Darum gehts in dieser Folge

Schokolade ist lecker, keine Frage! Aber ist der Anbau von Kakao auch nachhaltig? Gibt es vielleicht Alternativen zum teuren Importprodukt? Genau darum geht’s in dieser Folge von “Food Fak(t)”. Stefan Fak spricht in dieser Folge mit der Lebensmittelchemikerin und Co-Gründerin von Planet A Foods, ein Unternehmen, das bei der Herstellung von Schokolade auf Hafer setzt und damit nicht nur eine leckere sondern auch nachhaltige Kakao-Alternative produziert.

Sara will aber nicht nur Kakao sondern auch Palmöl ersetzen. Welche Rolle dabei Mikroorganismen spielen, wieviel Wasser sich mit Hafer als Kakaoalternative sparen lässt und ob ein nachhaltiger Ansatz auch geschmacklich mithalten kann, das erfahrt ihr in dieser Folge! Freut Euch auf ein Gespräch voller Wissen, Genuss und Visionen!

Hier die ganze Folge zum Nachlesen

Herzlich willkommen bei Food Fak(t). Naschkatzen aufgepasst! Ich sage nur Revolution in der Schokowelt. Mein Name ist Stefan Fak und unser heutiger Gast ist Sara Marquardt. Sara ist Geschäftsführerin von Planet A, ein junges Unternehmen, das kakaofreie Schokolade aus Hafer entwickelt hat. Ich kann mir vorstellen, dass so mancher Kakaobauer das gar nicht so witzig findet. Und trotzdem, diese Schokoalternative gibts da tatsächlich schon auf dem Markt. Z.B. in Müslimischungen, in Keksen und in Waffeln. Que Sara, Sara. Ich frage mich an der wer braucht Schokolade aus Hafer, liebe Sarah? Und warum? Welche Probleme werden damit gelöst? Also, los geht’s mit diesem schokoladigen Abenteuer, das die Welt hoffentlich ein Stückchen süßer machen wird. Liebe Sarah, ich freue mich, dass du hier zu Gast bist bei uns bei Food Fak(t). Bevor wir starten, würde ich mich aber ganz gerne mit dir so ein bisschen zurückbeamen. Und zwar ins Jahr 1824. Das war das Jahr, in dem die erste Schokoladentafel erfunden wurde. Meine Frage ist, was würdest du denn den Erfindern der Schokoladentafel über die Zukunft der Schokolade erzählen?

1824 über die Zukunft der Schokolade? Ja, ich glaube, ich würde ihnen sagen, dass sie damit etwas ganz Wunderbares erfunden haben, das sehr viele Menschen- und Kinderherzen über die Jahrhunderte höher schlagen lässt und noch nach wie vor höher schlagen lässt. Dass wir als Menschheit leider geschafft haben, mit dem Klima nicht ganz so sorgsam umzugehen. Und dass vielleicht es auch die Notwendigkeit gibt nach einer weiteren Alternative neben der konventionellen Schokoladentafel aus Kakao.

Die Schokolade ist jetzt genau 200 Jahre alt. Unheimlich, oder? Und 200 Jahre später kostet eine Tonne Kakao fast 10.000 Dollar. Das ist dreimal so viel, wie noch vor einem Jahr. Woher kommt das aus deiner Sicht? Der Grund für diese enorme Preissteigerung?

Ich glaube, die setzt sich zusammen aus einer vielschichtigen Gemengelage. A es gibt Spekulanten, die den Preis nach oben treiben. Hedge Funds. Das ist ein Grund. Der zweite Grund ist sicherlich, dass es wirklich eine Knappheit gibt. 30 % der Ernte in Westafrika sind ausgefallen. Sprich, es gibt ein Angebot-und -Nachfrage-Gap im Englischen. Also es gibt einfach zu wenig Kakao. Das treibt den Preis nach oben. Und auch in der Zukunft wird sich das so abzeichnen, also auch auf den nächsten Ernten, dass es da immer noch ein Angebotsdefizit gibt. Und der dritte Grund ist, und das sind – da gehen wir schon an die Ursachen – dass der Klimawandel vor allem durch fehlende Regenfälle, aber auch durch Regenfälle zur falschen Zeit und einen Fraßfeind, also der Swallen Shoot Disease nennt sich das auf Englisch, also die die Kakao-Sprösslinge werden schwarz, dass das dazu ausführt, dass eben auch der Kakaoanbau da Probleme hat.

Was ist das, ein Pilz oder ein Tier oder was, was passiert da?

Das ist ein Pilz.

Und den kann man nicht bekämpfen oder nur zu wenig?

Ja, ich glaube, das ist ein Problem, dass es an vielen Ecken und Enden in der Supply Chain gibt, ob das jetzt bei den Olivenbäumen ein Insekt ist oder eben jetzt beim Kakao ein Pilz. Oft breitet sich das erst mal unmerklich aus, bis es zu spät ist und wenn ein Baum in einer Plantage damit befallen ist, ist kurzzeitig später die ganze Plantage befallen. Sprich, dieses Fenster, das man als Bäuerin oder Bauer hat, um da was dagegen zu tun, ist so, so kurz und oft reicht das eben nicht.

Jetzt hast du das Klima angesprochen. Wirkt sich das jetzt nur auf die Menge, also auf die Quantität der Kakaobohnen aus oder ist das dann tatsächlich auch so, dass die Qualität darunter leidet unter dem Klima?

Da sprichst du auch einen guten Punkt an. Also die Quantität und die Qualität leiden beide darunter. Die Quantität merkt man im Preis primär, die Qualität merkt man sicherlich auch im Preis. Also Kakao ist ein hochstandardisiertes Produkt oder Schokolade letztlich. Die Industrie braucht gleichbleibende Zufuhr an standardisiertem Kakao und auch da führt der Klimawandel dazu, dass es neben den Ernteausfällen aber auch zu Themen führt, dass Ernten verschimmeln, wenn es zu viel regnet z.B. dass man die nicht gut trocknen kann, aber auch dass die Bedingungen im Anbau während der Reifephase dieser Kakaoschote dazu führen, dass die Qualität nicht stimmt. Also, viele Faktoren, Quantität und Qualität leidet beides.

Insgesamt kann man sagen, spielt dann, wenn ein Preis so steigt in so kurzer Zeit, spielt dann überhaupt noch ein Fairtrade oder nachhaltiger Kakaoanbau eine Rolle oder schauen dann die einzelnen Player überhaupt nur mehr, dass sie überhaupt irgendwas bekommen? Also leidet dann auch das Thema Nachhaltigkeit vielleicht darunter?

Ob das dann zulasten der Nachhaltigkeit geht, da muss ich gestehen, bin ich nicht in der Tiefe des Themas so weit drin, um das sozusagen faktenbasiert zu beantworten. Soweit ich das in den Nachrichten lesen konnte: In manchen Fällen war das schon der Fall, also dass das negativ im Sinne von Fairtrade war, dass die Händler das entsprechend versucht haben auf anderen Wege dann auf den Weltmarkt zu bringen. Das ist glaube ich alles, was ich dazu evidenzbasiert sagen kann.

Aber so unterm Strich, wenn du das jetzt so beobachtest, der Preis ist plötzlich ums Dreifache gestiegen. Alle jammern, sie brauchen Schokolade, sie brauchen Schokolade. Ist das was, was dich freut oder denkst du, mir wäre eigentlich lieber, es wäre alles beim Alten und ich wäre dann on top noch mal ein Anbieter mehr?

Also ich würde, denke ich mal, lügen, wenn es nicht angenehm für unser Business wäre, dass der Kakaopreis steigt. Natürlich macht es mich traurig, dass der Kakaopreis so steigt, weil natürlich wir sind eine Firma, die business to business macht. Das heißt, wir verkaufen an die Süßwarenindustrie und wenn es der Süßwarenindustrie gut geht, geht es uns auch gut. Sprich die Schmerzen, die die Süßwarenindustrie gerade hat, sind so gesehen auch unsere Schmerzen. Also es ist ein zweischneidiges Schwert, sage ich mal, auf der einen Seite für uns als Firma und für unsere Kunden und für die Endverbraucherinnen und -verbraucher ist das natürlich auch, sag ich mal, habe ich nur ein weinendes Auge, weil die Kakao- und Schokoladenpreise mittelfristig, langfristig nach oben gehen und nicht jeder hat einen prall gefüllten Geldbeutel und kann sich Schokolade zu jeder Zeit leisten.

Jetzt ist eure Firma Planet A vor allem dafür ein Begriff, dass ihr eben andere Zutaten als Schokolade oder Kakao verwendet. Aber inwiefern unterscheidet ihr euch denn, abgesehen von den Zutaten, von traditionellen Schokoladenherstellern?

Dahingehend, dass wir eigentlich uns selbst nicht als Schokoladenfirma oder Kakaofirma betrachten. Wir sind eigentlich ein Zutatenlieferant oder Produzent. Wir produzieren im Moment Kakao und Schokoladenalternativen, schränken uns aber auch mittelfristig nicht auf Schokolade und Kakao ein. Wir arbeiten parallel auch an Alternativen zu z.B. Palmöl und werden auch nach wie vor weiterhin an nachhaltigen Alternativen für Produkte, die im Moment im Bereich des Regenwalds angebaut werden, arbeiten und daran arbeiten, dass wir die marktreif bekommen und für die Allgemeinheit verfügbar machen.

Wenn wir trotzdem nochmal ein Stück bei der Schokoladen- oder bei der Kakaoalternative bleiben, das ist ja schon so, dass ihr da jetzt ein Stück weit diese Branche auch verändert habt. Also was war der Moment, in dem dir klar wurde, dass Hafer nicht nur für das Müsli, sondern auch für die Schokoladeherstellung bestimmt ist?

Der Moment, als uns klar wurde, dass wir Hafer auch für die Schokoladenherstellung verwenden können, war eigentlich ungefähr ein Jahr nachdem wir die Firma gegründet hatten. Wir haben uns nämlich in den ersten 12 Monaten ganz intensiv angeschaut, woher kommt denn dieser fantastische Geschmack und das fantastische Aroma von Kakao und Schokolade und fanden da eben in unserer Arbeit heraus, dass 80 % dieser wohlriechenden und schmeckenden Aromen aus der Verarbeitung kommt, also aus der Fermentierung und der Röstung dieser Kakaobohne und gar nicht so sehr aus der Kakaobohne selbst. Und wenn man diese Analogie dann überträgt, also dass 80 % aus der Verarbeitung kommt, dann haben wir uns entsprechend mal einheimische Rohstoffe angeschaut, die hier vor Ort wachsen und kamen da unter anderem beim Hafer nicht dran vorbei und haben den dann eben so verarbeitet wie Kakao auch. Also wir haben das fermentiert und geröstet und hatten dann plötzlich diese sehr intensiven dunklen, kakaoig-erdigen Röstnoten und haben gesagt: Wow, das könnte man doch als Zutat verwenden.

Jetzt abgesehen von der Röstung, welche Technologien setzt ihr ein, um diesen Geschmack von Schokolade zu imitieren?

Wir verwenden eine Fermentierung. Fermentierung kennt man natürlich aus dem Bierbrauen. Bier ist ein fermentiertes Lebensmittel oder aus der Brotherstellung – Sauerteigbrot, Hefebrot. Und was da passiert, ist letztlich Folgendes: Man hat Mikroorganismen, Hefen, die die building blocks – sagt man im Englischen -, also die Bausteine des Aromas und des Geschmacks aus diesen Pflanzen rauslösen und verfügbar machen für eine Aromabildungsreaktion – da spricht die Chemikerin gerade aus mir – für eine Aromabildungsreaktion bei der Röstung der Kakaobohne. Sprich, man braucht diese Mikroorganismen, um Vorläuferverbindungen freizusetzen und dann während der Röstung, dass die miteinander reagieren können und daraus sich dann die Aromen bilden. Sprich, eigentlich ein ganz natürlicher Prozess letztlich, wenn man so will. Und ein sehr traditioneller Prozess, den wir uns zunutze gemacht haben für unsere ChoViva, für unsere Kakaoalternative, Schokoladenalternative.

Aber jetzt spricht ein bisschen der Laie aus mir, da kann ich jetzt nicht irgendwelche Mikroorganismen nehmen. Also ich kann jetzt nicht eine Flasche Bier oder Hefe aus dem Supermarkt, die kann ich jetzt nicht einfach über Haferflocken kippen. Also gibt es Mikroorganismen, Bakterien, die jetzt speziell für die Schokoladealternativen gemacht sind oder die dafür herangezogen werden?

Es gibt spezielle Mikroorganismen, die vor allem aus der Kakaoverarbeitung kommen. Das sind z.B. Milchsäurebakterien, das sind Essigsäurebakterien, das sind aber auch Hefen. Also eigentlich braucht man so ein Dreierlei, die miteinander alle im Einklang stehen. Vielleicht hole ich da ein bisschen aus: Wenn Kakao fermentiert wird, dann wird er erst anaerob, also unter Ausschluss von Sauerstoff fermentiert, dann werden die Kakaobohnen durchgemischt, dann kommt ein bisschen Sauerstoff rein, dann hat man so eine gemischte Fermentierung, anaerob und aerob und am Ende ist das ganze aerob, also unter Sauerstoff. Und je nach Kondition wachsen unterschiedliche Mikroorganismen und finden unterschiedliche Freisetzungsreaktionen statt, nenne ich es jetzt mal. Und sprich, man braucht schon ein Potpourri aus drei verschiedenen Mikroorganismen, die man aber alle kennt. Milchsäurebakterien kennt man aus dem Joghurt oder aus dem Sauerteig, Essigsäurebakterien kennt man, wenn man den Wein zu lange stehen lässt, dann irgendwann riecht der nach Essig und die Hefe kennt man eben auch aus dem Brot oder eben aus dem Bierbrauen.

Und was hat dir jetzt bei dieser Entwicklung die größten Probleme bereitet?

Erstmal natürlich, ein gutes Produkt zu machen. Ich würde das vielleicht gar nicht unbedingt ein Problem nennen, sondern die Amerikaner im Startup sagen ja immer gerne, das sind ja alles Challenges und Opportunities. Aber ich glaube, die größte Herausforderung war für uns, natürlich ein gutes Produkt zu machen ersten und dann zweitens, genug dieses Produktes herzustellen zu einem guten Preispunkt am Ende. Wenn wir sagen, wir sind in Industrie oder Business to Business Zutatenlieferant, da muss der Preis für unsere Kunden auch am Ende stimmen, weil am Ende das den Supermarktpreis ja auch bestimmt, also wie viel der Endverbraucher oder die Endverbraucherin im Supermarkt zahlt.

Wie gewährleistest du da die Qualität bzw. die Konsistenz der Produkte? Das ist ja ganz wichtig. Du hast es angesprochen, ihr beliefert ja vor allem die Industrie, ist da so ein Standard gesichert und vor allem wie?

Für uns war das eine ganz große Lernkurve. Am Anfang fängt man an als Startup und produziert erstmal nur Produkt für sich selbst und je mehr wir wachsen oder wuchsen und Produkte auch an die Industrie geliefert haben, umso mehr haben wir auch gemerkt, was die Qualitätsstandards sind, die vor allem auch die Lebensmittelindustrie im deutschsprachigen Raum, also das heißt, Deutschland, Österreich und Schweiz, was es das für höhe Sicherheits- und Lebensmittelstandards da auch gibt, auch vor allem von dem Einzelhandel getrieben und hatten da dann im letzten Jahr eine große Lernkurve, wie wir auch die Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung, das Qualitätsmanagement bei uns etabliert haben und sicherstellen, dass jedes Produkt, jedes Kilo, das wir produzieren oder jede Tonne eigentlich, die wir produzieren, diesen ganz strengen Anforderungen entspricht. Wir sind z.B. seit letztem Jahr im März IFS-zertifiziert, das ist ein internationaler Food-Standard, der eben sicherstellt, dass wir, wenn wir Produkt produzieren, dass das sicher, lecker und gut für den Menschen ist.

Wie austauschbar sind denn die Zutaten? Also ich habe mal gehört, du hast gesagt, es muss nicht unbedingt Hafer sein, es kann auch jedes andere Getreide aus einem lokalen Anbau sein. Stimmt das?

Ja, also die Zutaten sind dahingehend variabel, dass alle Lebensmittel oder auch wir Menschen, nicht nur Lebensmittel, sondern alles organische Material aus drei großen Bausteinen besteht. Das sind Fette, Kohlenhydrate und Proteine. Und Proteine sind wieder zusammengesetzt aus 20 weiteren Bausteinen, den Aminosäuren. Und diese 20 Bausteine bestimmen eigentlich letztlich, wie unsere Lebensmittel nach der Verarbeitung schmecken, riechen und sich anfühlen. Und wenn man jetzt da schaut, was hat denn Kakao für 20 Bestandteile, was hat Hafer für 20 Bestandteile und dann guckt, was gibt es denn da noch für Lebensmittel, die ähnliche Zusammensetzungen haben, dann kommt man auch ganz schnell noch auf andere Cerealien. Z.B. man könnte das Ganze auch mit Mais machen, wenn man jetzt nach Nordamerika gehen würde oder mit Reis, wenn man nach Südostasien geht. Also es braucht eine Stärkequelle aus den Cerealien, es braucht auch eine gewisse Proteinquelle, auch unter anderem aus den Cerealien, aber auch aus Sonnenblumenkernen in unserem Fall, die eben die Nährstoffe für unseren Prozess liefern, für unsere Fermentation, daraus ein gutes Aroma zu machen.

Wie kann man sich denn das Produkt geschmacklich nun vorstellen? Ist es vergleichbar mit Schokolade?

Aus meiner Sicht ist es vergleichbar mit Schokolade, vor allem in der Produktanwendung. Wir sind ganz, ganz klar im Snacking-Bereich unterwegs, das heißt, wir machen mit ChoViva für z.B. Erdnuss-Chocs, also so eine Art M&M’s könnte man das nennen, oder für Karamellriegel, also alles, wo Schokolade nicht die Hauptrolle spielt. Und gerade in diesen Produktanwendungen sind wir sehr gut mit Schokolade zu vergleichen und sensorisch auch, das haben auch unabhängige Marktforschungen gezeigt, nicht von Schokolade zu unterscheiden. Wenn man jetzt natürlich sich den High-End-Premium-Anwendungsbereich anschaut, also ich sage jetzt mal eine Lindt-Tafel mit 90 % Kakao aus Ecuador, wo es sehr stark auch noch auf die Anbaubedingungen, auf die Verarbeitung ankommt, dann ist es natürlich nochmal eine andere Liga. Da kommen dann fruchtige Aromen raus, da schmeckt jede Schokolade, jeder Kakao anders. Da mache ich dir und auch den Zuhörerinnen und Zuhörern gar nichts vor. Also wir sind klar angetreten eher im Massenmarkt, sprich, wo es um eine Schokoladigkeit geht und nicht um die Kakaoigkeit der Schokolade.

Das hätte mich eben auch interessiert. Ist das so ein Ansatz, wo ihr sagt, wir wollen dahin, dass wir sozusagen auch auf internationale Geschmäcker abgestimmt sind, weil in Italien schmeckt ja wahrscheinlich eine Schokolade anders als in Norwegen. Ist das ein Ansatz oder sagt ihr, nee und wir konzentrieren uns rein auf Deutschland?

Das stimmt, dass die Schokoladen in Italien anders schmecken als in Norwegen und auch anders als in Deutschland. Wir sind in der Tat im Moment dabei, dass wir expandieren in neue Märkte und uns diesen neuen Schokoladengeschmäckern anpassen. Wir schauen uns gerade ganz intensiv die Expansion nach Großbritannien an, wo z.B. die Milchschokolade eine wesentlich stärkere Karamellnote hat als z.B. in Deutschland, Österreich und Schweiz, wo es sehr viel stärker um die Milchigkeit geht. Ich glaube, das ist auch historisch gewachsen, dass wir eben eine starke Milchindustrie hier haben und in Großbritannien eben eher diese Karamellnoten bevorzugt werden. Also ja, wir gehen das Thema an und müssen uns geografisch den Kundenwünschen anpassen.

Sag mal, eine blöde Frage, darf man das Produkt überhaupt Schokolade nennen? Weil, ich denk, das ist sicher auch geschützt oder ist es nicht geschützt? In Deutschland ist ja alles irgendwie geregelt.

Ja, also das ist in Deutschland, in Europa geschützt, was man Schokolade nennen darf. Es gibt die schöne Kakaoverordnung und die besagt, dass Schokolade muss bestehen aus Kakaobestandteilen, Zucker und maximal noch Milchpulver. Also z.B. auch eine vegane Schokolade darf so gesehen eigentlich nicht Schokolade heißen. Wenn man sich mal eine vegane Schokolade im Supermarkt anschaut, dann steht da hinten drauf, dass es eine Kakaozubereitung ist, keine Schokolade. Also das ist mir ganz wichtig, um mal diese Rahmenbedingungen festzustecken. Auch wir dürfen unsere ChoViva nicht Schokolade nennen, sondern das heißt ‚eine Schokoladenalternative auf Haferbasis‘. Das ist die Verkehrsbezeichnung, wie der Fachmann oder die Fachfrau sagt. Und ja, wir grenzen das eigentlich schon gut ab, damit auch da keine Irreführung stattfindet beim Verbraucher oder bei der Verbraucherin.

Jetzt habe ich da von so einer kleinen oder größeren Confiserie eine ChoViva Schokolade mir mal bestellt und ausprobiert, auf den Inhalt geguckt und dann sehe ich, tatsächlich sind da nur 8 % Haferkerne drinnen. Kann man angesichts dieser 8 % überhaupt sagen, dass das auf Hafer basiert?

Das kann man ganz gut vertreten. Vielleicht starte ich erstmal mit einer kurzen Analogie. Wenn man sich eine Orangenlimonade anschaut, ich nenne jetzt mal keine Markennamen, aber dann ist der Fruchtsaftgehalt oft bei unter 3 %. Trotzdem darf das Orangenlimonade genannt werden. Woran liegt das? Es geht darum, dass der wertgebende Bestandteil, in dem Fall ist das der Hafer, eben das Ganze definiert und ob dann da drei, acht oder 20 % drin sind, ist dann eher zweitrangig. Daher kommt das, dass auch bei 8 % Hafer dadurch, dass das der wertgebende Bestandteil ist, das auf Haferbasis ausgelobt wird.

Ein Großteil der Schokolade, die ich mir da bestellt habe, ist ja scheinbar Zucker und Sheabutter. Warum denn Sheabutter? Was ist der Vorteil gegenüber dieser Butter, abgesehen jetzt vom Preis gegenüber Kakaobutter?

Der Vorteil von Sheabutter gegenüber Kakaobutter ist erstmal dahingehend, dass wir keine Kakaobutter einsetzen können und wollen im Sinne unserer strategischen Positionierung, um uns einfach klar abzugrenzen von Kakao und Schokolade. Sprich, wir mussten erstmal eine Alternative finden. Und bei den harten Pflanzenfetten gibt es dann leider nur noch zwei andere Kandidaten. Das ist das Palmfett und das ist die Sheabutter. Das Palmfett hat bekanntermaßen nicht ganz so Blüten bei Silvester, nenne ich es jetzt mal, bei den Endverbraucherinnen und -verbrauchern. Und deswegen haben wir uns für die Sheabutter entschieden und haben da eben zusammen mit unseren Lieferanten uns angeguckt, wie wird Sheabutter hergestellt? In der Regel in der Sahelzone, das heißt also in eh schon trockenen Gebieten, ariden Savannengebieten, wo kein Regenwald abgeholzt werden muss. Und in der Regel wird das von Frauenkooperativen hergestellt. Das ist eine überproportional starke  Frauenarbeit, sprich, wir tun da gleichzeitig auch was Gutes, ohne jetzt den White Savior Complex zu betonen.

Aber ich nehme mal an, so viel Sheabutter wie jetzt Palmöl oder Kakao wird es ja nicht geben. Das heißt, die Skalierbarkeit, dass irgendwann mal die ChoViva-Schokolade die kakaobasierte Schokolade ablöst, das geht ja dann eigentlich nicht, oder?

Vielleicht mal, um das in Zahlen zu nennen, es gibt circa 5 Millionen Tonnen Kakao pro Jahr. Es gibt knapp über 1 Million Tonnen Sheabutter pro Jahr. Sprich, wenn man es auf die Kakaobutter beim Kakao runterrechnet, ist man so bei 2,5 Millionen Tonnen versus knapp über 1 Million Tonnen. Also eigentlich ist das gar nicht so viel um. Trotzdem bin ich da komplett bei dir. Wir werden auch mittelfristig uns nicht nur auf die Sheabutter verlassen. Wir arbeiten an der eigenen Lösung auch wieder da über Fermentierung, wie wir über Hefen eine Kakaobutter, auch tatsächlich eine chemisch identische Kakaobutter, herstellen können, indem wir Zuckerrübenmelasse fermentieren. Und vielleicht, um das mal kurz bildhaft zu machen, wenn wir Menschen einen Kalorienüberschuss essen, dann lagern wir Fett ein. Das macht die Hefe witzigerweise auch, wenn die einen Kalorienüberschuss in Form der Zuckerrübenmelasse bekommt, dann wird die Hefe dick und wir können die ähnlich einer Olive dann in einer Ölmühle auspressen und die Kakaobutter ernten.

Das heißt, ihr kopiert dann mehr oder weniger die Kakaobutter in Deutschland und habt dann eine Nachbaumethode und braucht das dann nicht mehr aus dem Herkunftsland. Wäre das die Lösung?

Genau, das wäre die Lösung. Die mittelfristige, langfristige Lösung ist, dass wir in der Nähe unserer Kunden produzieren, sowohl das Kakaopulver als auch die Kakaobutter, die ChoViva, und dann direkt mit sehr kurzen Lieferketten, eben dadurch auch einem geringen CO2-Fußabdruck, das an unsere Kunden zu liefern. Sehr nachhaltig, sehr regional, sehr natürlich.

Die Frage muss ich jetzt leider stellen. Diese Schokolade, die ich da habe, enthält Rettich, Apfel, schwarze Johannisbeere und Paprikaöl. Warum denn das? Glaubst du nicht, dass da auch Konsumenten, Konsumentinnen, wenn die da mal die Inhaltsverzeichnisse lesen, dass die dann ein bisschen skeptisch werden?

Gut, ich kann das nicht für alle Verbraucherinnen und Verbraucher unbedingt beantworten. Am Ende sind das Pflanzen, ganz natürlich, also Karotte, Rettich. Wir verwenden das, um eine gewisse Fruchtigkeit in unser Produkt reinzubekommen. Kakao ist natürlich auch ganz fruchtig und Hafer, wie man das leider kennt, ist nicht ganz so fruchtig. Sprich, wir brauchen da ein bisschen, gerade wenn das Geschmacksprofil, wenn man sich das anschaut, eine ausgleichende Komponente, dass das alles ein bisschen fruchtiger wird und zur Abrundung. Wir arbeiten aber auch an einem Produkt, das ohne diese Pflanzenextrakte auskommt, indem wir unsere Fermentation noch weiter verbessert haben und auch so die Fruchtnoten einfach aus dem Prozess rausbekommen, direkt aus dem Hafer.

Für alle Bridget Jones-Fans muss ich natürlich diese Frage stellen: Schokolade, Glücksgefühle, also was hat es denn damit auf sich? Das Serotonin in der Schokolade wirkt ja antidepressiv, stimmungsaufhellend, macht doch teilweise wach, steigert die Konzentration. Das fällt ja jetzt bei ChoViva weg, nehme ich an, oder? Hat eure Schokolade die gleichen Effekte, andere Effekte oder ist sie effektlos?

Da stellst du mir eine wirklich schwierige Frage. Ich glaube, das ist auch ein bisschen eine Glaubensfrage, das Thema Serotonin und Dopamin. Wenn ich das mal rein wissenschaftlich betrachte, ist es ja so, dass das in der Regel nur für sehr dunkle Schokoladen gilt und dann auch, wenn man eine gewisse Menge pro Tag konsumiert, sprich 200-300 g 99 % Schokolade.

Kein Problem.

Gut, wenn du so ein Schokoholic bist, also du musst letztlich relativ viel dunkle, sehr dunkle Schokolade essen, um diesen Serotonin- und Dopamin-Effekt eigentlich durch die Kakaobohne zu erzielen. Warum Schokolade aber trotzdem süchtig macht, und das ist, sag ich mal, die wenig attraktive Antwort, ist der Zucker. Unser Gehirn spricht evolutionär bedingt sehr, sehr gut auf Zucker an. Und Zucker löst auch Dopamin und Serotonin aus. Sprich, wenn ich jetzt eine Milchschokolade esse, dann zieht nicht der Kakao in der Milchschokolade die Hebel bei uns im Gehirn, sondern das macht der Zucker. Und er sagt uns Menschen, iss doch da mal mehr davon, vielleicht gibt es irgendwann eine Hungersnot, dann hast du mal genug eingelagert. Schüttet dann Serotonin und Dopamin aus als Belohnung. So, das ist jetzt die wissenschaftliche Antwort drauf. Ich meine, am Ende des Tages ist Schokolade ein Produkt, das Lust macht. Wir gucken da gar nicht so in die Tiefe rein, ob wir da ein süchtigmachendes Produkt machen oder nicht. Es muss halt schmecken.

Ja, als Schokoholic kann ich es ja jetzt verraten und sagen, auch ChoViva macht tatsächlich süchtig. Ich bin fast umgefallen vor Begeisterung, wie toll und wirklich perfekt das schmeckt. Also Hut ab, ihr habt einen Fan. Der Schmelz ist unglaublich und es ist auch kaum von richtiger Schokolade zu unterscheiden. Also Chapeau, echt toll. Ich habe mich trotzdem gefragt, warum ist die Schokolade nicht bio?

Warum die Schokolade nicht bio ist? Ich würde sagen, warum die Schokolade (noch) nicht bio ist. Also bis dato war es einfach noch nicht Teil unserer Fokussierung, nenne ich es jetzt mal. Wir haben so viele Themen auf der Agenda, wir nehmen uns das Thema vor. Es ist nicht ganz einfach, weil wir natürlich alles bio-zertifizieren lassen müssen. Das bindet für uns als sehr kleine Firma doch viele Ressourcen. Wir gehen das Thema aber an und es gibt sicherlich in der nahen Zukunft auch mal ChoViva Bio.

Auffällig ist ja, dass ich als Kunde eure ChoViva als Marke gar nicht kaufen kann. Ich muss einen Keks kaufen oder ein Müsli. Das finde ich sehr schade. Warum ist das so? Warum vermarktet ihr das Produkt nicht selbst unter ChoViva?

Wir vermarkten das Produkt nicht selbst unter der Marke ChoViva, weil wir daran glauben, dass in der Partnerschaft mit der Industrie, mit etablierten Marken, die die Verbraucherinnen und Verbraucher lieben, uns seit Jahrzehnten kennen, wir einen wesentlich größeren Erfolg haben. In der Regel, wenn ich z.B. an Schokokekse denke, gibt es zwei, drei große Familienunternehmen hier in Deutschland, mit denen sind wir alle groß geworden. Und indem wir mit diesen Firmen partnern und gute Produkte machen, haben wir, glaube ich, sehr viel schneller eine größere Vielzahl an Menschen erreicht, als wenn wir sehr viel Geld auf Marketing werfen, um die Marke bekannt zu machen. Also das sind die beiden Gründe letztlich: a) die Marketingausgaben, die wir tätigen müssten, aber b) natürlich auch, – und das zählt glaube ich viel, viel mehr – dass es schon etablierte Marken gibt. Und warum jetzt da noch eine neue Marke aufmachen, nur um, ich sage es jetzt mal böse, das Ego der beiden Gründer von also Max und mir da zu befriedigen, indem wir da eine tolle Marke auf den Markt werfen.

Ja, ich meine, die Frage ist halt, wie leicht ist es kopierbar? Also oft ist es so, dass auch, sage ich mal, manche Ketten das einfach auch nochmal ausprobieren und wenn es dann vielleicht gut läuft oder Schokoladenhersteller oder die Schokoladeninduststrie, dann einfach sagt, okay, dann machen wir das jetzt auch. Also es ist ja der Vorteil eigentlich auch so einer Marke, dass man dann sagt, okay, ich habe mein festes Plätzchen im Regal und bin unabhängig von Kopieraktionen.

Da stimme ich dir zu. Also wir haben ja diese Marke auch auf den Verpackungen zusammen mit unseren Kunden. Also das ist, wenn man mal in den Supermarkt geht und nach ChoViva Ausschau hält, dann findet man das in der Regel auf der Vorderseite der Verpackung. Da, wo früher das Fairtrade-Logo war, ist jetzt das ChoViva-Logo. Sprich, wir arbeiten schon ganz stark mit der Brand, auch mit unseren Partnern zusammen und haben auch einen Wiedererkennungswert da. Und da bin ich ganz bei dir. Diesen Wiedererkennungswert und die Marke braucht man, um sich auch vor Nachahmern zu schützen, dass wir mit ChoViva a) für lecker stehen, aber b) auch für nachhaltig. Und das versuchen wir ganz stark zusammen mit unseren Partnern, also jetzt z.B. einem Kekshersteller, zu verankern und in die Breite rauszutragen. Sprich, wir machen schon eine Marke, aber halt nur nicht unsere eigenen Produkte mit der Marke, sondern die Marke auf den Produkten unserer Kunden. So ein bisschen wie, ich nenne jetzt mal Gore Tex oder Intel Inside, wenn man das kennt, wenn man mal auf sein Notebook guckt, da sieht man das oft, Intel Inside oder bei den Outdoorklamotten Go Tex.

Jetzt muss ich natürlich ketzerisch sagen, wenn auf meinem PC oder auf meinem Mac eines Tages nicht mehr Intel Inside draufsteht, dann denke ich mir, da ist halt was anderes drin, funktioniert auch. Also die emotionale Bindung, glaube ich, ist jetzt zu einer Milka oder zu einem Rittersport größer als eben, wenn jetzt auf Rittersport stehen würde, mit Haselnüssen von Haselmaus z.B. Aber ich verstehe den Gedanken und es ist sicher auch clever, weil wirtschaftlich ist es natürlich auch attraktiver, könnte ich mir vorstellen. Und Industrie ist ja, glaube ich, auch für herkömmliche Schokolade der Hauptabnehmpartner. Also insofern, auch da glaube ich, habt ihr eine gute Basis. Du hast vorhin nachhaltig oder Nachhaltigkeit jetzt schon ein paar Mal angesprochen. Wie nachhaltig ist denn das Produkt bzw. der Haferanbau im Vergleich zur Schokolade?

Wir haben das natürlich intensiv betrachtet, wie viel nachhaltiger wir im Vergleich zu konventioneller Schokolade sind und kamen dabei raus, dass wir bei über 90 % Einsparungen bei Wasser sind, also dem Fußabdruck von Wasser und bei knapp über 90 % bei dem CO2-Fußabdruck besser sind. Woran liegt das jetzt, magst du dich fragen? Da geht es jetzt vielleicht ein bisschen in die Tiefe. In der Forschung, in der Nachhaltigkeitsforschung ist bekannt, dass für Kakao relativ viel Regenwald abgeholzt werden muss/musste und umgewidmet wurde zu Kakaoplantagen. Das führt dazu, dass CO2, das gebunden in Regenwald vorlag, jetzt freigesetzt wurde. Das ist ein Grund für den hohen CO2-Fußabdruck von Kakao und Schokolade, der nach einer Studie von Oxford von 2018 bei circa 19 kg CO2 pro kg Schokolade liegt. Unsere Untersuchung zu dem CO2-Fußabdruck von ChoViva – eigentlich nicht richtigerweise unsere, sondern wir haben das mit einem externen unabhängigen Prüfinstitut durchgeführt – zeigt, dass wir unter einem Kilo pro kg ChoViva sind beim CO2. Das liegt daran, dass Hafer sehr viel ertragreicher ist pro Hektar und in der Regel kein Regenwald dafür abgeholzt werden muss, weil das in unseren Gefilden wächst, wo das eben auf Feldern steht, die schon seit Jahrhunderten so stehen und in der Wechselwirtschaft betrieben werden. Sprich, es muss einfach kein neues Land umgewidmet werden, anders als beim Kakao.

Da natürlich jetzt auch wieder die Skalierbarkeit: Wenn jetzt sehr viele Anbauflächen in Deutschland oder sehr viel mehr Anbauflächen in Deutschland für Hafer verwendet werden, dann bedeutet das ja, dass andere Rohstoffe mehr importiert werden müssten. Und dann wäre das ja wiederum eine Umverteilung, die dann bei diesen Rohstoffen zu einer Schlechterstellung des CO2-Ausschusses führen würde.

Finde ich wirklich eine interessante Betrachtung. Und da bin ich auch bei dir. Ich meine, im Moment reden wir über Jahresvolumen von 10.000 Tonnen ChoViva. Wenn es 8 bis 10 % Hafer sind, da sind wir bei 1000 Tonnen Hafer pro Jahr, Pi mal Daumen, Stand heute. Wenn man sich mal anguckt, wie viel Hafer gibt es auf dem europäischen Markt, dann ist man bei knapp über 40 Millionen Tonnen. Sprich, ich glaube, wir sind noch nicht in Bereichen unterwegs, wo man zu einer Konkurrenz kommt. Und dann ist natürlich Hafer ein Produkt, das nicht nur in Europa angebaut wird, sondern auch in Nordamerika. Also ohne die Zahlen global zu kennen, gibt es, glaube ich, einen sehr, sehr großen Überschuss an Hafer im Vergleich zu Kakao. Also nochmal zum Vergleich: Kakao global 5 Millionen Tonnen, Hafer in Europa über 40 Millionen Tonnen. Allein das ist schon der Faktor acht.

Also glaubst du, sitzt jemand von Cargill, glaube ich, heißen die ja, die großen Hersteller, sitzen sie da schon da und beobachten euch und denken, wie können wir das möglichst schnell und vielleicht noch günstiger nachbauen?

Da fragst du mich jetzt eine gute Frage.

Scheinbar ist es ja skalierbar. Also scheinbar könnte ich ja, wenn du sagst, es ist so viel Hafer überall und man kann es regional machen, man braucht nur genügend Mikroorganismen. Geschmacklich ist es auch super. Also wir werden sehen.

Da stellst du mir jetzt eine gute Frage. Ja, wir werden sehen. Ich glaube, die großen dieser Welt, ob das jetzt ein Barry Callebaut oder ein Cargill ist, die haben ihre eigenen Initiativen, um den Kakao der Zukunft zu sichern. Die werden vielleicht, ich weiß es nicht, uns schon auch anschauen. Daneben, und da betrachten wir uns mal nur selbst, achten wir natürlich auch darauf, dass wir, was wir tun, uns schützen lassen. Wir haben mittlerweile bis zu sieben Patente angemeldet in der europäischen Union, in den USA und wir arbeiten natürlich auch mit – im Englisch nennt man das trade secrets. Das klingt jetzt kryptisch, wenn man sag ich mal, an das geheime Coca Cola Rezept denkt. Das ist z.B. ein trade secret. Da achten wir natürlich auch stark auf die Geheimhaltung.

Glaubst du, dass KI, gerade wenn du an Forschung, Entwicklung denkst, dass das eine größere Rolle spielt? Oder spielt das bei euch schon eine Rolle, künstliche Intelligenz?

Ja, ich glaube, KI wird ganz, ganz viel in der Industrie, in allen Industrien ändern. Ich habe ja früher mal geforscht, auch meine Doktorarbeit geschrieben und was ich da an Zeit aufgewendet habe in Datenauswertung, -interpretation. Heutzutage lade ich manchmal ein Excelset an Daten einfach per ChatGPT hoch und lasse das auswerten statistisch. Das spart mir zum Teil zwei Wochen Arbeitszeit. Was das für eine Veränderung für uns auch als Startup schon bedeutet hat, das kann man gar nicht in Worte fassen.

Ja, ich denke gerade so im Bereich Produktentwicklung, ich könnte mir vorstellen, dass künstliche Intelligenz, die ja heute schon bei so mancher Produktentwicklung eine Rolle spielt, dass die dann vielleicht auch dazu beitragen kann, so ein Produkt wie eures zu analysieren und eine „geheime Rezeptur“ zu enttarnen. Also vielleicht kann KI ja dann in ein paar Jahren oder vielleicht sogar schon nächstes Jahr die Rezeptur von Coca Cola offenlegen, von ChoViva und von der Sachertorte. Letzteres natürlich würde mich ganz besonders interessieren.

Ja, weil am Ende kommt dann die aus Berlin und nicht mehr aus Wien. Wenn das möglich wäre, das wäre doch furchtbar.

Nee, aber jetzt Spaß beiseite. Glaubst du, dass sowas kommen wird? Eine KI, die Rezepte entwickelt, die vielleicht dann eine norwegische ChoViva-Variante oder eine süditalienische ChoViva Variante für dich entwickelt?

Doch, ich glaube, das wird kommen. Ich glaube, das kommt mehr und mehr, auch da wieder in allen Industrien. Am Ende ist der Mensch immer limitiert mit seiner Arbeitszeit, mit der Lebenszeit auch. Und eine KI oder eine künstliche Intelligenz ist einfach wesentlich schneller und kann viel mehr Daten mit einbeziehen, als ich das als Mensch kann. Also ich bin da, glaube ich, also wenn du das auch so siehst, völlig bei dir, dass KI, dass wir da in den nächsten 5 bis 10 Jahren noch einiges sehen werden.

Ich muss es trotzdem fragen, weil wir es bis jetzt noch nicht angesprochen haben. Das ist natürlich der Preis. Ist die ChoViva Schokolade günstiger als herkömmliche Schokolade? Ist es teurer?

Also im Supermarktregal, da ist sie beim gleichen Preis als konventionelle Schokolade. Ich glaube auch mittelfristig werden wir sogar günstiger sein, weil einfach der Kakaopreis gerade sein Übriges tut. Sprich, da werden sich Dynamiken am Supermarktregal zeigen. Unser Anliegen, also von Max und mir war immer, dass wir kein elitäres Nischenprodukt entwickeln, dass sich nur die Reichen oberen % der Gesellschaft leisten können, sondern dass wir ein Produkt machen, das verfügbar ist für alle. Und das muss die 80-jährige Omi sein, die von ihrer Rente vielleicht sich ab und an einen Keks kaufen will oder eben auch eine fünfköpfige Familie. Also von daher war es das immer ein Herzensanliegen, dass wir ein Produkt machen, das mindestens so günstig ist wie Schokolade.

Sehr, sehr, sehr, sehr spannend. Jetzt hast du ja schon auch angesprochen eure langfristigen Ziele, eure Zukunftsideen. Was plant ihr denn? Wie möchtet ihr denn eure Marktpräsenz in den nächsten Jahren erweitern?

Erstmal, wenn ich jetzt ganz in die nahe Zukunft blicke, ab Juni, wenn man mit der deutschen Bahn fährt, da gibt es dann so einen Keks, den Lieblingsgast. Ich weiß nicht, ob man den kennt. Das ist ein Stracciatella-Keks mit ChoViva-Stückchen drinnen. Das ist sozusagen erstmal, was in der ganz, ganz nahen Zukunft auf die Kunden und Kundinnen hinzukommt. Daneben wird es in den nächsten Wochen und Monaten in allen deutschen Einzelhändlern neue Produkte mit ChoViva geben. Wir fangen gerade an mit den Peanut-Butter-Cups, die es mittlerweile z.B. bei Kaufland gibt. Und es gibt noch ein paar andere spannende Dinge, die ich gerade noch nicht verraten kann, die aber sehr, sehr lecker sein werden und die die Leute dort draußen an den Geräten sicherlich kennen bereits. Nur dann eben mit ChoViva. Und dann mittelfristig eben das Thema Großbritannien Ende des Jahres und nächstes Jahr, wenn alles gut geht, auch die USA.

Große Pläne, aber ich freue mich sehr für alle, die auf Interrail jetzt gehen in den Sommerferien. Ich freue mich.

Ich freue mich auch.

Magst du vielleicht auch noch was sagen: Du hast kurz angesprochen, ihr wollt auch andere Rohstoffe kopieren oder Alternativen für andere Rohstoffe finden. Was genau habt ihr da im Plan?

Wir wollen auch noch andere Alternativen für tropische Zutaten finden. Primär als nächstes Ziel auch das Palmöl, da eine nachhaltige Alternative anbieten. Ich meine, ich habe schon angeschnitten, wir arbeiten an der Alternative zur Kakaobutter. Wenn man das natürlich groß denkt und unser Ziel ist, dass wir CO2 einsparen, 500 Millionen Tonnen pro Jahr, dann müssen wir uns auch früher oder später dem Palmöl annehmen. Und das ist unser nächstes großes Ziel, dass wir eine nachhaltige, regionale Alternative zum Palmöl produzieren und anbieten der Süßwarenindustrie oder der Lebensmittelindustrie allgemein, vielleicht auch der Kosmetikindustrie, das muss man sehen.

Ja, Sarah, ich bin total begeistert. Vielen, vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche dir alles, alles Gute. Dir und dem Max, deinem Co-Gründer und Bruder. Und wir werden, wenn wir mit der Bahn reisen, jetzt wirklich um die Freundschaft mit der deutschen Bahn buhlen, damit wir so einen Keks bekommen. Danke und alles, alles Gute.

Vielen Dank dir für das Interview und die guten Fragen.

Das war’s für heute von Food Fak(t). Als eingefleischter Schokoholic war ich zunächst etwas skeptisch, aber ich muss sagen, gerade in Kombination mit Waffeln oder mit Keksen ist diese Entwicklung von Sara tatsächlich so eine, ja, man kann sagen, kakaofreie Wunderkreation. Solltet ihr Fragen oder Anregungen dazu haben, bitte hinterlasst mir eure Kommentare oder schickt mir direkt eine Nachricht, z.B. über unseren Instagramkanal foodfakt_podcast. Das Feedback ist mir wirklich sehr wichtig, um den Podcast zu verbessern, aber auch um interessante Themen für euch zu finden. Ich freue mich daher auf eure Rückmeldungen. Bis dahin: Genießt eure Schokolade, in welcher Form auch immer sie kommt. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.