Darum gehts in dieser Folge

In dieser Folge nehmen wir Euch mit in die faszinierende Welt exotischer Nahrungsmittel und stellt euch André Wielink vor, den visionären Entdecker der Pilinuss, eines bis vor kurzem in der EU verbotenen Schatzes aus den Philippinen. André, Geschäftsführer von Frischebox, erzählt seine abenteuerliche Geschichte, wie er auf diese nährstoffreiche Nuss stieß und sie trotz bürokratischer Hürden nach Europa brachte.

Die Pilinuss, ein kleiner, abermächtiger Held im Kampf gegen die Windmühlen der
Lebensmittelregulierung, bietet nicht nur einen köstlichen, sondern auch einen gesunden Snack. André erzählt von seiner Reise – von der ersten Begegnung mit der Nuss im Internet, über die komplexen
Herausforderungen des Novel-Food-Verfahrens bis hin zur erfolgreichen Einführung auf dem europäischen Markt. Diese Episode zeigt, wie Hartnäckigkeit, Innovation und ein bisschen Mut das
Unmögliche möglich machen können. Freut euch auf eine inspirierende Geschichte, die beweist: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – selbst wenn es um die Einführung exotischer Nüsse geht. Hört rein,
um zu erfahren, ob die Pilinuss hier bleiben darf oder ob das cremig leckere Nüsschen mit harter Schale die Heimreise antreten muss.

Hier die ganze Folge zum nachlesen

Herzlich willkommen bei Food Fak(t). Neue Lebensmittel nach Europa zu bringen und hier zu verkaufen, das ist nicht immer einfach. André Wielink kann ein Lied davon singen. Er ist Geschäftsführer der Firma Frischebox, Anbieter von getrockneten Früchten, Snacks und Kräutern. Und er ist Entdecker der Pilinuss, die bis vor kurzem noch in der EU verboten war. Doch jetzt ist sie endlich angekommen und wir dürfen mit Brüssels Genehmigung darauf rumkauen. Hat André, der kluge Holländer, die EU vielleicht ausgetrickst? Oder hat er die Windmühlen der Bürokratie bekämpft und gewonnen? Heute werden wir erfahren, ob die Pilinuss bei uns bleiben darf oder ob sie demnächst wieder die Heimreise antreten muss. Wie auch immer, den Mutigen gehört die Welt. Daher Vorhang auf für André Wielink und die Welt der Pilinüsse. Das Match heute heißt Holland gegen Österreich. André, herzlich willkommen bei Food Fak(t).

Sehr gerne.

Ich habe schon einen Sack bei mir. Nicht von Knecht Ruprecht, sondern von Knecht André. Und ich werde jetzt mal hier so eine Nuss knacken, die du mir bei unserem letzten Treffen gegeben hast. Das ist ja gar nicht mal so einfach. Und werde jetzt mal…

Oh nein, nicht drehen.

Nicht drehen, sondern? Hebeln?

Es ist wie eine Flasche Bier. Genau, hebeln.

Gibt ja die Bauarbeiter, die machen es mit den Zähnen auf.

Würde ich nicht empfehlen.

Ich versuche jetzt einfach mal eine andere Nuss. Jetzt habe ich sie geknackt und jetzt probiere ich sie mal. Während ich ja so knabbere, erzählst du uns mal, André, wie bist du denn auf diese Pilinuss gekommen? Übrigens sehr lecker.

Das ist eine lange Geschichte, aber um es ganz kurz zu machen, haben wir die Nuss irgendwann mal im Internet gesehen. Da hat eine Firma auf den Philippinen Werbung für diese Nuss gemacht. Und das hat mich mega interessiert und habe gleich Muster angefordert. Und ab dem Moment, wo wir den Musterkarton bekommen haben und die Nüsse probiert haben, haben wir gesagt, das ist ja wahnsinnig. Das ist ein kleiner Schatz, der komplett auf den Philippinen geblieben ist und vielleicht jetzt nach Europa kommen könnte. Aber das war vor sechs Jahren.

Und bist du dann hingefahren oder ging das alles per Post?

Das ging am Anfang per Post und da haben wir Muster bekommen. Und als wir gesagt haben, okay, das könnte was für mein Unternehmen sein, ist der Mann mal zu uns gekommen und hat ein wenig sein Projekt erklärt.

Ach, interessant. Das heißt, du warst nie vor Ort, oder wie?

Ich war vor Ort, die letzten Jahre bin ich vor Ort gewesen, aber vor sechs Jahren nicht. Wir haben damals das Produkt auch auf der Fruit Logistica gezeigt.

Also auf einer Messe.

Das war ein Riesenerfolg. Aber was wir damals nicht von den Filipinos wussten, ist, dass die Nuss überhaupt nicht zugelassen ist oder damals war in Europa.

Ja, da kommen wir ja später noch dazu, das ist ja noch mal so ein eigenes Kapitel. Aber sag mal, als du es dann das erste Mal gesehen hast auf den Philippinen, ging dann da so dein Herz auf, oder hast du gedacht so, oh mein Gott, war da irgendwas Überraschendes, oder?

Absolut.

Hast du gedacht, schaut aus wie ein Walnussbaum?

Nein, bloß nicht. Der Baum ist relativ einzigartig, weil der wächst eigentlich nur auf vulkanischem Boden und dort wo er herkommt, in der Region Bicol auf der Philippinen, da ist ein Riesenvulkan, der heißt Mount Mayon und dort wachsen die Bäume. Ich bleibe Holländer, es tut mir leid, Stefan. Auf jeden Fall, ich habe die Nüsse gesehen, ich habe gedacht, das ist ja der absolute Wahnsinn. Es ist wie ein neues Stück Obst entdecken oder so. Also wir haben da was entdeckt, was es in Europa absolut nicht gab. Und ja, dann besonders ich, wo ich immer auf der Suche bin nach Innovationen, habe mich mega gefreut.

Ich muss das jetzt vielleicht auch mal beschreiben, weil diese Nuss, die ist ja so eingeschnitten und man bekommt dann so ein, wie nennt man das, Metallplättchen, mit der muss man die aufknacken, wie so einen Bierkorken. Wird die dort dann auch so gegessen? Es hat sogar einen eigenen Namen dieses Plättchen, oder?

Der Nussknacker gehört zum Konzept, aber dort wird es überhaupt nicht so gegessen. Also dort isst man die Kerne und die Kerne blanchiert man und karamellisiert man oder mit Salz oder mit Chili, mit Sesam, alle möglichen Geschmacksrichtungen macht man an diese Nuss. Aber das Spannende, was wir daran gefunden haben, ist, dass man die Nuss als solches hierherbringen kann und schön zu Hause knacken kann.

Warum wollt ihr die selbst knacken? Weil ich muss sagen, das war jetzt gar nicht mal so einfach. Warum bringt man die Nuss nicht auch geschält hierher?

Wir sind dabei. Also es geht erst einmal ums Prinzip, dass es eine Nuss gibt in der Welt oder auf den Philippinen, die in Europa absolut unbekannt ist. Damit fängt es an. Das ist ein absolutes USP, was es nirgendwo gab. Zusätzlich ist die Nuss nach unserer Analyse extrem nahrhaft und sehr gesund. Und ab dem Moment, wo es ein neues Produkt gibt, sind wir auf die Suche gegangen: was können wir damit machen? Und wir als Trockenfrucht-Lieferant im Handel, liefern an den Handel Nüsse in der Schale oder auch Nusskerne und so sind wir dazu gekommen. Wir haben gesagt okay, ein Konzept wofür die Fruit Logistica perfekt ist, um den richtigen Kunden zu treffen, ist die Nuss anzubieten in der Schale. Aber wir sind auch dabei, wir haben schon einige Tonnen jetzt im Lager liegen mit Nusskernen. Wir sind in der Entwicklung, um die zu blanchieren oder die zu rösten oder die zu karamellisieren oder als Zutat zu machen für z.B. die Schokoladenindustrie und die Nuss hat einfach extrem viel Potenzial.

Also ich finde auch, es hat einen sehr milden Geschmack, gleichzeitig so ein bisschen wie eine Haselnuss, ein bisschen milder sogar als eine Mandel. Wirkt auch sehr fett. Gibt es auch ein Öl aus der Pilinuss?

Sehr viel Öl, also die Nuss ist sehr ölig oder sehr buttrig, wie man auch sagen könnte. Die wird auch vor Ort gepresst, z.B. auf den Philippinen, dort wo ich es gesehen habe, macht man auch Lippenbalsam oder Lippenbalm daraus. Die Nuss ist extremst ölig im Vergleich zu anderen Nüssen, die es auf dem Markt gibt.

Ich meine, einerseits schmeckt sie lecker, aber man hat doch relativ viel Abfall. Was passiert mit dieser Schale dann? Wird die dann auf den Philippinen verbrannt oder macht man damit, I don’t know, Ziegelsteine?

Ist auch eine Idee. Es gibt viele Möglichkeiten. Dort vor Ort verbrennt man die, also es ist eine Heizung, dass man damit kochen kann oder so. Es ist Hartholz aus dem, ja wie nennt man das, Amazonasgebiet. Es ist eine Schale, die man nicht knacken kann ohne den Nussknacker. Was interessant war, auf der Fruit Logistica habe ich ein paar getroffen und die wollten die Schale sehr gerne anfassen. Einerseits, um die Brennwerte zu entdecken, also als Pellets für den Kachelofen. Das andere ist, dass ich eine getroffen habe, die würde gerne damit hier in Europa Trinkbecher machen, also recycelbare Becher, um im Prinzip den Abfall neu zu verwenden.

Es gibt ja auch eine Firma, die macht z.B. aus Reisstroh die Parkettböden und die Schale ist ja von der Farbe auch sehr schön. Also das könnte ich mir auch gut vorstellen. Und das witzige ist, die Firma hat tatsächlich auch am Flughafen in Berlin einen Teil des Bodens gemacht und der ist aus Reisstroh. Das wissen die Wenigsten, gibt auch ein paar seltene Artikel dazu. Aber das fand ich ganz witzig, dass auch auf dem Flughafen Schönefeld quasi so Reste verwertet wurden.

Wenn du da Kontakte hast, dann können wir einen Pilinussboden machen.

Bevor wir aber über den Pilinussboden schreiten, da war ja noch, sage ich mal, einiges davor zu tun. Ihr habt ja die Nuss, wie du sagst, aus den Philippinen geholt. Wie haben die Menschen denn auf diese Nuss reagiert?

In Europa sind die Reaktionen extrem positiv. Also jeder sagt und es war auch wieder eigentlich das, was bei mir im Kopf hinterblieben ist, aber wir waren auch z.B. in Dubai letzte Woche, endlich mal was Neues. Also ich glaube wir waren die einzigen mit einer echten Innovation auf der Fruit Logistica. Jeder hat gefragt, was ist die Pilinuss und man hat auch gefragt, ist das euer Name oder heißt die Nuss tatsächlich Pilinuss? Also die Reaktionen auf die Tatsache, dass es eine echte Innovation gibt, war sehr positiv. Das zweite ist, sobald man die verkostet hat, geschmeckt hat, hat man sehr erstaunlich reagiert von Ah, die ist ja buttrig-ölig, wie du sagst, Richtung Haselnuss, Paranuss und das finden die meisten sehr interessant.

Jetzt hast du ja vorhin erwähnt, die Nuss war bis vor kurzem in Europa verboten. Warum denn das?

Ja, wie soll ich sagen, wenn man etwas nicht kennt, dann muss es erst mal zugelassen werden in Europa. Einerseits ist das eine gute Sache, andererseits war es damals vor sechs Jahren echt schade, weil es ist ein Produkt aus der Natur, es ist eine Nuss, die vom Baum kommt und warum so etwas nicht zugelassen ist, hat uns verwundert, aber die europäische Kommission lässt Lebensmittel zu. Ab dem Moment, wo man nicht vorweisen kann, dass es vor 1996 eine gewisse Menge war, die importiert wurde in Europa, bedeutet das, dass man dann das Novel-Food-Prozedere durchlaufen muss.

Also jetzt mal langsam zum Mitschreiben. Das heißt, du musst jetzt ganz viele Menschen finden, die vor 1996 die Pilinuss gegessen haben oder du musst irgendwie beweisen, dass es kein Novel Food ist oder dass das niemanden vergiftet oder dass keiner an der Schale erstickt oder an der Schale sich zu Tode beißt oder wie stelle ich mir das vor?

Genauso ist es. Also der erste Schritt, den wir gemacht haben. Ne, vielleicht andersrum. Als ich den Rückruf hatte und er hatte übrigens in Österreich angefangen, Stefan, vielen Dank.

Was heißt, dort ist ein Rückruf? Von der Pilinuss ja wahrscheinlich nicht.

Doch, doch.

Ah ja okay. Das heißt, die haben dann dich verklagt und haben gesagt, du, die Nuss ist verboten?

Ja, die Lebensmittelbehörde in Österreich hat die Nüsse gefunden im Handel in Österreich und kam dann zu der Schlussfolgerung, wir kennen diese Nuss nicht, lieber André, hol bitte die Nüsse von unserem Markt. Und ab dem Moment hat die österreichische Lebensmittelbehörde die deutsche Lebensmittelbehörde informiert. Die deutsche hat alle Länder informiert und ab dem Moment – innerhalb von weniger als drei Wochen – gab es keine Pilinüsse mehr in Europa zu finden.

Das siehst du, mit den Österreichern ist nicht zu spaßen.

Absolut.

Also die Österreicher haben den Deutschen die Pilinüsse genommen und dann ganz Europa.

So ist es. Also ihr seid Schuld daran.

Und bist du wenigstens im Gefängnis gelandet für diese Kriminaltat?

Das wäre schön gewesen. Die Erfahrung habe ich noch nicht.

Das wäre schön gewesen. Erzähl, was dann passiert.

Nein, ab dem Moment, wo im Prinzip die Lebensmittelbehörden geprüft haben, was für eine Nuss es eigentlich ist und wie die überhaupt in Europa reingekommen ist, hat man festgestellt, die Nuss ist unbekannt. Bitte weise erstmal vor, dass es diese Nuss schon vor 1996 in Europa gegeben hat und die gab es nicht. Es gab mal Importe von ein paar Kilo hier und da, aber wir konnten nichts vorweisen, was statistisch angegeben wurde. Ab dem Moment wurde es spannend, da habe ich den Hörer genommen und habe die philippinische Botschaft in Brüssel angerufen. Da habe ich den Lobbyisten vom Landbauministerium gefragt ‚Erzähl mir was über Pillinüsse, weil alle wollen es wissen. Ich möchte es gerne verkaufen. Erklären Sie doch mal, was für eine Nuss das ist und worum es geht.‘ Und das konnte er auch nicht.

Ja und dann?

Dann habe ich das Auto genommen.

Also ich meine jetzt mal grundsätzlich so, wie stelle ich mir denn das vor? Du greifst zum Hörer, rufst irgendwo in Brüssel bei einem philippinischen Konsulat an und sagst ‚Hallo, ich bin André, ich möchte jetzt die Pilinuss und ihr helft mir.‘

Genau so war es tatsächlich. Dann haben wir gesprochen, ich habe ihm das Projekt erklärt, ich habe erklärt, was passiert ist und ab dem Moment haben wir gesagt, wir müssen uns treffen. Ich bin ins Auto gestiegen, nach Brüssel gefahren und habe ihn getroffen und wir haben über die Pilinuss gesprochen. Das Witzige daran ist, dass auch er, er kommt aus Manila, hat mal von der Pilinuss gehört, aber wusste auch nichts davon. Das bedeutet, dass es wirklich eine regionale Nuss war. Und er hat natürlich gesehen, dass wenn Europa interessiert ist an einen Lebensmittel von den Philippinen, ein Agrarprodukt von den Philippinen, war auch sein Interesse da, weil es ist sein Job, um im Prinzip philippinische Produkte zu bewerben in Europa und hat Interesse gesehen, hat einen verrückten Holländer gesehen, hat gedacht, komm wir steuern das Produkt an. Ab dem Moment bin ich mit dem Landbauministerium in Kontakt gewesen, auf den Philippinen gingen alle Türen auf bei der philippinischen Regierung.

Ja und da bist du dann auch hingefahren oder ging das dann über Skype oder wiehast du da die philippinische Regierung getroffen?

Die habe ich getroffen, weil ab dem Moment haben die gesagt ‚André, das ist ja sehr interessant, du hast ein Produkt was Europa interessieren könnte, willst du nicht hierher kommen und uns unterrichten in Qualitätsnorm, in Zertifizierungen, in Anforderungen vom europäischen Markt und vielleicht können wir das matchen mit unserer Pilinuss.‘ Also bin ich zusammen mit dem Mann aus Brüssel in den Flieger gestiegen, nach Manila gegangen und habe da erstmal viele getroffen aus dem Landbauministerium, viele getroffen von der Exportabteilung auch von natürlich auch die, ja das heißt das Bureau of Plantindustry, also die kümmern sich um alles was Natur anbelangt auf den Philippinen. Habe erklärt was mein Projekt ist, wie das aussieht, welches Interesse es überhaupt in Europa gibt was diese Nuss anbelangt und ja und so ist der Schneeball ins Rollen gekommen. Die haben mir vieles erklärt über was die wissen über die Pilinuss und da die Pilinuss damals noch ein regionales Agrarprodukt war und kein nationales Agrarprodukt, sind wir in die Region geflogen wo die Pilinüsse wachsen und da habe ich mein Projekt erklärt und da gab es von einem gewissen Teil der Bevölkerung ein absolutes Interesse und von einem gewissen Teil der Bevölkerung absolut kein Interesse, um dieses Produkt weiterzuentwickeln.

Wie viele Nüsse wachsen denn da? Sind da 10 Bäume, tausende Bäume, eine Tonne, 100 Tonnen?

Das sind tausende Bäume vielleicht.

Ich denke, wenn da jetzt vielleicht 100 Kilo wachsen und du machst da in Brüssel so ein Ding, vielleicht zahlt sich das ja nicht so ganz aus. Mal so leise gefragt.

Nein, absolut richtig.

Ab wie vielen viel Tonnen Pilinüsse zahlt sich ein Flug nach Manila aus?

Viele Tonnen. Nein, es ist eine absolut berechtigte Frage, die du da stellst, weil das wussten wir natürlich auch nicht und als ich das angefragt habe – der Mann heißt Pit – als ich Pit gefragt habe ‚Sag mir doch mal, wie viele Pilinüsse gibt’s eigentlich?‘ war er nicht in der Lage zu antworten, aber in Manila konnte auch keiner antworten und ich muss ehrlicherweise sagen, noch immer weiß man nicht, wie viele Pilinüsse eigentlich überhaupt in auf den Philippinen produziert werde. Also man ist wirklich am Anfang.

Das heißt, ich sollte diesen Sack mir gut aufheben. Wer weiß, vielleicht verkaufst du jetzt was, was du gar nicht hast.

Was das anbelangt, kann ich dich und alle Zuhörer beruhigen. Wir haben sehr viele Tonnen bei uns jetzt im Lager, also Mengen sind da genug. Aber es ist natürlich schon interessant, keiner weiß, wie viel überhaupt produziert wird und Export-Daten gibt es eigentlich nicht.

Gab es auch Situationen, wo du gesagt hast, jetzt pfeife ich drauf, ich meine, diese Nuss braucht eh kein Mensch, also jetzt lasse ich das alles.

Ab dem Moment, wo ich – weil ich habe natürlich einen Anwalt an die Hand genommen, der sich auskennt mit Novel Food und besonders auf internationaler Ebene – eine Anwaltskanzlei habe ich also beauftragt, um das in Brüssel vorzustellen. Und natürlich habe ich die Rechnungen gesehen und irgendwann gedacht: was mache ich eigentlich? Aber an der anderen Seite, es ist so ein spannendes Projekt. Es ist ja, ich bleibe dabei, sowas Besonderes. Ich kann im Prinzip sagen, dass ich die Pilinuss nach Europa gebracht habe und was anderes als Walnüsse, Pistazien oder Datteln verkaufe. Also die Herausforderung, die habe ich doch mal angenommen und ja nochmals, wir sehen ein großes Potenzial. Vielleicht interessant zu wissen ist, dass vor sechs Jahren haben wir diese Nuss verkauft und dann ist sie vom Markt verschwunden. Aber in die sechs Jahren, eigentlich jede Woche, ist eine Firma oder es sind Privatpersonen auf uns zugekommen und haben nach dieser Nuss gefragt. Also irgendwie ist das hängen geblieben. Aber zweitens ist das Interesse da, ob man in Asien im Urlaub war oder auf den Philippinen oder es damals probiert hat, weil wir haben sehr viel verkauft in der Zeit vor sechs Jahren. Je Woche ist eine Anfrage bei uns reingekommen, hat gesagt, können wir bei euch Pilinüsse kaufen? Und das ist dann wieder für mich so ein Zeichen gewesen, wo ich gesagt habe, okay André, durchziehen, wir wollen es machen. Das Interesse ist da, egal wie, wir wollen die Nuss nach Europa holen.

Auf diesem Kampf für die Nuss, sind dir da auch andere Lebensmittel begegnet, die Novel Food sind, also die verboten sind, als gab es da Verbündete?

Ne.

Keine?

Für mich nicht.

Aber ich meine, Chia Samen waren Novel Food lange, Stevia. Ich habe mal recherchiert, z.B. UV-behandelte Milch, die ja heute in jedem Supermarkt steht, damit sie länger haltbar ist, war auch mal Novel Food.

Echt? OK.

Wir hatten z.B. auch selber mal ein Projekt, ich habe mal einen grünen Smoothie entwickelt und der ist mit Weizengraspulver. Weizengrassaft ist nicht Novel Food. Weizengraspulver, also der getrocknete Saft, schon. Also es gibt schon sehr, sehr komische Blüten teilweise.

Ich weiß nicht, ob du dich weiter damit beschäftigt hast, aber Novel Food grundsätzlich ist echt ein Thema, was nicht einfach ist, weil wie gesagt, man muss sich beschäftigen mit Restlaufzeit, man muss sich beschäftigen mit den Nährwerten, man muss und das natürlich mit unterschiedlicher Analyse muss man das beweisen können. So, das ist das eine, was sehr schwierig war. Das andere war, auf den Philippinen gab es viele, die nicht dafür waren, die auch dagegen gesteuert haben, die auch sehr lange dagegengewirkt haben, um überhaupt Daten zu geben.

Und warum?

Unter anderem weil man Angst hat, dass die Nuss, dass man irgendwo anders in der Welt die Nuss anpflanzt. Die ist in der Schale. Man könnte denken, okay, wenn ich die Nuss nehme, dann drücke ich die irgendwo in einen Boden rein, in ein warmes Gebiet und dann wachst er auch. Ein Pilinuss funktioniert aber nicht, weil die Nüsse getrocknet sind. Also die können nicht reaktiviert werden. Aber das ist einer der Gründe gewesen, wo unter anderem innerhalb der philippinischen Regierung viele Stimmen waren, die gesagt haben, wir wollen das bloß nicht. Aber – und das ist das Interessante daran – der Landbauminister auf den Philippinen ist auch der Präsident und der Präsident hat, denke ich, auch Vorteile gesehen.

Wie ging es denn dann weiter? Also du hast gesagt, also du hattest den Präsidenten von den Philippinen hinter dir, du hattest den Anwalt in Brüssel sitzen, viel Geld verbraten, du wusstest nicht wie viele Nüsse es gibt und dann?

Irgendwann wurde so viel Druck gemacht, dass man gesagt hat, wir wollen es oder die Philippinen hatte sehr deutlich gesagt, wir wollen dieses Projekt starten. Es ist auch mittlerweile kein regionales Agrarprodukt mehr, aber ein nationales. Das bedeutet, mehr Subventionen sind da, die Bauern bekommen mehr Geld dafür, es gibt Investitionen, die vom Landbauministerium jetzt getätigt werden und man hat ganz klar auf den Philippinen gesagt, wir wollen dieses Produkt als Exportprodukt haben und haben uns die Informationen so gegeben, dass wir auch mit dem Thema Novel Food vorankommen konnten.

Aber wie denn? Ich denke die EU lässt sich ja sicher nicht beeindrucken, wenn jetzt die Philippinen sagen, das ist jetzt unser nationales Produkt, wir wollen das jetzt in die EU bringen. Da wird man ja trotzdem sagen, na ja, aber wir wollen trotzdem nicht, dass die armen Europäer sich an der Schale die Zähne ausbeißen.

Nein, aber die haben es natürlich gesehen auf den Philippinen als ein Produkt, was sie exportieren könnten und ein Produkt natürlich, was auch in den ländlichen Gebieten den Bauern helfen könnte. Die haben ganz klar auch Geld in die Hand genommen, um die Analysen zu tätigen, die wir brauchten für das Novel Food Thema. Wir haben das immer simultan laufen lassen, sowohl auf den Philippinen als auch in Europa, um auch die Ergebnisse matchen zu können.

Das heißt, du hast Analysen machen lassen von der Nuss?

Genau.

Und was wollten die da z.B. wissen? Also ob da jetzt Blausäure drin ist?

Die Nährwerte oder wie lange man die Nuss aufbewahren kann. Und was rausgekommen ist, ist, dass es auch z.B. sieben unterschiedliche Sorten Pilinuss gibt. Also wie nennt man das? Varietät. Also die Nuss als solches ist, wie nennt man das? Wie bei Haselnüssen gibt es neben Walnüsse gibt es Franquette oder Lara in Frankreich.

Wie bei der Kartoffel.

Genau, gibt es andere oder ich mag eher Wein. Also es gibt Merlot, es gibt Chardonnay. Solche Sorten gibt es auch bei der Pilinuss. Es gibt sieben Sorten.

Aber wenn ich jetzt so ein innovatives oder ein neues Lebensmittel habe, was dazu noch keiner kennt, wie setze ich denn dann da Qualitätskriterien fest? Also wie weiß ich denn, dass jetzt meine Pilinuss gut ist, eine gute Qualität hat? Ich frage das auch deswegen, weil z.B. es gibt ja auch viele Produkte, die ich heute im Regal habe, wo ich mich frage, ist das jetzt ein gutes Kokosöl oder ist das kein gutes Kokosöl? Viele denken, weil es jetzt nach Kokos riecht, ist es eigentlich gut? Ist ja nicht so, sondern das heißt, es ist eigentlich zu hoch erhitzt worden in der Produktion. Wie ist es bei der Pilinuss?

Es gibt Gott sei Dank keine Referenz gerade.

Es gibt keine Referenz. Du kannst uns irgendwas unterjubeln und wir werden alles schlucken. Die Niederländer!

Stefan, wenn es dir schmeckt…

Die Österreicher wissen schon, warum sie euch kontrollieren.

Nein, wenn es dir schmeckt, dann bedeutet das, dass es gut ist. Also wie gesagt, eine Referenz gibt es nicht oder noch nicht. Ab dem Moment, wo es vergleichbare Produkte geben wird. Natürlich kann man sagen, okay, der eine ist besser als der andere, aber wir sind in den Kinderschuhen von diesem Projekt und sogar auch für die Filipinos selber. Also wir sind jetzt dabei, vor Ort unter anderem zu helfen beim Anbau, bei der Trocknung. Das war total witzig. Einige Amerikaner haben gedacht, komm, wir können auch Pilinüsse anpflanzen, haben Land gekauft, Bäume darauf gesetzt und haben dann festgestellt, Mist, der Hälfte der Bäume gibt gar keine Frucht. Die wusste gar nicht, dass es ein Männchen- und ein Weibchenbaum gibt. Viele haben auf einer Insel die Bäume viel zu nah aneinander gepflanzt. Auch das funktioniert nicht. Wir sind jetzt dabei, denen zu helfen, auch damit, was ich aus Frankreich was Walnussbäume anbelangt weiß. Die brauchen einen gewissen Abstand, wie gesagt, es gibt Weibchen und Männchen und wir sind dabei, zusammen mit dem philippinischen Landbauministerium diese Art Projekte zu starten.

Ihr sucht jetzt die Weibchen?

Nein, die kennt man schon, aber wir haben Baumschulen, wir fangen an, dieses Projekt zu professionalisieren, sodass die Menschen vor Ort davon leben können und wir in Europa diese Nuss genießen können.

Als es dann so weit war und die EU-Kommission hat gesagt, du darfst die jetzt verkaufen, wie ging es dir da?

Dann habe ich den Champagner aufgemacht und habe erstmal gefeiert.

Kam dann irgendwie Frau von der Leyen und hat dir eine Medaille verliehen, eine goldene Pilinuss, oder was kriegst du da, wenn du so ein Ergebnis hast?

Gar nichts, nein, es wird einfach der Liste hinzugefügt und das war’s. Also da ist nichts Spannendes dabei.

Das ist eine Positivliste, also was auf dieser Novel Food Liste oben steht, das darf ich verkaufen.

Genau, also Europa-technisch ist da gar nichts, man hat die Zulassung bekommen und das erfolgt erst über die EFSA, das ist die internationale oder europäische Lebensmittelbehörde und danach muss jedes Land zustimmen und ab dem Moment, wo alle Länder in der EU grünes Licht gegeben haben, kommt es auf die Liste. Da passiert sonst nichts Spannendes, aber umgekehrt auf den Philippinen waren die natürlich sehr erfreut zu hören, dass deren Nuss exportiert werden darf.

Du bist der Held dort, wenn ich mit dir dorthin fahre, werde ich dann mit Champagnerflaschen begrüßt?

Ich nehme dich sehr gerne mit. Ein Teil ist, wie gesagt, ich denke, dass viele sehr happy darüber und viele sehr froh sind, dass es diese Markteröffnung für die Philippinen mit dieser Nuss gibt. Viele sind vielleicht auch weniger happy, weil vor Veränderungen hat der Mensch meistens ein bisschen Angst und schaut die Sachen skeptisch an und das habe ich diese Woche oder letzte Woche auch wieder gehört. Anscheinend ist der Name André Wielink relativ bekannt in der Region, wo die Pilinuss angebaut wird und ja wir haben natürlich schon sehr viel gekauft, bei gewissen Leuten haben wir nicht gekauft und das waren eher die Produzenten, die bekannt sind auf den Philippinen für Pilinüsse. Aber wir haben eher von anderen, von anderen kleineren Bauern gekauft und die sind mega happy. Also wir haben ein bisschen so die Balance im Pilinussverkauf verändert.

Das glaube ich. André, vielleicht zum Schluss eine ganz andere Frage. Ich hatte mal vor, ich würde gerne einen blauen Reis verkaufen. Und es gibt in Thailand eine sehr traditionelle Methode, Reis zu kochen. Und zwar kocht man den gemeinsam mit der Schmetterlingsblume. Die Schmetterlingsblume, die auch auf den klingenden Namen Blaue Klitorie hört und tja, die Blume ist Novel Food und nicht erlaubt. Wie wäre denn da dein Tipp, wenn ich jetzt so einen Klitorie-Reis verkaufen möchte? Würdest du mir davon abraten oder soll ich mich da jetzt auch auf den Weg nach Brüssel machen und sagen, blauer Reis, das braucht der europäische Magen. Würdest du diesen Gang noch mal gehen?

Auf jeden Fall. Ab dem Moment, wo man etwas Einzigartiges hat, bin ich voll dabei. Also, ich helfe dir.

Danke. Ich hoffe, sie werden sich nicht nur die Schlümpfe freuen. Lieber André, ich wünsche dir alles, alles Gute für deine Pilinuss und freue mich, wenn wir uns demnächst wiedersehen und gemeinsam die Nüsse knacken.

Auf jeden Fall. Ich mich auch.

Bis bald.

Tschüs.

Das wars für heute von Food Fak(t) und ich muss sagen, das war ein Gespräch, das mich fröhlich gestimmt hat, denn was für eine kleine Nuss funktioniert, das wird auch für andere, größere Dinge klappen. Wir haben gelernt, Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Innovative Ideen und Pioniergeist sind stärker als Bürokratie und gesetzliche Vorgaben, wenn man nur daran glaubt. Das und noch viel mehr lehrt uns das Beispiel der Pilinuss. Wer nun neugierig geworden ist und gerne probieren möchte, unter allen, die auf Instagram unter foodfakt_podcast ihren Kommentar zu dieser Folge posten, verlosen wir drei Säcke mit Pilinüssen. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.