, wie ich ja schon gesagt habe, warum es das nicht gibt, dass Regenwasser für die Toilettenspülung genommen wird. Also es gibt es auf jeden Fall. Also wir haben das auch, wir haben auch Rainwater am Start bei uns in der Toilette. Das heißt, ich weiß, dass es das gibt bei Toiletten, aber es wird nicht flächendeckend gemacht. Und hier kommen wir ja genau an so einen Punkt, wo man eigentlich sagen müsste, weil es ist so ein bisschen wie mit dem Organspendeausweis. Der Organspendeausweis für mich, jeder müsste Organspender:in sein. Wenn du das nicht möchtest, dann gehst du zum Amt und sagst, ich möchte aus den und den Gründen nicht Organspender sein, ciao, bist du kein Organspender. Genauso müsste sein: Jede Toilette der Welt hat Rainwater. Wenn du das aus irgendwelchen Gründen, können wir darüber reden. Dann ist es ein Luxus, den du dir für dein Leben leistest und der kostet einen Preis. Und in diesem Preis wird eine ökologische Komponente eingebaut, so würde ich es aufziehen, um da ein anderes Denken reinzubringen etc. Aber dieses, dass die asoziale Logik die bestimmende Logik ist oder das bestimmende Muster oder die bestimmende Struktur, ich glaube, das müssen wir als Menschheit durchbrechen.

Gut, also vielleicht hat ja jemand eine Idee und meldet sich, wie man das anders lösen kann als durch einen Sammelbehälter. Also irgendeinen Grund muss es ja geben, dass das noch nicht so in diesem Ausmaß gemacht wird, wie es notwendig wäre.

Ja, und vor allem, wenn ihr darüber nachdenkt, dann bitte denkt es gleich von Anfang an als Business Case. Also ich glaube mittlerweile in dieser Welt, in der wir jetzt leben, wird es nur funktionieren, wenn es ein Business Case ist. Und da liegt ein Business Case, weil die liegen in der Scheiße rum. Ist so.

Das ist jetzt ein gutes Thema. Wir liegen in der Scheiße rum. Jetzt klingst du ja wirklich super motiviert, positiv, aber wirklich auch mit der Absicht, die Welt ein Stück weit zu verbessern. Jetzt kommt irgendein Typ aus einem Medium und sagt, nee, also das ist ja alles Lug und Trug, Arbeitsbedingungen sind scheiße, das passt nicht. Wie geht es dir denn damit? Also ist das dann Kritik, die vielleicht konstruktiv ist, die nicht konstruktiv ist? Also wie geht man damit um?

Ja, sind ja viele Fragen und viele Möglichkeiten des Antwortens.

Bin ich nicht nett?

Ich glaube, Kritik ist erstmal gut, um sich selber zu hinterfragen, Punkte zu sehen, auf die man vielleicht nicht immer sofort achtet, um sich weiterzuentwickeln letztendlich auch. Und ja, dann kann man natürlich über die Art und Weise von Kritik sprechen. Natürlich ist konstruktive, gewaltfreie Kommunikation ein wunderbares Tool, um die Welt eher zu vereinen und natürlich herrscht die nicht vor in den meisten Diskurs-Dialog-Medien-Welten etc. Das heißt auch da, ja, Business ist kein Ponyhof oder so. Gab es mal irgendwie so eine Rapzeile oder so. Business-Kampfsport wechselt den Standort, so war sie nicht Ponyhof. Das heißt, letztendlich ist davon auch Viva con Agua nicht befreit. Ja, und ich kritisiere uns auch die ganze Zeit. In jedem Vortrag sage ich, ey, wir packen uns nicht in die Nachhaltigkeitsecke. Wir verkaufen abgefülltes Flaschenwasser als Lizenzmodell, das ist nicht nachhaltiges Leitungswasser trinken. Wir haben jetzt ein soziales Gasthaus in Hamburg gebaut, 13 Stockwerke, das ist nicht nachhaltig. Also wenn uns da Leute in die Nachhaltigkeitsecke packen, dann sage ich immer als erster, ne, sind wir nicht. Wir versuchen, sozial so nachhaltig wie möglich zu agieren, wir versuchen auch, ökologisch so nachhaltig wie möglich, aber es ist erstmal nicht nachhaltig zu bauen, es ist nicht nachhaltig, eine Wassermarke auf den Markt zu bringen sondern das ist auch, glaube ich, in der Welt, in der wir jetzt leben, noch nicht möglich und dieses nachhaltig wird sehr oft als so inflationärer Begriff benutzt.

Ja, soll ja jetzt auch geregelt werden, also es darf ja, glaube ich, soweit ich gehört habe, gibt es da ja jetzt auch Diskussionen, das zu regeln.

Söder will alles regeln, alles wird geregelt und durch die Regelung der Sprache entstehen natürlich andere Herausforderungen, aber vielleicht, um noch mal bei deiner Frage zu bleibe,n das andere was passiert, ist natürlich was mit Kritik sehr oft passiert, ist, dass eben eine Emotionalität passiert, weil man sich selber zu wichtig nimmt, glaube ich. Das heißt – und das habe ich auch über die Jahre lernen müssen – erstmal Kritik zuhören, erstmal zuhören was will mir die andere Person sagen inhaltlich und dann vielleicht noch mal abstrahieren, was will sie mir emotional sagen? Gibt es da Themen, Zwischentöne, auf die ich vielleicht achten könnte und kann ich da was rausziehen? Und sonst einfach nur intellektuell, was will mir die andere Person sagen, was kann ich da rausziehen, wo gibt es Dinge, die ich nicht sehe und dafür dankbar sein, weil dadurch wird die nächste Person eingeladen, dir auch Feedback zu geben. Wenn du nämlich – das habe ich gelernt – mit Kritik und Anregungen und Feedback nicht „anständig“ umgehst oder darauf eingehst oder zuhörst, dann wird dir die nächste Person, irgendwann gibt dir gar keiner mehr Feedback und das ist eigentlich das Schlimmste, was passieren kann, weil dann bist du genau dieser dumme König, der in den Krieg zieht und nicht checkt, dass er untergehen wird. Und das ist natürlich auch, was die meisten von uns ja auch bauen, wir bauen ja Königreiche, egal in welchen Welten. Und dann, lass doch das machen und lass noch das machen und wir bauen jetzt auch, planen schon das nächste Hotel und es ist auch in diesem toxischen ‚höher, schneller, weiter‘ und trotzdem, nach wie vor, stehe ich zu 100 % dahinter, ist es das Sozialste, was ich im toxischen Kapitalismus wahrgenommen habe, ist Viva con Agua. Ich kenne nichts Besseres. Purpose economy ist für mich die einzige Chance, die Welt positiv zu verändern. Es sei denn, wir schaffen Kapitalismus ab und da weiß ich nicht. Also es ist zumindest nicht meine Aufgabe.

Ist für viele vielleicht zu unbequem.

Aber gerade bei unbequem darf man unbequem sein. Die Entwicklung entsteht halt nur, wenn es unbequem ist. Ich habe nichts gelernt, das total bequem war. Ich bin nicht ein sehr guter Straßenfußballer geworden, weil ich, weil das mir zugeflogen ist, sondern, weil ich auf die Fresse gekriegt habe, weil ich getunnelt wurde, weil ich gelernt habe, weil ich den Zidane-Trick 10.000 mal gemacht habe etc. Weil es unbequem war. Also die Entwicklung entsteht schon auch im Unbequemen und so ein bisschen auch das mal auszuhalten und auch Muskulatur reizen etc. pp. Also das passiert ja nicht alles… Deswegen ja, bisschen aushalten

Bisschen lebendig bleiben. Du hast das Stichwort gesagt, das nächste Hotel ist geplant, Villa Viva. Was hat es denn damit auf sich? Also das war ja auch ein Thema, dass Teile der Gewinne investiert werden sollen, dass das eben eine Verquickung ist von Wohltätigkeitsorganisation mit was Kommerziellen etc. Kannst du dazu was sagen? Was hat es mit Villa Viva auf sich?

Villa Viva ist ein soziales Gasthaus und letztendlich folgt es einer Social Business Logik. Das heißt, dass die Gewinne, der Großteil der Gewinne und der Besitzkonstruktion eben der Gemeinnützigkeit gehören und dass wir als Gründer z.B. einfach nichts daran besitzen.

Und wie funktioniert das ohne jetzt einen Einsatz von Spendengeldern oder werden Spendengelder eingesetzt?

Das funktioniert so, dass wir Menschen dazu genötigt haben, wollte ich schon sagen, Freunde von uns, Unterstützerinnen wie Bela B, Jan Delay, Mitra Kassai, Kuranyi, Max Kruse, jetzt auch alles Menschen, die jetzt erstens uns schon lange unterstützen, zweitens sogar noch in der Öffentlichkeit stehen und drittens jetzt auch nicht am Hungertuch nagen, um es mal liebevoll zu sagen, dazu gebracht haben, uns das Geld zu geben, um 5 1/2 Millionen insgesamt, um damit unseren Eigenkapitalanteil zu haben und den Rest von der Umweltbank zu bekommen. Und dadurch stecken keine Spendengelder drin, und denen gehört eben 33 % der Shareholder Gang quasi zusammen und der Rest gehört eben der Gemeinnützigkeit, nämlich der Stiftung und dem Verein. Und das ist eben das Besondere an allen Sachen, die wir jemals gegründet haben, dass immer der Gemeinnützigkeit die Mehrheit gehört, und dadurch kannst du es niemals von egal Nestlé, Coca Cola hast du erwähnt oder whatever, können das kaufen und auch wir sind nicht beteiligt. Das heißt, ich verdien 6.000 Euro brutto – geiles Gehalt, jeden Monat privilegiert, alles geil. Aber ich werde keine Entscheidung bei Vivo con Agua treffen, weil mein eigenes finanzielles Leben davon abhängt. Weißt du wie ich meine? Also das hat keine Relevanz. Ich bin festangestellt, ciao, Feierabend. So, ich werde nicht profitieren jetzt wenn Viva con Agua den Deal macht oder den Deal. Mir geht es darum, dass möglichst viele Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, ohne dass wir halt uns irgendwie selber verkaufen.

Wie viel müsste ich dir denn zahlen, wenn ich jetzt Firma Danone bin, damit du mir Viva con Agua verkaufst? Bist du nicht käuflich?

Eine schwierige Frage und ich versuche nur, ehrlich immer zu antworten. Weiß ich nicht. Also ich weiß drei Sachen. Erstens, ich kann Viva con Agua nicht verkaufen und keine andere Person, selbst die Vorstände, können Viva con Agua nicht verkaufen, weil das ist gemeinnützig. Viva con Agua ist ein Verein, eine Stiftung, es gehört sich selbst und gehört der Menschheit quasi so vom Philosophischen. Das zweite ist, ich bin finanziell nicht so richtig motivierbar. Wir haben ja auch mal so was anderes gegründet.

Willkommen im Club.

Ja, das hat ja vor und Nachteile, das muss man ja auch sagen.

Aber Vorteil ist auf jeden Fall, ja, du kannst mir 10.000 Euro für irgendwas bieten, ist egal. Und ich könnte ja auch einen anderen Job haben mit meinem Know how mittlerweile auch Adressbuch, dem was ich gemacht habe und so könnte ich sicher eine Agentur führen oder vielleicht nicht führen, aber so der Kreative mit dabei sein, wobei es viel kreativere Menschen gibt, aber long story short, das ist halt nicht das, wofür ich brenne. Wenn es am Ende und ich glaube wirklich daran, wenn es am Ende nicht die Welt ein Stück besser macht und das ist auch ein schwieriger Satz, aber ja irgendwie eine Sinnhaftigkeit reinbringt, dann bin ich dafür nicht motivierbar.

Letzte Frage: welche mutigen Ideen sollen denn deiner Meinung nach dann in Zukunft realisiert werden? Also was macht denn die Welt besser?

Ich glaube wirklich ein game changer wäre Gemeinwohlökonomie. Das absolut. Das liegt da. Carsharing liegt da, wir haben alle Lösungen. Rainwater statt Toilette. Ich glaube wir haben alle Lösungen. So, wir müssen nur ein bisschen an der Motivation arbeiten.

Lieber Micha, danke, das sind tolle Ansätze. Vielleicht hat ja der eine oder andere Hörer/Hörerin jetzt auch Lust bekommen, einfach nur mit Wasser bewusster umzugehen. Und wo ich jetzt die Geheimnisse von Viva con Agua kenne, vergesse ich sicher nicht, das nächste Mal die leere Wasserflasche nicht in den Supermarkt zurückzubringen, sondern ich werde es jetzt einfach immer wieder und wieder und wieder mit Leitungswasser füllen. Danke Micha für das Gespräch.

Aus Liebe zu meiner wunderbaren Kollegin. Und die sagt, Micha, du vergisst es bei jedem Podcast. Wir haben eigenen wunderbaren Podcast Viva la social. Falls ihr Bock habt, Viva con Agua zu unterstützen, kann man da auch mal reinhören. Sophia Burgard, ich liebe sie. Deswegen, dieser Shoutout geht an dich. Danke.

Super Tipp! Danke, Micha. Bis bald.

Ciao.

Tschüss. Servus. Das wars für heute von Food Fak(t). Na platsch. Nach so vielen mutigen Ideen verspreche ich euch, ich bleibe weiterhin durstig nach neuem Wissen. Und wer genauso wie ich die Dinge hinterfragen möchte und sich informieren will, der kann das ganz einfach tun. Z.B. auf unserem Instagram Kanal foodfakt_podcast. Ich freue mich, wenn ihr mir dort oder z.B. über LinkedIn euer Feedback schreibt. Abschließend noch eine kleine Erinnerung: Food Fak(t) ist nominiert für den deutschen Podcast-Preis, und zwar als Newcomer des Jahres. Ihr könnt jetzt noch abstimmen. Jede Stimme ist wichtig und ich zähle auf eure Unterstützung. Danke, Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.