Lasst uns eintauchen in die faszinierende Welt des 3D-Drucks von Lebensmitteln: Professor Dr. Mario Jekle, Experte für Lebensmitteltechnologie an der Uni Hohenheim, enthüllt die Zukunftsvisionen dieser Technologie und berichtet von seiner aktuellen Forschung.
Von der Möglichkeit, individuelle Lebensmittel zu designen bis hin zur Verbesserung der Nährstoffversorgung und der Reduzierung von Lebensmittelabfällen – in dieser Episode werfen Stefan Fak und Mario Jekle einen Blick auf die kulinarische Zukunft aus dem 3D-Drucker.
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Herzlich willkommen bei Food Fak(t). Wir haben heute ein ganz besonders spannendes Gespräch vor uns und daher lege ich gleich los. Prof. Dr. Mario Jekle ist ein Lebensmitteltechnologe und auch gefragter Experte auf internationalen Konferenzen. Mario Jekle ist Professor für Lebensmittelverfahrenstechnik an der Uni Hohenheim, das ist bei Stuttgart, und seine Forschung konzentriert sich unter anderem auf das Thema 3D-Druck von Lebensmitteln. Was das genau bedeutet, hören wir jetzt gleich. Doch vielleicht so viel vorab: Es geht darum, dass ein Drucker Schicht für Schicht eine Pizza ausdruckt oder einen Fisch oder eben ein Stück Schokolade. Das klingt vielleicht futuristisch, ist es aber nicht wirklich. Wenn es nach Mario Jekle geht, werden wir bald fragen: kochen sie noch oder drucken sie schon? Jetzt aber ‚Start frei‘ für diese Reise, die unsere Vorstellungskraft sicherlich ein bisschen herausfordern wird. Na dann, guten Appetit. Lieber Mario, ich freue mich total, dass du zu Gast bei Food Fak(t) bist. Wir sprechen heute über 3D-Druck von Lebensmitteln. Und ich fange jetzt gleich mal mit der Zukunft an und sage folgendes Szenario: wir schreiben das Jahr 2050 und meine Familie, vielleicht meine Enkelkinder, laden mich zum Familienessen ein. Altersbedingt habe ich bereits Diabetes und vielleicht auch eine Weizenallergie. Die machen gerade, was weiß ich, einen Schweinsbraten oder sonst irgendwas. Und meine Familie sagt mir: alles kein Problem, denn das Essen wird ja heute gedruckt für dich und für die Oma. Meine Frage: Ist das ein Szenario, dass es das tatsächlich in 30 Jahren geben wird? Wird es in 30 Jahren gedrucktes Familienessen geben?
Ja, lieber Stefan, ein absolut realistisches Szenario. Ich glaube sogar – ein Teil oder zwei Teile davon sind unrealistisch. A), dass es früher so sein werden kann und b), dass wahrscheinlich du mit deinen Enkeln 2050 kein Schweinsbraten mehr isst.
Und c), dass ich überhaupt Enkel habe.
Ja, richtig. Gut. Also von daher haben wir natürlich einen Forecast in die Zukunft. Schauen wir mal. Aber zurück zur wirklich eine Frage. Das ist ein absolut realistisches Szenario und wie ich gesagt habe, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das schon sehr viel früher möglich ist.
Viel früher? Tatsächlich? Naja, jetzt bin ich ja noch mehr gespannt auf diesen Podcast heute, denn 3D-Druck kam tatsächlich schon in total vielen Gesprächen immer wieder auf. Viele Menschen kennen das Thema ja mit der berühmten gedruckten Pizza. Die ist ja immer wieder in den Medien, schon seit bald Jahrzehnten. Jetzt kommen aber auch gedruckte Steaks, gedruckte Fische dazu. Jetzt ist ja die Forschung scheinbar sehr, sehr umfassend und deckt viele Bereiche ab. Wo siehst du denn die spannendsten Ansätze im Moment?
Also tatsächlich ist es in sehr vielen Bereichen – also wenn wir rein von der Forschung her gehen – wo Aktivitäten stattfinden, aber auch noch viele Aktivitäten stattfinden müssen. Wir müssen schon auch realistisch sein, dass momentan viele Applikationen noch in der Entwicklung sind. Wir haben ja bereits Produkte am Markt, über die wir später bestimmt auch sprechen können. Aber dass wir wirklich das Szenario von vorhin, das 2050, erreichen können, müssen wir schon noch was arbeiten. Also die Wissenschaft wie auch natürlich die industrielle Forschung. Nochmals zurück zur Frage. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir geeignete Druckmaterialien so definieren können, dass sie wirklich einen Endanwender auch nutzen kann und dass wir die Technik weiter verbessern, ganz einfach, dass es schneller wird.
Jetzt bist du ja Professor für Lebensmitteltechnologie. Das ganze Thema 3D-Druck ist eine technische Thematik oder hat eine große technische Komponente, denke ich, aber ja auch eine sehr kreative. Also wenn man Videos anschaut, da geht es um neue Rezepte, um neue Formen, Texturen von Lebensmitteln. Da wird also sehr viel Neues kreiert. Wo ist denn für dich da die Faszination jetzt wirklich auch persönlich im 3D-Druck? Ist das so, dass du sagst, o, das ist meine kleine Eisenbahn, die ich mir aufbaue, Bahn, Bäumchen und so. Oder wie stelle ich mir das vor?
Also vom persönlichen Anreiz sind verschiedenste Sachen dahinter, aber tatsächlich ist ein Punkt wirklich, dass es eine wahnsinnig spannende und auch wirtschaftlich interessante Spielerei ist. Das muss man natürlich so sagen. Also wir können da, wie du schon gesagt hast, Kreativität ausleben lassen. Und wir können eigentlich das ausleben lassen, was wir sind. Wir sind extrem interdisziplinär in unserem Fachgebiet. Also die Lebensmitteltechnologie, die umfasst ja Engineering, also Ingenieurswissenschaften, die umfasst Biotechnologie, die umfasst Materialwissenschaften, die geht sogar – also zusammen mit anderen Expertinnen und Experten – in den Bereich Ernährungswissenschaft, Wahrnehmungspsychologie, aber auch Bioökonomie rein. Und der 3D-Druck ist letztendlich tatsächlich so ein Melting Pot, wo alle diese Faktoren und Fachgebiete zusammenkommen können und auch müssen, damit wir wirklich etwas gestalten, was zur Anwendung kommen kann, damit wir eben nicht nur Technik entwickeln, sondern das zusammen mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern und wirklich damit Lösungen schaffen.
Also im Laufe der Zeit habe ich bei dem Podcast immer mehr das Wort Deep Dive kennengelernt, das ich vorher nicht kannte. Und jetzt muss ich aber sagen, bin ich extrem gespannt, auch ein bisschen ins Detail zu gehen. Also wenn wir jetzt über 3D-Druck reden, sehe ich immer, es gibt ja drei verschiedene Druckermöglichkeiten. Man druckt mit Flüssigkeit oder mit Pulver oder mit Zellen, also mit Zellen, die irgendwie kultiviert wurden. Wann macht man denn jetzt was? Also in welchen Bereichen werden denn welche Zutaten eingesetzt oder gibt es auch Kombinationen?
Also letztendlich wird sich auf jeden Fall durchsetzen – und es ist sowieso jetzt schon eine Kombination aus dem Drucken von einer, ich sage jetzt mal einer Paste, eines pastösen Materials. Das heißt, dass wir z.B. auch durch eine Rohrleitung pumpen könnten, also ganz groß gesprochen, sodass man es sich gut vorstellen kann. Damit können wir ganz lapidar Teige drucken. Also das kann man sich ebenfalls gut vorstellen. Also jeder der zu Hause das auch hört, also Massen wie Teige drucken. Damit können wir aber auch Stützsubstanzen drucken, die dann eben später z.B. durch Zellen besiedelt werden können. Denn der Lebensmittel 3D-Druck oder der Biopolymer 3D-Druck in Kombination mit Zellen läuft ja hauptsächlich so, dass eine Stützstruktur gedruckt wird und diese dann besiedelt wird. Entweder wird diese dann aufgelöst oder hat diese auch schon Eigenschaften, die dann zu einem Lebensmittel wieder sich dazufügen kann. Aber auch hier sind das letztendlich Materialien, die irgendwo transportierbar sind durch dünne Leitungen oder eben entsprechend Rohrleitungen. Also jetzt ganz groß gedacht.
Also das muss ich mir vorstellen wie in der Schule, wo man da so Kristalle gebastelt hat, die dann eben auf bestimmten Gerüsten zu wachsen beginnen. So ist das dann eben auch bei den Zellen, dass Fleischzellen oder Fischzellen anfangen eben rund um so Gerüste zu wachsen und dann habe ich schon am Ende einen fertigen Fisch.
Ja, ganz häufig. Also das ist tatsächlich eine häufige Anwendung.
Und das Gerüst musst du drucken?
Genau, häufig wird das Gerüst gedruckt.
Ach krass.
Es kann natürlich auch sein, es gibt eine zweite Möglichkeit, dass ich die Zellen ernte, dass ich die Zellen wirklich in einem Bioreaktor z.B. herstelle, dann ernte und daraus dann wieder eine Struktur drucke. Also das sind letztendlich die zwei großen Anwendungen, wenn wir uns mit Zellkulturen beschäftigen.
Das heißt, einmal drucke ich mit den Zellen und einmal drucke ich für die Zellen, korrekt?
Ganz genau, ganz genau.
Aber bleiben wir vielleicht mal drucken für Dummies. Wir hatten Brei für Paste und Teige, dann hatten wir Pulver für diese Zellgerüste, oder?
Genau.
Und was noch?
Also die Pulver für die Zellgerüste, auch hier werden z.B. Gele gedruckt. Also tatsächlich ist das auch wieder von der Struktur her ähnlich wie – ich vergleiche es wieder mit einem Teig, weil ich glaube, das kann sich jeder vorstellen, ist ja wichtig, dass wir hier auch mit Bildern sprechen. Und das sieht dann aus, so ein 3D-Drucker ist letztendlich nichts anderes als wie so ein Spritzbeutel, wenn ich einen Kuchen zu Hause mache, nur halt ein bisschen mit Technik außenrum und ein bisschen mehr Digitalisierung. Das ist auch tatsächlich vom System her wie so ein ganz kleiner Extruder und das ist, wie wenn ich eine Pasta herstelle zu Hause. Das ist tatsächlich ein sehr, sehr ähnliches System, aber eben mit deutlich mehr Technik. Und die Vorläufer des 3D-Drucks waren beispielsweise auch in der Konditorei zu finden, wenn tatsächlich Pralinen händisch hergestellt werden. Das ist ein sehr, sehr ähnliches System. Das heißt, die Konditorinnen und Konditoren, die haben das schon vor Jahrzehnten gemacht, händisch eben. Und das stellen wir jetzt technisch nach.
Gibt es da schon, sage ich mal, bestimmte Rezepturen oder Zusammensetzungen? Gibt es bestimmte Lebensmittel, die bereits ausschließlich für 3D-Druck entwickelt wurden?
Ausschließlich für 3D-Druck entwickelt wurden, würde ich sagen, nein. Natürlich sind Rezepturen, die z.B. dann 3D-Druck-Materialien sind, die sind natürlich in diese Richtung entwickelt worden. Die könnten aber auch in anderen Lebensmitteln eingesetzt werden. Z.B. es gibt ja Drucker, die sehr viel Marzipan verarbeiten, also dass ich mir dann z.b. das Brautpaar auf die Hochzeitstorte drucken lasse oder ähnliches aus Marzipan. Also das sind Anwendungen, da kann man die Drucker kaufen, da kann man die Kartuschen dafür fertig kaufen. Also das sind wirklich kommerzielle Anwendungen, die verfügbar sind. Das sind eben z.B. Marzipanpasten, das funktioniert sehr gut. Weitere Dinge, die verfügbar sind, sind auch Schokoladen, obwohl das schon wieder komplexer ist in der Herstellung, denn wir müssen genau auf die Temperaturführung achten, wegen Kristallisation etc. Aber das sind tatsächlich Anwendungen, die sehr gut funktionieren und wie gesagt, die kommerziell verfügbar sind. Natürlich. Der große Markt wird dann irgendwann natürlich auch sein, wenn wir in die Richtung Meat Alternatives oder ähnliches gehen, also Fleischalternativen und ganz neue Mahlzeitenkomponenten. Also so denken wir eigentlich. Wir versuchen nicht nur in Alternativen zu denken, sondern einfach in neuen Lebensmitteln.
Ja, da gehen wir sicher noch drauf ein, aber vielleicht davor: Wie sicher ist denn das Ganze? Also ist es so, dass es da potenzielle Risken gibt oder Bedenken hinsichtlich der Verwendung?
Aus meiner Sicht nicht. Es muss natürlich weiterhin die Lebensmittelhygiene eingehalten werden, wie in jedem Prozess, also wie in jeder Küche, jede Köchin oder jeder Koch muss darauf achten. Also wenn ich etwas zum Verbrauch herstelle, auch zu Hause, muss ich letztendlich darauf achten. Aber das ist ja mein eigenes Risiko. Und in jeder Anwendung, also industriellen Anwendung oder handwerklichen Anwendung, muss ich Lebensmittelhygiene beachten, die Grundsätze dazu beachten.
Und wenn ich das mache, ist der 3D-Drucker nichts anderes als ein Gerät, das ich nutze, um Lebensmittel herzustellen. Natürlich gibt es dann noch einige Fragestellungen und Optimierungsnotwendigkeiten, aber die Lösungen liegen da, man muss sie kombinieren.
Also ich habe gelesen, dass auch Extrusion, also sehr hoher Druck, dabei eine Rolle spielt, zumindest bei manchen Druckern. Um wahrscheinlich eine bestimmte Textur zu bekommen, wird wahrscheinlich sehr viel Druck aufgebaut. Jetzt gehe ich wieder an mein Weihnachtsessen oder mein Familienessen. Kann das Ding dann explodieren und mir um die Ohren fliegen?
Also ich glaube, die Anlagen, wo ich wirklich Druck aufbaue, das werden industrielle Anlagen sein. Das heißt, dass ich tatsächlich in einer Fabrik oder in einer Manufaktur etwas herstelle und das Ganze auf den Markt bringe. Wenn ich mir die Drucker zu Hause vorstelle, was ja ein sehr großer Marktbereich sein wird, zumindest aus meiner Perspektive, dann werden wir nicht mit extrem hohen Drücken arbeiten. Wir werden vielleicht mit Drücken arbeiten, wie es in der Kaffeemaschine auch vorkommt, das ist ja auch nichts anderes und heutzutage üblich. Aber wir werden hier keine Drücke aufbauen, um Strukturen zu verändern, wie wir es klassischerweise in einem Extruder machen. Das sehe ich eigentlich für den Heimgebrauch ausgeschlossen, einfach letztendlich, weil es zu teuer ist.
Jetzt hast ja du sicherlich schon sehr viele von diesen Sachen auch gegessen. Wie schmeckt das denn?
Also letztendlich ist es ein Lebensmittel, ein ganz normales Lebensmittel. Ich kann es so designen, dass es so schmeckt, wie wenn ich einen Keks drucke. Das einfachste Beispiel wieder, was mittel und langfristig nicht unser Ziel ist, weil es zu schlicht ist. Aber wenn ich einen Keks drucke, schmeckt das wie ein Keks. Das schmeckt eben entsprechend meinen Kenntnissen oder meinem Vermögen, um eine gute Rezeptur zu machen. Es gibt daneben natürlich die Steaks beispielsweise und die Lachse. Und die schmecken entsprechend anderen Alternativen bzw. den reellen Vorbildern. Also geschmacklich sind wir da vollkommen offen, frei, müssen nichts, ich muss jetzt mal sagen, also keine Einbußen einnehmen. Im Gegenteil, in der Zukunft haben wir da wirklich Freiheitsgrade, die wir bisher in der Küche so nicht haben.
Und so von der Gestaltung, also kann jetzt der Fisch vielleicht auch eine Form von einer Karotte haben oder einer Erbse?
Genau, die Erdbeere, die nach Zitrone schmeckt. Natürlich könnte der Fisch könnte aussehen wie eine Erbse. Ist natürlich die Frage, ob wir das brauchen. Aber theoretisch, wenn das jemand auch zu Hause machen möchte, ist der Kreativität vollkommen freien Lauf gelassen. Das ist ja das Tolle. Also wir sprechen da so vom Slogan ‚Design your own food‘. Das heißt, wir denken auch, dass es so eine Bewegung ermöglichen wird, dass jeder Mann und jede Frau entsprechen und vor allem auch die jüngeren Generationen, also gerade die Jugendlichen, einfach Lebensmittel designen können, digital designen können. Das kann am Handy sein, das kann am PC sein oder direkt am Drucker und dass diese Designs dann auch entsprechend weitergegeben werden können.
Also hört alle gut zu, 2050 könnt ihr dann die Oma in den Wahnsinn treiben und sagen, nee, schmeckt nach Erbse. Der Podcast bekommt einen neuen Titel, der heißt dann ‚Wie ich in der Zukunft meine Oma in den Wahnsinn treibe‘.
Wir müssen ja die Oma begeistern, das ist ja mein Ziel.
Also keine Erbsen, die nach Fisch schmecken.
Ne, das kann man vielleicht mal am 1. April machen, aber ich glaube, ansonsten haben wir noch genügend andere Möglichkeiten und Ideen, um das gut zu nutzen. Nochmal zu 2050. Also ich glaube eher an 2035 oder 2040. Also technisch auf jeden Fall 2035. Dass es gut möglich ist. Ist ja heutzutage schon möglich, aber die Marktdurchdringung und natürlich auch einige Lösungen, die müssen natürlich noch optimiert werden.
Das ist ein guter Punkt. Ich habe gelesen, Barilla braucht für vier Stück Pastaformen, also vier Nudeln, 2 Minuten zu drucken, um das fertig zu bekommen. Ich habe auch mal so einen Schokoladendrucker gesehen, da sind mir die Füße dabei eingeschlafen, bis dann endlich mal Happy Birthday da stand. Ist das ein Thema, was man in den Griff bekommt? Wie geht die Forschung damit um?
Das ist eine der großen Herausforderungen, wie ich ganz am Anfang schon gesagt habe, die Schnelligkeit, da wird es Grenzen geben. Also wir werden uns weiter verbessern. Das heißt, dass es schneller wird auf jeden Fall, aber es bleibt ein Bottleneck irgendwo. Aber wir haben auch Lösungen dafür. Man muss ja jetzt wieder betrachten, mache ich das jetzt zu Hause in meiner Küche als Heimanwender eben für den Schweinebraten 2050 oder kaufe ich mir eben gedruckte Alternativen oder gedruckte neue Lebensmittel im Supermarkt. Gehen wir vielleicht zum Zweiten: gedruckte Lebensmittel im Supermarkt. Da gibt es Lösungen der Skalierung. Das eine sind letztendlich, dass ich eine Halle habe mit 100 oder 200 Druckern, die natürlich intelligent miteinander kommunizieren und intelligent zusammenarbeiten. Oder dass ich Großdrucker habe letztendlich, wo nicht eine Düse druckt, sondern 50 oder 100 Düsen gleichzeitig drucken. Und es gibt noch so hybride Formen letztendlich, also dass ich Drucker habe, die 10 Produkte drucken und davon stehen dann eben 30 nebeneinander und damit schaffe ich die Skalierung. Ich werde damit, also zumindest in den nächsten ein, zwei Jahrzehnten, werde ich damit natürlich keine extrem große Volumenproduktion machen, wie jetzt so eine Monolinie macht z.B. zur Brötchenherstellung, die 24 Stunden, sieben Tage die Woche produziert und vielleicht mal zwischendurch natürlich gereinigt wird. Aber da sprechen wir nicht als eine Konkurrenz und eine Mitbewerbersituation, das ist eine andere Art von Herstellung. Aber wir können trotzdem durch diese Möglichkeit der Parallelisierung Produkte in den Supermarkt bringen.
Und dass die Geräte kleiner werden? Weil man sieht das ja auch, man kann ja sogar bei Amazon oder im technischen Handel schon bestellen. Das sind ja sehr, sehr teure und auch sehr große Geräte teilweise, als jetzt nichts für die Küche. Wie skalierbar ist das denn?
Also das wird im Küchenmedium sein. Also wir haben ja auch verschiedenste Drucker bei uns. Also wir bauen unsere Drucker selber, damit wir eben sehr flexibel sind. Wir machen das Engineering, die Software und dann die Materialien dazu auch selber. Und tatsächlich könnte ich mir sowas jetzt schon in die Küche stellen. Das wäre jetzt nicht hübsch, weil das nicht unser Ziel ist, sondern wir wollen ja flexibel sein. Aber es hätte Platz in einer Küche. Und wenn wir es dann noch einfach platzsparend bauen und convenient bauen, natürlich für die Anwendung, würde das heute schon funktionieren. Aber letztendlich werden wir dann die Größe haben wie eine etwas größere Küchenmaschine. In dem Größenmaßstab sprechen wir. Also letztendlich Stellfläche, sage ich jetzt mal, von der Mikrowelle. Das ist vollkommen realistisch.
Beim Rumschnüffeln nach Maschinen und Druckern habe ich mir gedacht, ich kaufe mir das jetzt vielleicht mal und stelle mir das mal hin und probiere das vorher aus. Aber ich kannte, glaube ich, nicht eine einzige dieser Firmen, die das herstellen. Wie muss ich mir das vorstellen? Also welche Firmen produzieren denn diese Drucker? Das sind ja augenscheinlich nicht dieselben, die man jetzt vom Media Markt oder vom Saturn kennt, sondern – beziehungsweise anders gefragt, wo ist denn ein Brother, ein HP, ein Samsung? Wo sind denn die? Oder machen das jetzt nur irgendwelche Freaks und Steve Jobs des 3D-Drucks, der macht das jetzt in seiner Garage und verdient sich dann vielleicht in 20 Jahren die goldene Nase damit.
Ja, also das ist eine schöne Umschreibung. Tatsächlich ist es momentan Startup-getrieben. Das machen kleine Firmen. Ich weiß, dass einigen von diesen Playern, die im Consumer Bereich aktiv sind, natürlich darüber nachdenken. Einige haben es momentan verworfen, einige sind aktiv daran. Ich möchte jetzt auch absolut keine Namen nennen, aber momentan ist das Startup-getrieben. Also kleine kreative Tüftlerinnen und Tüftler, die da daran arbeiten und ihre Geräte auch anbieten. Warum? Weil der Markt einfach tatsächlich noch sehr klein ist. Also momentan ist er sehr klein. Punkt. Da muss sich natürlich was tun. Es ist kein Massenmarkt erreicht, nicht mal im Ansatz. Aber das wird natürlich kommen, weil die Entwicklungen ja wirklich auf verschiedensten Bereichen sind. Und auch ganz wichtig, das Thema langsam mehr und mehr auch in die Wahrnehmung rückt. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt, über den man natürlich auch sprechen muss. Ich hatte es versucht, auch schon zu formulieren, dass wir nicht nur eine Technik entwickeln und dann sagen macht mal, sondern das ganz wichtig ist, das Ganze auch zu begleiten. Da arbeiten wir auch mit Forschungspartnern daran zusammen, um besser zu verstehen, wie können wir das begleiten? Wie können wir die Vorteile besser darstellen, damit eben nicht eine weitere Technikangst entsteht und die Leute dann denken: das ist wieder was ganz Schlimmes, was keiner braucht. Letztendlich wird es immer eine individuelle Entscheidung sein von den Verbraucherinnen und Verbrauchern, ob sie es akzeptieren. Das ist ja Essen an sich: pure individuelle Entscheidung. Es wird immer groß von politischen Entscheidungen gesprochen, aber das sind unterstützende Maßnahmen. Der Rest ist wirklich individuell, was auch vollkommen richtig ist.
Wie schätzt du denn die Chance, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher das haben möchten?
Zwei geteilt momentan. Wenn wir nur mit Technik werben und sagen, da ist ein 3D-Drucker, da ist eine Technik dahinter, dann werden das bestimmt einige kaufen, die einfach wahnsinnig interessiert sind. Also wahrscheinlich so die Leute, die jetzt vielleicht auch den Podcast hören, die sich aktiv mit Lebensmittelthemen beschäftigen. Da sind wir ja alle schon in einer gewissen Blase, also positiven Blase. Die würden wahrscheinlich offen sein. Also das sind so die Early Adopters, die kaufen das, denken, tolle Technik. Ich kaufe auch selber gerne neue Lebensmittel und finde es ganz spannend. Aber wichtig ist, dass wir es natürlich für den normalen Verbraucher, Verbraucherin ermöglichen, also die Durchschnittsfamilie letztendlich. Und ja, da ist noch ein Weg dahin.
Ich finde es interessant, dass scheinbar auch im technischen Bereich das so ist, dass die kleinen Firmen tüfteln, arbeiten, kreativ sind und die großen erste Reihe Fuß frei sitzen, abwarten und gucken und dann am Ende das Ganze wahrscheinlich an sich reißen, kopieren und abcashen. Und das ist ja wahrscheinlich das Spiel unseres Wirtschaftssystems. Aber vielleicht kann man es ja auch mal an dieser Stelle durchbrechen. Und ich freue mich, wenn es eine Druckerfirma schafft, die vielleicht bisher noch nicht am Plan ist und die da wirklich sich in dieser Nische oder mit diesem Thema mal eine Größe verdient.
Ja, also da bin ich vollkommen bei dir.
Der Robin Hood der Firmen ein bisschen.
Ganz genau. Das ist natürlich auch irgendwo mein Traum. Auf der anderen Seite hilft natürlich auch die Marketing-Power der Großen, das ganze wirklich wieder in das Bewusstsein zu bringen. Das ist natürlich so ein zweischneidiges Schwert, aber ich glaube, wir sehen es ja momentan auch im ganzen Marktsegment der Fleischalternativen oder auch allen Alternativen, dass das schon beides möglich ist. Da sind ja auch einige kleine Firmen nach oben gekommen, die es natürlich nicht leicht haben, aber die es dann auch wirklich verdienen mit guten Produkten, genauso wie natürlich die großen Player am Markt sind. Also wir sehen da gerade schon, dass es möglich ist und jetzt hoffen wir natürlich, dass es sich hier auch ähnlich entwickelt.
Du bist ja Professor an der Universität Hohenheim und hast in einem Interview zu Beginn des Jahres gesagt, natürlich können wir eine Banane machen, die nach Erdbeeren schmeckt. Das ist aber nicht unser erstes Ziel. Es interessiert mich natürlich, was ist denn dein erstes Ziel?
Ja, also wir wollen nicht, also diese Banane und Erdbeere und so weiter, das ist natürlich sehr, sehr, sehr plakativ. Das ist so ähnlich wie der Fisch in Erbsenform. Das ist als tatsächlich nicht unser Ziel, weil die Frage ist, warum? Unser Ziel ist, dass wir neue Produkte kreieren, dass wir die Vorteile der Technologie hervorstellen können. Die liegen zum einen darin, ganz neue, verrückte Lebensmittel zu kreieren. Aber die zwei großen Vorteile sind eigentlich umschrieben in der Ernährung und auch in der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ganz einfach, weil ich da an zwei Stellen angreifen kann. Das eine ist Vermeidung von Lebensmittelabfällen, also food waste runterzuziehen, weil ich idealerweise nur das produziere, was ich wirklich brauche. Ich kann es just in time on demand herstellen, wenn ich es brauche. Da sind wir gerade auch mit Kantinen in Kontakt, die das ganz spannend finden. Dass ich morgens in meiner App eingebe, was möchte ich und bis mittags ist es gedruckt und ich greife auch am Beginn an. Das heißt, ich kann Nebenströme wieder der Humanernährung zuführen, die bisher verworfen wurden, die bisher in die Tierernährung gingen. Nicht weil es die Tiere benötigen, sondern weil es die Menschen nicht mehr essen können. Und wir haben jetzt eine ganz neue Strukturierungstechnologie und mit ein bisschen der Kunst der Lebensmitteltechnologie können wir da eben neue Lebensmittel daraus generieren.
Nebenströme heißt ja im Prinzip Abfall.
Vor dem Abfall bitte. Das ist ganz wichtig, das darf noch kein Abfall sein.
Keine Nebenströme: ich produziere jetzt in eurem Beispiel eine Hafermilch und dann fällt ein Haferpulver ab oder ein Haferfeststoff, oder?
Ganz genau.
Das wäre jetzt so ein Nebenstrom.
Das ist so ein typischer Nebenstrom, der ist sehr wertvoll. Z.B. der Haferfeststoff hat ganz viel Proteine und Ballaststoffe und das ist perfekt, das natürlich wieder einzubringen. Da wird sich momentan relativ viel Gedanken gemacht, wo kann man diesen Reststoff verwenden. Und das Ganze in Druckanwendungen zu verwenden, ist absolut vorhanden und nachhaltig und sinnvoll.
Aber warum kann ich den jetzt nicht z.B. zu Haferkeksen verbacken? Warum muss ich den drucken?
Das ist eine gute Frage. Ich könnte es genauso zu Haferkeksen verbacken. Also wir haben z.B. auch Kekse daraus hergestellt am 3D-Drucker.
Ach, am 3D-Drucker?
Ja, ganz genau.
Aber ohne den Drucker geht es nicht?
Natürlich könnte ich es auch klassisch machen. Diesen Haferfeststoff könnte ich auch klassisch machen mit einem ganz klassischen Rezept. Wir haben ehrlich gesagt auch ein ganz klassisches Keksrezept gemacht, das 50 % ersetzt durch diesen Haferfeststoff und das ganze gedruckt. Wir konnten natürlich dann noch unser Universität Hohenheim Logo darauf drucken, oder wir können ein Logo draufdrucken von Person XY oder ein Foto drauf oder einen Fußballverein, whatever. Das sind dann die Individualisierungsmöglichkeiten, die gehen. Aber ich könnte es natürlich genauso zu Hause so machen.
Ja Leute, warum backen, wenn man drucken kann?
Eben, das ist natürlich so ein bisschen dieser Neuheitswert, der natürlich dann spannend ist. Aber es geht jetzt nicht nur um diesen Nebenstrom, es geht ja z.B. auch um andere Nebenströme, wie z.b. eine Kleie her. Also wenn ich zum Beisiel Mehle herstelle. Momentan ist die super verwendet als Tiernahrung, aber unter der Annahme, dass hier die Verwertungsmöglichkeiten auch nach unten gehen in der Zukunft, kann man natürlich prognostizieren, dass auch die Kleie mehr verfügbar ist oder z.B. Biertreber oder es gibt so viele Nebenströme, die noch momentan einfach verworfen werden, weil sie gar nicht auf dem Screen sind. Wenn wir da z.B. eine Fermentation hinterher schieben und daraus dann Druckerpasten herstellen, ist das ideal. Und das ermöglicht natürlich auch wieder sehr regional zu denken. Wir bräuchten dazu dann nicht die ganz großen Fabriken oder die großen zentralen Herstellungsmöglichkeiten. Wir könnten damit auch eine Möglichkeit schaffen, sehr regional zu denken. Das heißt, dass jemand z.B. seinen Apfelsaft herstellt und genau, wenn er anfällt, daraus dann Druckmaterial herstellt von der Obstwiese aus Berlin Mitte, was weiß ich, keine Ahnung. Oder eben einer schönen schwäbischen Ortschaft, wo das entsprechend anfällt und damit so Signature-Produkte oder Ähnliches herstellt. Also wir haben eine ganz neue Wertschöpfungskette, wo wir da andenken.
Wie geht ihr denn damit um, dass ja viele dieser Nebenprodukte, Nebenströme von der Industrie eigentlich auch so verunreinigt sind, dass sie gar nicht mehr verwertbar sind? Also beispielsweise. Also nicht nur von der Industrie, sondern auch vielleicht durch den Prozess. Also mir fällt jetzt eben beim Bierbrauen, der Biertrester, der relativ schnell mit Mikroorganismen verunreinigt ist. Oder vielleicht beim Erbsenprotein. Ich weiß, von vier Tonnen Erbsen kriege eine Tonne Protein und drei Tonnen bleiben über. Aber das ist durchaus auch teilweise eben belastetes Material. Gibt es da sozusagen auch, vielleicht auch interdisziplinär, irgendwie in Austausch, dass man sagt, wie kriege ich denn so ein Nebenstromprodukt in der Qualität, die dann auch weiterverarbeitet werden kann?
Also das ist eines der größten Topics letztendlich in unserer Branche, dass wir diese Nebenströme wieder zur Humanernährung bringen. Jetzt unabhängig vom 3D-Drucker, aber natürlich auch in diesem Bereich. Also erstens, wenn ich z.B. ein Erbsenprotein herstelle, ist dieser Nebenstrom dann nicht verunreinigt. Wenn ich diesen Nebenstrom abziehe und einfach mal auf dem Hof liegen lasse, ich sag es jetzt mal ganz einfach, dann wird der natürlich „verunreinigt“, weil das Ganze sehr schnell fermentiert. Das würde mit jedem anderen Lebensmittel ebenfalls passieren. Wenn ich jetzt meinen Teig einfach rausstelle an die Sonne und zwei Tage warte, dann weiß auch jeder, was passiert. Das Spannende ist jetzt, was ich daraus mache und ich muss es schnell machen. Das ist korrekt. Das heißt, ich habe da ein Problem. Ich habe da einen Reststoff, der feucht ist und Mikroorganismen mögen Feuchte und in diesem Reststoff sind meistens noch Inhaltsstoffe, die die Mikroorganismen auch mögen. Von daher gibt es zwei Möglichkeiten. Ich verarbeite diesen sehr schnell weiter, wie ich es ja z.B. mit dem Protein ebenso mache. Also das Protein, das ich rausziehe, verarbeite ich ja auch sofort weiter, trockne es dann. So kann ich das natürlich mit diesem Nebenstrom auch machen. Und idealerweise wird dann an einer Herstellungsanlage nicht nur auf das Protein geschaut, sondern auch der Nebenstrom bedacht und hieraus gleich unterschiedliche Lebensmittelgrundzutaten dann gezogen. Und ich bin mir sicher, dass in Zukunft die heutigen Nebenströme dann auch eines der Hauptzutaten sein werden. Das heißt, die Denkweise wird sich umstellen bzw. die ist schon längst umgestellt. Die Firmen suchen nach Möglichkeiten, nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern natürlich auch aus ökonomischer Sicht. Von daher sind da die Zielsetzungen häufig sehr, sehr nah beieinander.
Naja, das Upcycling ist ja insgesamt auch ein Trend in, sage ich mal, der öffentlichen Meinung, wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen. Viele sagen ja, ich finde das ganz toll, dass eben Nebenströme verwertet werden, aber ich habe es vorhin ja plakativ gesagt, sie finden es zwar toll, aber sie kaufen es nicht. Es hat irgendwas nach wie vor von Abfall, hast du ja sehr klar reagiert, aber de facto ist es ja so, dass die Leute das dann so sehen. Also wird man da wahrscheinlich auch was in der Kommunikation ändern müssen.
Ganz wichtig, ganz wichtig. Also wir dürfen natürlich nicht darüber reden, dass wir Abfall wieder zum Essen machen. Das sind ganz, ganz schlimme Assoziationen, die da im Kopf tanzen. Deswegen meine ich ja, dass diese heutigen Nebenströme dann eigentlich eines der Hauptprodukte werden. Das ist ganz oft tatsächlich auch gewesen in anderen Bereichen. Also früher z.B. Molke in der Milchwirtschaft. Molke ist angefallen und heutzutage ist es ein ganz, ganz wichtiger Stoff, der in verschiedensten Bereichen eingesetzt wird. Früher, wenn man Stärke hergestellt hat aus Weizen, ist Gluten angefallen. Das wurde natürlich schon weiterverwendet. Aber heutzutage ist es ein extrem gefragter Stoff. Das heißt, daran sieht man an vielen weiteren Beispielen, dass man niemals in Abfällen denken darf, weil das per se ja kein Abfall ist. Wenn es ein Abfall wäre rechtlich, dann darf ich es nicht weiterverwenden und möchte es auch nicht weiterverwenden. Das ist ganz klar rechtlich geregelt.
Mein Eindruck ist auch ein Stück weit, dass z.B. wenn du jetzt sagen würdest, ich drucke mir jetzt den Keks, dann finde ich das lustig, aber den würde ich bedenkenlos essen, wenn ich jetzt sag, wenn ich jetzt z.b. ein Stück Fleisch gedruckt bekomme, ist vielleicht die öffentliche Meinung kritischer und denkt sich, was ist denn das eigentlich? Will ich das wirklich probieren? Was ist deine Einschätzung? Warum ist das so?
Ich glaube, weil man den Keks schon immer zu Hause selber gemacht hat oder häufig familiär auch selber gemacht hat, also versteht, wie das Ganze vonstatten geht. Von daher ist da die Offenheit größer und Angst entsteht nur durch Unwissenheit. Angst entsteht immer, wenn ich zu wenig Informationen habe, wenn ich es nicht verstehe, natürlich muss auch keiner verstehen, wie ein Stück Fleisch entsteht im Tier oder wie ein Stück Alternative entsteht, das muss man auch nicht wissen. Wenn man allerdings diesen Prozess kennt, und das ist das Schöne an den Lebensmitteltechnologinnen und -technologen, wir verstehen ja grundsätzlich alles oder das meiste, wir sind da vollkommen offen. Also ich jetzt eigentlich fast alles. Und so ist es auch hier, wenn wir ein Meat-Alternative herstellen, ist es ein ganz normaler Prozess, nur die Art und Weise, wie ich es zusammenbringe, ist anders.
Wie sieht es der Gesetzgeber? Also gibt es rechtliche und regulatorische Herausforderungen, die vielleicht auch anders sind, einmal für Keks und einmal für Fleisch?
Ne, also von der Technologie her haben wir keine Einschränkungen, weil diese Technik bereits seit, ich sage jetzt mal seit Jahrzehnten vorhanden ist und jetzt nur anders zusammengefügt wird. Das heißt, ich kreiere da keine Drücke, die es zuvor nicht gab, keine Temperaturen, die es zuvor nicht gab. Das heißt, ich mache jetzt nichts mit einer ganz neuen Technologie, wo man denkt, man weiß nicht was passiert. Das heißt, alles was wir hier machen, ist extremst gut untersucht worden in anderen Bereichen. Das heißt, da gibt es keinerlei Bedenken. Materialseitig ist das natürlich was anderes, welche Druckmaterialien ich verwende. Wenn ich jetzt normale bekannte Druckmaterialien verwende, wie Proteine, Stärken, Hydrokolloide oder eben auch mein Keksteig, das ist absolut kein Problem. Wenn ich natürlich z.B. wieder in zellbasierte Stoffe reingehe oder auch in manche Mykroproteine, da muss es natürlich immer einzeln betrachtet werden. Da greift die Novel Food Regulierung.
Wer mehr zum Thema Mykoproteine hören will, wir hatten ja auch Mushlabs zu Gast. Da knüpfe ich auch gleich mal an eine andere Frage an, nämlich das Thema Trends, wie z.B. Fermentation oder andere Trends. Also wie ist denn da der Austausch mit eurer Universität? Greift es ineinander oder läuft es eher parallel? Wie interdisziplinär ist denn da die Zusammenarbeit?
Also es greift extrem stark ineinander auf verschiedensten Ebenen. Also schon allein in meinem eigenen Fachgebiet ‚Pflanzliche Lebensmittel‘, also wir arbeiten an verschiedenen Topics im Bereich Proteine. Wir gehen auch weiter über die Pflanzen hinaus, auch in die Hefe rein oder auch in die Mykoproteine, weil es methodisch zu sehen ist. Und da arbeiten wir mit klassischen Verfahren, aber auch mit dem 3D-Druck, zum Teil auch als Analysentool, aber auch über das Fachgebiet hinaus bei uns im Institut, wir sind 11 Professorinnen und Professoren, wir arbeiten in verschiedensten Bereichen: nachhaltig Materialien, neue Proteine, Energien, Digitalisierung. Das ist extrem interdisziplinär. Und darüber hinaus nochmals als Letztes die Kooperation mit der Ernährungswissenschaft oder auch ganz wichtig mit dem Agrarbereich. Also wir in Hohenheim, wir decken eigentlich die komplette Supply Chain ab. Also das ist das Schöne. Wir denken in der Ernährungsherstellung wirklich vom Acker bis zur Vermarktung, bis zu den Sozialwissenschaften hinten raus, können alles abbilden. Von daher bietet sich das an und das ist auch ein Muss aus eigener Überzeugung. Nur durch die Zusammenarbeit können wir Lösungen schaffen.
Das Thema KI ist auch ein Trend in aller Munde. Wird sich das Thema 3D-Druck mit KI verbinden und in welcher Form?
Ja, tatsächlich mit einem guten Kollegen arbeiten wir gerade an sehr schönen Projektideen in diesem Bereich, weil 3D-Druck ist ja, ich brauche ja ein digitales Modell, um etwas drucken zu können. Und hier habe ich natürlich…
Ein Computermodell.
Genau, ein Computermodell, das kann ich theoretisch am PC komplex designen. Ich kann es aber auch einem Projektpartner von uns, der auch gedruckte Lebensmittel vertreibt, der macht es letztendlich über einen Touchscreen, wo ich mein Lebensmittel letztendlich mit meinen Händen designen kann. Und von daher ist die Digitalisierung, die steckt einfach so per se mit drin und zeigt da ganz große Möglichkeiten, dass wir letztendlich digitale Lebensmittel designen können. Die Lebensmittel wollen wir natürlich am Ende noch essen, die müssen sicher sein und schmecken und gesund sein. Aber die ganze Kreation und der ganze Prozess ist eine ganz klare digitale Abbildung. Und von daher, das ist, wie ich mal gesagt habe, so ein Melting Pot, wo alles zusammenkommt und wir nichts ausschließen wollen und können. Und das ist klasse.
Ja. Spannend finde ich ja dann noch, wenn die Druckerpatrone ihr eigenes Rezept kreiert, vielleicht eigene Aromen mit hineinbringt, Geschmackskomponenten reinbringt, die man vielleicht auch sogar noch nicht kennt oder mir dann vorschlägt, was der neueste Trend ist und dann bekomme ich eben meinen Bibimbap aus dem Drucker.
Genau, es geht ja da letztendlich auch in die Sensory Sciences mit rein. Also so Food Pairing und die ganzen Konzepte können da mit rein spielen, dass ich wirklich super kreativ sein kann.
Wir haben Nachhaltigkeit jetzt leider nur ein bisschen angekratzt. Ich würde dem Ganzen aber doch noch mal so gegen Ende einen Twist geben und noch mal auf das Thema Gesundheit zu sprechen kommen, weil ich immer wieder lese, 3D-Druck ist ein Thema, um gesundheitsbezogene Lösungen in der Zukunft zu schaffen. Was hat es damit auf sich?
Also letztendlich geht es um das Schlagwort personalisierte Ernährung. Da muss man natürlich auch etwas aufpassen, denn das ist ein sehr überstrapazierter Begriff. Aber egal, wie ich ihn definiere, wenn ich mir überlege, wie geht personalisierte Ernährung in der Zukunft, was ist die Technologie dafür? Es gibt zwei Möglichkeiten, sage ich immer. Entweder bekommt jeder einen eigenen Koch oder Köchin zur Seite gestellt oder wir haben einen 3D-Drucker. Das heißt, wenn wir es wirklich runterbrechen wollen auf die Individuen oder auch auf kleine Kohorten, das heißt, eine kleine Anzahl an Menschen, brauchen wir eine individuelle Herstellungsmöglichkeit. Das ist perfekt der 3D-Drucker. Und wenn wir es dann eben kombinieren mit den digitalen Ansätzen, dann weiß eben das System, ob das System jetzt Google heißt oder Microsoft oder OpenAI, dann hat dieses System das Wissen, wie ich lebe. Mache ich viel Sport, mache ich zu wenig Sport, sitze ich vielleicht morgen zu lange im Flieger oder gehe ich an den See und weiß von daher, welche Nährstoffzusammensetzung ich benötige. Anfangs wird es sicher sein im Makronährstoffbereich, also z.b. brauche ich jetzt mehr oder weniger Proteine, weil ich viel Sport mache oder ich habe eine Ballaststoffunterversorgung, was eigentlich fast jeder von uns hat. Und dann kann ich relativ einfach, ohne dass ich das einstellen muss, kann ich dann ein plant based Steak z.B. drucken oder eine Menükomponente, die einfach gut ist für mich.
Ich weiß nicht, ob mich das jetzt dann freuen wird, wenn ich den ganzen Tag im Büro sitze und dann denke ich an Schokolade und dann sagt das System, nee, du sitzt den ganzen Tag nur rum, nix mit Schokolade, ich drucke deine Karotte aus.
Ja, das wäre natürlich etwas übergriffig. Das wäre tatsächlich übergriffig. Interessant. So weit habe ich bisher noch gar nicht gedacht. Natürlich wird das System dann hoffentlich eine Schokolade drucken, wenn du eine Schokolade möchtest, aber die ist dann vielleicht, ja, gehen wir mal von der Schokolade weg, das sollte ein Genussmittel bleiben. Aber wenn wir dann doch reingehen in z.B. in eine Menükomponente, geschnetzelte Stoffe oder eben, bleiben wir mal beim Plant based Steak vielleicht. Da kann ich wohl natürlich mit dem Proteingehalt spielen, da kann ich mit dem Ballaststoffgehalt spielen. Und das Ziel ist natürlich, dass es gleich gut schmeckt und die gleiche Textur hat. Und das ist das Trickige dahinter, so dass ich das gar nicht unbedingt bemerke, ich aber weiß, ich tue etwas Gutes für meinen Körper.
Einen Anwendungsbereich habe ich gelesen, Menschen mit Schluckbeschwerden, die scheinbar nur mehr Brei essen können. Die bekommen dann den Brei hübsch ausgedruckt. Ist das was, wo du glaubst, das ist wichtig für die? Also ich weiß nicht, wenn ich jetzt nicht mehr schlucken kann, dann könnte ich mir vorstellen, dass mir das auch schon egal ist, oder? Ich weiß es nicht. Hat man die Menschen gefragt, ob die das cool finden?
Ja, also das ist extrem wichtig aus meiner Sicht, weil das sind wirklich Millionen Menschen allein in Deutschland, die Dysphagie-Patienten sind. Das ist eine Zahl, die man so nicht annimmt, vor allem natürlich im Alter. Und es ist ein riesiges psychologisches Phänomen. Man muss sich einfach mal vorstellen, wenn ich diese Beschwerden habe, dann kann ich hauptsächlich einen Brei essen. Natürlich denkt man o ja, er oder sie kann ja dann immer Smoothies trinken. Aber nach dem vierten oder fünften Tag ist es dann irgendwann weniger witzig, als wenn ich das mal freiwillig mache. Und von daher, tatsächlich haben wir auch eine Initiative, wo wir genau das machen. Also ganz radikal gesagt und einfach wieder in Bildern gesprochen. Wir nehmen eine Karotte, schreddern diese Karotte und drucken dann wieder eine Karotte. Jetzt kann man sich wieder denken, was soll denn das? Das braucht kein Mensch. Aber es ist ein Riesenunterschied, da Essen Kultur ist, ob ich eine vermeintliche Karotte löffeln kann, essen kann, die ein Brei ist, oder eben ob ich nur tagein, tagaus Brei oder Suppen zu mir nehme. Und wir alle wissen, welchen Effekt Psychologie auf Heilung hat oder auch auf natürlich negative Beeinflussung von meinen Gesundheitswerten. Und von daher ist es ganz, ganz wichtig, diesen Patienten ein ansprechendes Essen auch zu ermöglichen. Das hat einen Rieseneffekt auf Heilung und auf Gesundheit.
Da sieht man einmal mehr, wie wichtig ist, auch die Lebenswelten und ja, einfach auch die Motivation und das Verständnis der Menschen zu verstehen, bevor man wertet oder irgendeine Konsequenz fällt oder so. Weil auf den ersten Blick denkt man sich so, Schluckbeschwerden, wozu? Und so. Und wie du das aber jetzt erklärt hast, das fand ich richtig toll, weil die Massivität dieses Themas und dieses Problems war mir nicht bewusst. Also vielen, vielen Dank.
Ja, das ist tatsächlich häufig, also gerade bei neuen Techniken. Also wir diskutieren ja ganz viel und auch bewusst ganz viel, nicht nur in der Community hier, sondern auch mit der Bevölkerung. Also dieser Wissens- und Diskussionstransfer ist ganz, ganz wichtig, ist eine große Aufgabe. Und da kommt natürlich auch oft der Kommentar, wollt ihr uns jetzt das Kochen verbieten? Kommt immer gleich dieses negative Verbieten rein, wo ich von vornherein immer sage, ich habe überhaupt keine Macht, irgendwas zu verbieten und will es auch aus Überzeugung nicht. Und ich sage dann immer, ich koche von Herzen gerne, auch wenn ich meistens zu wenig Zeit habe. Ich möchte das auch in Zukunft machen. Aber es gibt eben Anwendungen, eben wie diese Patienten oder in manchen Städten auf der Welt, wo es gar keine Küchen mehr gibt in den Wohnungen, da stellt sich diese Frage nicht, dass ich von Herzen koche, weil es diese Möglichkeit nicht gibt. Und dafür ist es ideal. Und das ist ein hoher Prozentsatz, der diese Technik nutzen kann. Es geht nicht darum, um das familiäre Kochen, diese Gemeinschaft zu verändern, auf keinen Fall, sondern um auch hier wieder Alternativen zu schaffen, die auch einige benötigen.
Lieber Mario, ich würde sagen, das war ein dreidimensional gutes Gespräch. Vielen, vielen Dank. Diese Expertise, das war total spannend, auch was die Zukunft der Lebensmitteltechnologie betrifft. Und ich freue mich, wenn wir weiter von dir hören, weitere Entwicklungen vielleicht auch bald zu Gesicht bekommen und in Zukunft von diesem unglaublichen Wissen bereichert werden. Vielen, vielen Dank, Mario.
Ja, vielen Dank ebenfalls. Hat Spaß gemacht. Danke.
Das war’s für heute von Food Fak(t). Am liebsten würde ich mir jetzt sofort einen Drucker bestellen und ein Tiramisu ausdrucken. Aber nachdem die Technik noch nicht ganz so weit ist, geh ich doch lieber zum Italiener ums Eck. Ob es wirklich gelingen wird, mit 3D-Druck die Nährstoffversorgung zu optimieren, Lebensmittelabfälle zu reduzieren oder vielleicht einfach nur kulinarisch neue Dinge zu zaubern, das bleibt sicher spannend. Und wer weiß, vielleicht sagen wir wirklich beim nächsten Familienessen schon ‚Ich habe das im Internet gefunden und ausgedruckt‘ und es könnte wortwörtlich gemeint sein. Wir bleiben auf jeden Fall neugierig nach Wissen und freuen uns darauf, was die Zukunft auf die Teller bringt. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.