Friedrich Büse, Gründer von Endori, zu Gast bei Food Fak(t)
Episode 11

Darum gehts in dieser Folge

In der neuesten Episode von Food Fak(t) tauchen wir tief ein in die Welt der Ernährung, Innovationen und visionären Lebensmittelkonzepte. Unser Gast, Friedrich Büse, Gründer des Unternehmens Endori und ausgewiesener Experte für Proteine und pflanzliche Lebensmittel, gibt faszinierende Einblicke in die Transformation von einfachen Zutaten zu nachhaltigen, proteinreichen Lebensmitteln. Von der Karotte bis zum Kaffiol – wir erforschen, wie das, was gestern noch auf dem Feld war, heute auf unseren Tellern landet, unter dem Motto “From Field to Fork”.

Hier die Folge zum nachlesen

Herzlich willkommen zu Food Fak(t). Auch heute tauchen wir wieder ein in die Welt der Ernährung, der Innovationen und der visionären Lebensmittelkonzepte. Ein waschechter Unternehmer steht uns Rede und Antwort. Friedrich Büse ist Gründer des Unternehmens endori und Experte für Proteine und pflanzliche Lebensmittel. Egal ob Karotte, Kartoffel oder Karfiol, was gestern noch auf dem Feld war, liegt heute schon bei Friedl auf dem Teller. Also, wie der Österreicher sagen würde, from field to fork. Mal sehen, wie Friedl seine Erbsen nachhaltig bändigt und er sie anschließend zu Geld verwandelt. Da wird selbst der Brokkoli vor Neid erblassen. Versprochen. Lieber Friedl, herzlich willkommen zu Food Fak(t). Ich freue mich total, dass du hier bist. Ich zeig dir mal so eine Packung, die ich letztens gefunden habe auf einer Messe. Und zwar ist das eine Inka-Sachi-Proteinpflanze. Nachdem du ja ein Proteinexperte bist, habe ich gedacht, ich probiere die jetzt mal, prost, Und frag dich, ob du die überhaupt schon kennst.

Na, also ehrlicherweise muss ich sagen auch hallo, grüß Gott auch zu dir. Nein, ich kenne es nicht. Also das ist immer das Schöne, man stellt immer mal wieder fest, was man nicht kennt. Ist mir noch nie untergekommen

Hast aber – ich habe es jetzt gerade probiert – nicht viel versäumt. Es schmeckt sehr säuerlich bis geschmacksneutral, soll laut Packung allerdings sehr viel Protein, Omega-3, Antioxidantien und Mineralien enthalten. Heute geht es ja weniger um Superfood in Pulverform, sondern heute geht es ein Stück weit um Superfood in Wurstform und alle anderen Food-Richtungen, die man so entwickeln kann. Du hast vor vielen Jahren das Unternehmen endori gegründet. Was genau steckt denn hinter endori?

Also hinter endori steckt eigentlich eine Entwicklung, die Anfang der 2000er sich bei mir festgesetzt und die ich dann gestartet habe. Es ging mir darum: Ich wollte, dass die Menschen weniger Fleisch essen und mehr pflanzliche Produkte und Proteine. Und die Idee damals war, dass ich gesagt habe, wie kann ich das hinkriegen, dass wir tierische Proteine gegen pflanzliche austauschen. Und dann waren viele Jahre Forschungen von 2004 eigentlich bis 2012 mit dem Fraunhofer, verschiedenen Universitäten und wir haben uns angeguckt, was für heimische Rohstoffe wachsen denn, die man für solche Produkte nutzen kann, eben um tierische Proteine zu ersetzen und haben aus 16 verschiedenen Pflanzen dann letztendlich sechs rausgepickt, die wir auch selber angebaut haben, die wir selber weiterverarbeitet haben, um die Proteine zu generieren, rauszukriegen, aber eben auch die ganzen Nebenströme wie Stärke, Fasern, Öle, je nachdem was das war, und die dann eben in der gesamten Lebensmittelbreite einsetzen zu können. Und 2015 war es dann so weit, dass ich die Informationen, die für mich wichtig waren dafür und die Partner mit an Bord hatte, insbesondere nach der Gründung die Familie Wedel. Und dann habe ich die Firma endori gegründet und damals hieß ja noch Amidori. Und wir haben dann angefangen, Fleischalternativen zu machen.

Also Würstel, Bällchen…

Ja, die Würste. Angefangen haben wir eigentlich, das erste Produkt war Thunfischersatz. Damit haben wir wirklich angefangen als allererstes. Verkauft haben wir dann aber die ganzen Produkte wie Geschnetzeltes auf pflanzlicher Basis, Pulled Pork, pulled chicken, Pulled Beef, aber eben alles auf pflanzlicher Basis. Das ging dann 2016 los und wir haben als erste Kunden, sinnigerweise hatten wir keine in Deutschland, sondern der erste Kunde, den wir hatten, war die Coop in Norwegen und als zweites die Ikea in Schweden. Das waren unsere ersten zwei Kunden.

Die Freunde in Schweden. Das ist ja super. Mittlerweile hast du ja das Unternehmen ein Stück weit auch verkauft oder ganz verkauft. Ich denke da immer, vor allem wenn ich in Hamburg bin, höre ich tausende Geschichten über Ankerkraut. Großer Skandal. Ankerkraut hat sein Gewürz Startup an Nestle verkauft und das hat ja einen Shitstorm ohne gleichen ausgelöst. Wie war denn das bei dir? Also ging das so lautlos über die Bühne?

Ich habe nicht verkauft, sondern ich habe nur zwei starke Partner mit reingenommen. Und ich bin auch immer noch drin in der endori, aber eben nicht mehr im operativen Geschäft, sondern als Gesellschafter. Und das ging eigentlich gut, weil ich glaube, was der Unterschied zu Ankerkraut war, dass wir wirklich uns bemüht haben, einen professionellen Prozess zu starten, um eben die passenden Partner zu finden. Und wenn man sich überlegt, der zog sich über neun Monate hin, wir haben 42 Interessenten damals in dem Prozess drin gehabt und drei hatten wir in der Auswahl. Und als Letztes war es dann wirklich Pfeifer & Langen, also eigentlich eine der drei Zuckerdynastien, die wir dann ausgewählt und sie uns auch ausgewählt haben. Wir hatten alle Multinationals dabei.

Also wer das jetzt nicht kennt, also da steckt ja Krüger Kaffee dahinter, Chio Chips. Also durchaus Marken, die man so im Supermarkt sieht.

Marken, die man kennt. Also insbesondere auch, du hast Chio Chips angesprochen, da ist halt die Intersnack-Gruppe, die ja bei weitem auch den größten Teil mittlerweile ausmacht. Der Zucker macht ja nur noch den – immer noch wichtig – kleineren Teil aus. Und da wir das alles professionell auf den Weg gebracht haben, und auch gesagt haben, wie diese Entwicklung weitergehen soll, dass auch klar war, sie übernehmen die Mehrheit, weil es war ja extrem wichtig, dass wir zusätzliches Investment in wesentlich größerem Umfang wuppen konnten. Da war das alles relativ smooth. Für mich persönlich war es natürlich eine große Umstellung. Also für mich war die Umstellung, aus dem Operativen rauszugehen, zu wissen, du musst dein Baby loslassen, du gibst das in andere Hände, das war nicht ganz einfach. Das holt mich ja heute ab und zu noch ein bisschen ein, aber es war trotzdem hundertprozentig die richtige Entscheidung. Und wir sind ja auf der Gesellschafterebene permanent im Austausch und gucken, was geht. Und egal, wo ich draußen bin, ist ja endori immer noch mit mein Baby, aber es ist eben nicht mehr mein operatives Baby, es ist jetzt, jetzt gibt es ein anderes.

Und was siehst du dafür vor oder für Nachteile durch die Zusammenarbeit mit einem Konzern?

Die Vorteile sind auf jeden Fall, dass wir wesentlich finanzkräftiger sind. Der zweite Vorteil: mich hat immer die gesamte Wertschöpfungskette interessiert. Ich war mir immer darüber im Klaren, aus der Fleischwarenindustrie kommt, also die wenigsten oder viele wissen ja gar nicht, dass ich Fleischer bin eigentlich vom Beruf. Da habe ich ja die ganze Wertschöpfungskette wirklich miterlebt, mitgestaltet, wirklich vom Bauern bis hin über den Schlachthof, bis dann in die Verarbeitung, alles. Und von daher wusste ich, dass wenn man im pflanzlichen Bereich wirklich etwas bewegen will und will erfolgreich sein, nicht nur kurzfristig, sondern langfristig, da musst du auch da die Wertschöpfungskette beherrschen. Und das war ein großer Vorteil, den ich mit Pfeifer & Langen hatte, weil die beherrschen Wertschöpfungskette seit 150 Jahren. Ob das jetzt die Zuckerrübe ist, die sie im Vertragsanbau machen, ob das die Kartoffeln sind, der Kakao in Lateinamerika oder Südamerika oder wo auch immer, das ist bei denen in der DNA. Deswegen ging es nicht nur darum, mal irgendwo Geld herzukriegen, da hätten wir vielleicht woanders noch mehr gekriegt. Aber diese Wertschöpfungskette zu generieren, zu wissen, dass du Menschen hast, die mit den Bauern diese Verträge aushandeln können, die Vertragsanbau beherrschen aus dem Effeff heraus und die dann natürlich Ahnung von Marketing haben, das war extrem wichtig. Und von daher war das alles tipptopp, kann ich nicht anders sagen.

Jetzt denke ich, jetzt fahre ich mal im Mai auf Urlaub, fahre nach Sri Lanka und dann entdecke ich dort, habe da ein Airbnb, sagen wir mal, und ich entdecke dort, ach, mein Vermieter, der hat auch eine Zimtplantage und der Zimt ist so grandios, ich will mich jetzt mit dem selbstständig machen, ich bringe den Zimt nach Deutschland, denn das ist der beste Zimt der Welt. Wenn ich dir jetzt so zuhöre, soll ich das jetzt machen oder nicht? Hat mein Zimt eine Chance, am deutschen Markt im Supermarkt zu landen oder muss ich dann irgendwann auch mir einen Konzern suchen?

Nein, ich glaube, das ist auch wichtig. Man muss immer wissen, was will man. Und ich wollte immer die breite Masse erreichen, weil für mich war es einfach wichtig, dass nur die Masse letztendlich, also die Masse wirklich an Umsatz, an Menschen, die die Sachen essen, die bewirken wirklich Veränderungen. Und beim Zimt, das ist ja nicht etwas, was wir jeden Tag essen. Ich meine, wenn du das rüberbringst, dann wirst du dich freuen, wenn alle den Zimt essen. Aber Zimt, das ist ja etwas, das ist ein bisschen einfacher, glaube ich. Du musst natürlich die Qualitätskriterien angucken. Das sind viele Sachen, die beim Zimt auch eine Rolle spielen. Aber da, glaube ich, gibt es immer noch eine Chance. Entweder ob du selbst vermarktest, fängst klein an, hast Besonderheiten, hast wirklich auch Kontrolle, wie du die Rohstoffe rüberholst, nachhaltig, dann glaube ich, ist es eine Chance. Wenn du Sachen hast, die zum alltäglichen Verzehr dienen, also wirklich center of the plate als Proteinquelle dienen, dann glaube ich, ist das was anders. Das macht keinen Sinn, die aus Overseas, also irgendwo anders herzuholen aus der Welt, weil das vom Nachhaltigkeitsgedanken, die Volumina sind viel zu groß, das passt nicht. Aber für deinen Zimt sehe ich da immer noch gute Chancen.

Aber insgesamt habe ich doch das Gefühl, es ist schwieriger geworden, so eine Produktidee auf den Markt zu bringen oder was Innovatives auf den Markt zu bringen. Also ich war unlängst auf einem Vortrag, da hieß es, also es ist überhaupt nicht mehr die Zeit für ein neues Markenprodukt. Also die haben gar keine Chance, dass sie im Supermarkt stehen. Wie siehst du das? Ist das heute eine größere Herausforderungen oder würdest du sagen, na, wo ein Wille ist…

Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Der Meinung bin ich immer noch. Ich glaube, es ist eine größere Herausforderung. Das merken wir ja gerade mit unserem neuen Baby Beetgold, was wir von der Hochlandgruppe übernommen haben. Da merken wir das ja auch, dass wir erst einen Haufen Arbeit reintun müssen, um eben in einer ganz anderen Art und Weise als Start-up eben im Markt erfolgreich zu sein. Und das große Problem in dem Bereich, wenn wir jetzt darüber sprechen, plant based, alternative Proteine, ist natürlich, dass sich zu viele rumgetrieben haben auf dem Gebiet, die eben kein Wert gelegt haben auf die Rezeptur, die eben keinen Wert drauf gelegt haben, wo kommen die Rohstoffe her, die keinen Wert gelegt haben auf Nachhaltigkeit. Deren Ziel war einfach: Hauptsache, wir haben jetzt auch was veganes oder wo irgendwo ein Label drauf ist. Und das hat dem Markt geschadet, das hat der Glaubwürdigkeit geschadet. Da ist auch die Fleischwarnindustrie nicht unschuldig, weil sie einfach die Rohstoffe von irgendwoher gekauft haben. Lassen wir Rügenwalder mal ein bisschen außen vor. Das glaube ich, ist ein Problem und das hat in diesem Markt auch zu manchem Nachteil geführt und zu Verzögerungen, dass das sich entwickelt.

Warum lassen wir da jetzt Rügenwalder außen vor?

Also ich bin mit vielen Sachen, die die gemacht haben, überhaupt nicht einverstanden. Das liegt einfach an der Natur der Sache, weil ich grundsätzlich meine, dass die Fleischwarenindustrie da sich schwer getan hat in den letzten Jahren, es sauber und ordentlich zu machen. Und das meine ich, ist bei Rügenwalder ein bisschen anders, weil die haben eigentlich alles immer sauber und ordentlich kommuniziert. Und sie haben sich auch wirklich bemüht, heimische Rohstoffe einzusetzen. Sind dann teilweise von ihrem eigenen Erfolg auch ein bisschen überrollt worden. Hatten dann ja die Thematik des Eiklar, was ja speziell die Wurstsachen auch so unique gemacht hat von der Qualität.

Das heißt in der Wurst und überall war Eiklar drin und damit war es dann nicht mehr rein pflanzlich.

Genau, und dann war es eben vegetarisch. Das haben sie auch sauber ordentlich gemacht. Jetzt ist das meiste umgestellt, auf wirklich reinpflanzlich. Aber die haben sich wenigstens bemüht, diesen Anbau und diese Rohstoffe wirklich aus heimischem Anbau herzuholen. Heimisch meine ich jetzt Europa, nicht unbedingt nur Deutschland. Aber wenn du dir anguckst, der Großteil der Rohstoffe, die eingesetzt wird, kommt eben nicht aus Deutschland, kommt nicht aus Europa, sondern kommt von Overseas, insbesondere bei vielen Marken, die extrem preisaggressiv rumgehen und das hilft nicht. Das ist das, warum ich die ein bisschen ausgenommen habe. So haben wir alle mit unseren Problemen zu kämpfen. Es gibt ein paar, die sich jetzt bemühen, auch ihre Supply Chain eben besser zu organisieren, nachhaltiger zu organisieren, aber da ist noch viel Arbeit und das hat so einen Bruch gegeben in dem Bereich. Und das andere ist natürlich, dass Corona auch im Handel viel verändert hat, bei den Verbrauchern viel verändert hat. Das heißt, wenn du von deiner Zimtstange redest oder vom Zimt grundsätzlich, neuen Marken an sich: da werden wir die Herausforderungen haben, dass wir alle, die das tun, etwas dafür tun müssen, dass der Kunde uns nicht als MeToo wahrnimmt, sondern dass wir neben dem guten Geschmack, der Topqualität, einen Erlebnischarakter damit hinkriegen. Und wenn wir den nicht hinkriegen über den Ursprungsort der Rohstoffe, über die Geschichte, die dahinter ist, über die Verpackung, über die Geschichten, die wir erzählen und so weiter, dann hat der Handel auch kein Interesse daran, weil der hat ja nur begrenzte Regalmeter zur Verfügung, sowohl gekühlt als auch TK, als auch Trockensortiment. Das heißt, da sind wir, die neue Marken in den Handel bringen wollen, auch gefragt, dem Endverbraucher und damit dem Handel etwas zu bieten, was für Interesse sorgt, dass du es auch verkaufen kannst.

Jetzt hast du ein paar mal die Lieferkette erwähnt und bist ja auch Experte ‚From field to fork‘. Was genau bedeutet das? Also was wächst da im Feld, was landet auf der Gabel?

Du fängst im Grunde schon früher an. Also gehen wir jetzt mal davon aus, insbesondere bei den Leguminosen, da hatte ich diese Woche wieder ein interessantes Meeting von Legunet, das ist ein Verbund, die sich alle um die Leguminosen kümmern. Das fängt eigentlich bei der Saat an.

Also Hülsenfrüchte.

Genau, das sind die Hülsenfrüchte, aber das gilt auch für Getreide und andere Sachen. Du musst immer anfangen bei der Saat, du musst am Ende wissen, was brauchst du. Und du musst dann eben dafür sorgen, dass du am Anfang des Prozesses das Richtige hast. Und warum ist die Saat auch wichtig? Weil wir in Deutschland komplett unterschiedliche Zonen haben, wo was wächst. Wenn du nach Mecklenburg-Vorpommern gehst, hast du extrem sandige Böden, in Niedersachsen hast du extrem nasse Böden, in Bayern extrem schwere Böden. Und so geht das durch ganz Deutschland verteilt. Und da musst du von der Saat halt die richtige Saatauswahl treffen, damit das da auch optimal wächst. Sonst haben der Bauer und der Landwirt das Problem, dass er nicht genug Ertrag erwirtschaftet. So, das heißt, da fängt es schon an, da ist das erste. Und dann musst du Bauern finden, wo du ja nicht nur sagst, baut mir dieses Jahr mal eine Erbse, Linse, Bohne, Raps oder was auch immer an, sondern du musst mit denen ja, wenn du es ernst meinst, musst du mit denen eine vernünftige Fruchtfolge auf die Beine stellen. Und das ist eine Planung für fünf bis sieben Jahre. Das bedeutet nämlich, wir wollen reduzieren den Stickstoffeintrag, das heißt künstliche Dünger, wir wollen reduzieren, was an Pestiziden, Fungiziden und so weiter aufs Feld kommt. Und auch das hängt ganz eng zusammen mit der Fruchtfolge, die du auf das Feld bringst. Einfaches Beispiel, du bringst, bevor du etwas anbaust, was hochwächst, bringst du Bodendecker drauf, damit sich weniger Unkraut bildet, da musst du weniger spritzen. Und bei den Leguminosen hast du den Vorteil, dass sie aus der Luft den Stickstoff binden, also im Grunde selbst den Dünger für die nächste Fruchtfolge bilden. Und all diese Sachen muss man berücksichtigen, wenn du jetzt vom Feld anfängst. Und dann musst du in die Verarbeitung, da musst du überlegen: Okay, wo sammelt man das denn von den Bauern? Weil wir wollen ja nicht nur die großen, sondern wir wollen auch kleine, mittelständische. Da musst du also Partner haben, wo die ihre Erbsen, Linsen, Bohnen, was auch immer hinbringen können. Dann geht es in den nächsten Verarbeitungsschritte. Du musst das Protein rauskriegen. So, und wenn du das Protein rausgekriegt hast, die Pflanze ist ja nur zu einem kleinen Teil Protein. Du hast einen Haufen Stärke, du hast einen Haufen Fasern.

‚From field to fork‘ gibt es es nicht nur für Proteine, oder? Also das könnte ich jetzt auch mit Tomaten machen?

Das kannst du mit Tomaten machen. Bei uns wirst du es jetzt erleben z.B. mit Karotte in Zukunft, in dem neuen Baby jetzt, bei Beetgold, mit Pastinake, mit Karotten, mit roten Beten, mit Sellerie, mit Kartoffeln und vielen anderen Sachen.

Ist das dann eine normale Karotte? Also in die ich reinbeißen darf, oder was ist das dann für eine Karotte?

Da darfst du reinbeißen, in die verschiedenen Farben. Und die schmecken auch. Sie schmecken echt nach ner Möhre.

Das heißt, es ist nur eine Karotte, ja? Also nichts dahinter? Sicher?

Sie müssen eine Süße haben. Ich will ja keinen Zucker zufügen, sondern ich möchte ja, dass der aus der Frucht vom Feld kommt. Und so gilt das gleiche, was auf der einen Seite jetzt für die Eiweißpflanzen gilt, natürlich auf der anderen Seite fürs Gemüse und für Obst übrigens auch wieder.

Das ist ja hochinteressant. Hast du das eigentlich alles selber gelernt? Du hast vorhin gesagt, du bist Fleischer und jetzt bist du Bauer. From Farmer to fork.

Ja, passt auch. Ich habe das Glück gehabt, dass mein Großvater mütterlicherseits in Niederbayern, dass der einfach Bauer war. Das heißt, wir haben das immer vom Kindheitsbeinen mitgekriegt und zu sehen, wie auf dem Feld was wächst – aber das gilt für mich genauso für einen Blumentopf – zu sehen, wie was wächst und was der Mensch dann daraus machen kann, wenn er vernünftig mit diesem Gut umgeht, das war für mich schon immer faszinierend. Und jetzt habe ich einfach das Riesenglück, dass dadurch, dass ich mehr pflanzenbasiert mache und weniger Fleisch, ich natürlich noch viel mehr die Möglichkeit habe, mich auf dem Feld zu tummeln, mich mit den Bauern zu streiten, einfach auch das voranzubringen. Mit manchen musste ich ja streiten, wenn du sagst, mach doch mal weniger Vieh und mehr Eiweißpflanzen oder Gemüse etc. Und das ist extrem befriedigend. Und dann hat es natürlich viele Menschen drumherum, die mir helfen, das, was ich nicht weiß, auszufüllen und ich weiß das allermeiste nicht. Dann hilft halt extrem viel, dass ich Menschen habe, die ich fragen kann und die mir auch sagen, wenn ich Blödsinn erzähle, da sind die auch stumpf. Und somit lerne ich natürlich von Tag zu Tag hinzu. Und das hilft extrem, Wertschöpfungsketten zu verstehen. Es hilft aber auf der anderen Seite eben auch, was auch ganz wichtig ist, Verständnis für diese Wertschöpfungskette und die Menschen, die in dieser Wertschöpfungskette arbeiten, zu entwickeln.

Welche Rolle spielen da Technologien? Also ich frage jetzt in Richtung auch KI. Ich habe letztens einen Artikel gelesen, dass z.B. Lebensmittelfarbe auf Früchte draufgedruckt wird. Das sind dann irgendwelche Codes, mit denen man nachvollfolgen kann, wo die Karotte oder so herkommt oder Rezepturen, die dann mit KI entwickelt werden.

Also da kann ich auch wieder beim Feld anfangen. Ich bin übernächsten Monat in Kanada und halte da einen Vortrag auf einem der größten Symposien, die genau zu dem Thema sind. Technologie in der Landwirtschaft, was bedeutet das letztendlich für den Bereich Food, also für die Rohstoffe, die da vom Feld kommen? Da ist die Technologie extrem wichtig, insbesondere was auch im Biobereich extrem wichtig, weil es eben darum geht, wir haben immer weniger Menschen zur Verfügung, die aufs Feld gehen. Und wenn wir weniger Pestizide einsetzen wollen, Herbizide, dann müssen wir natürlich auch das Unkraut irgendwie aus dem Feld rauskriegen. Und da ist es extrem wichtig, dass wir Maschinen haben und dass Maschinen entwickelt werden, die auch über KI mitgesteuert werden, die das für uns übernehmen können, weil wir das nicht mehr leisten können. Und das gleiche gilt in einem anderen Bereich, Hyperspektralanalyse. Da fliegst du mit Drohnen über die Felder und kannst im Grunde genau sehen, an welcher Stelle im Boden wächst ein Pilz. Das ist nur durch eine Kamera, die verschiedene Farben filtert. Also es hört sich einfach an, ist hochkomplex, aber du kannst wirklich genau sehen, wo habe ich einen Befall und dann spritzt du nur da.

Auf einem Feld, z.B. also auf einem Weizenfeld.

Noch wichtiger bei Wein, beim Weinanbau. Beim Weinanbau kannst du, in Australien und anderen Ländern wird es oft schon eingesetzt, wirklich gucken, wie viel Zucker ist im Wein und wann ist der optimale Erntezeitpunkt. Und das kannst du dann eben auch genauso auswerten, indem du über die Felder fliegst und sagst, nur an dem Stück fehlt ein bisschen Dünger. Und dann bringt die Maschine natürlich da nur den Dünger ein und düngt nicht das ganze Feld. Also das sind alles Sachen, die sind extrem wichtig, die entwickeln sich schnell weiter. Die Gefahr meiner Meinung nach ist nur, dass wir aufpassen müssen, dass diese Informationen in Public hands bleiben und nicht alle nur bei Privatunternehmen.

Aber das heißt, es gibt dann kein gutes Weinjahr mehr und kein schlechtes, sondern dann habe ich sozusagen die KI, die mir sagt: Aha, jetzt ist er fertig, die Traube. Jetzt musst du sie pflücken.

Hört sich einfach an, ist aber nicht ganz so einfach. Aber ja, es macht einen Riesenunterschied, weil es natürlich auch hilft, die Qualität zu steuern und dafür zu sorgen, dass die Qualität eben kontinuierlich gut ist, wie der Endverbraucher es ja auch erwartet. Wir können ja noch für Geschmackserlebnisse sorgen, aber der Verbraucher ist da verwöhnt.

Ist es dann noch nachhaltig? Ist das dann auch umweltverträglich, wenn ich das so technologisiere?

Es geht fast nicht nachhaltiger als so, insbesondere auf der großen Fläche und mit den Milliarden Menschen, die wir ernähren müssen. Wenn wir wirklich umweltschonend die Sachen anbauen wollen, dann sind diese Technologien wirklich extrem wichtig. Sie sind nicht in allen Bereichen wichtig. Und ob wir die alle auf dem Handy brauchen, da streite ich mal drüber. Aber ich glaube, für die Lebensmittelversorgung ist es extrem wichtig, weil es einfach uns hilft, Ressourcen zu sparen und weil es sicherstellt, dass wir die Menschen, diese Menge an Menschen auf der Welt, an all den Plätzen in Zukunft auch vernünftig ernähren können, ohne dass wir permanent die Böden auslaugen oder sie permanent überdüngen und viele andere Sachen auch. Und da glaube ich, ist es extrem wichtig.

Also Hammer. Das finde ich auch spannend. Ich glaube aber, das ist ja tatsächlich fast eine eigene Sendung oder ein eigenes Gespräch. Lass uns doch noch mal zu Irodima kommen. Du hast ja gesagt, zwischenzeitlich hast doch ein neues Unternehmen gegründet. Worum geht es denn da? Karotten zu verkaufen alleine wird es ja nicht sein.

Nein, das ist es nicht. Was haben wir uns gedacht? Also wir haben uns über Wertschöpfungskette ja gerade unterhalten, habe ich ein bisschen erklärt. Und das zweite Thema, was mich umtreibt, ist immer das Thema, auf der einen Seite Produkte so naturbelassen wie möglich einzusetzen, um finale Produkte zu machen, die dem Konsumenten schmecken. Auf der anderen Seite habe ich aber auch überhaupt kein Problem mit so called highly processed. Aber ich möchte auch gucken, wie kann ich jetzt etwas machen, was ganz nah an der Natur dran ist? Und auf der anderen Seite, wie kann ich Nebenströme verwerten? Nebenströme heißt also, wenn ich aus einer Pflanze jetzt z.b. einen Saft presse, dann bleibt ja der Trester über. Was mache ich mit dem Trester? Verfüttere ich den an die Schweine und subventioniere da wieder die Tierfütterung, die Tierindustrie oder überlege, was kann ich Tolles daraus machen und wie muss ich den Prozess steuern, damit ich ein tolles Produkt am Ende daraus machen kann.

Also Upcycling quasi, das Schwein soll doch nochmal durch den menschlichen Magen.

Genau. Der Unterschied ist, deswegen ist Upcycling, hört sich immer so einfach an. Beim Upcycling musst du immer anfangen, wie muss der Rohstoff, das Lebensmittel beschaffen sein bei der Saftproduktion, damit ich den Sidestream, also diesen Trester am Ende auch verwerten kann. Weil wenn ich den nicht schrubbe, wenn ich den nicht sauber mache, wenn ich die Enden nicht abschneide, wenn ich nicht darauf achte, dass das schon alles tiptop sauber ist, dann kann ich den Trester auch hinterher schwerlich verwenden. Dem Schwein ist es egal, aber für uns, wir sind wesentlich empfindlicher, was eben Bakterien angeht etc. Da muss ich da anfangen. Genau das gleiche, ganz anderes Beispiel: Raps. Du kannst super Sachen aus dem Raps-Presskuchen machen, wenn du das Öl abpresst. Wenn du aber nicht vorher die Rapskerne, die sind ja mini, wenn du die nicht vorher reinigst und die Schale abmachst, kannst du auch den Presskuchen vergessen.

Beim Kokosöl ist es ja auch so, also das Kokosmehl ist ja nichts anderes als der Trester.

Die Kokosnuss hat natürlich den Vorteil, dass sie schön eingepackt ist. Das heißt, du hast kaum Platz für Kontamination. Das ist je kleiner die Saaten werden, je größer die Oberflächen werden, ein Problem.

Natürlich eingepackt, meinst du, mit der Schale?

Genau. Und das ist der große Vorteil eben bei all den großen Feldfrüchten, ob es jetzt vom Baum kommen oder wirklich vom Feld, wenn die eine dicke Schale drumherum haben. Bei anderen Sachen, bei anderen Pflanzen ist es ganz anders. Die Möhre wächst in der Erde, da muss ich also aufpassen, dass die Möhre wirklich sauber verarbeitet wird. Wenn ich hinterher den Trester nehmen will und das gilt für alles andere auch, aber dann kann ich da tolle Sachen draus machen. Und somit machen wir über Beetgold, ein Teil jetzt von Irodima, z.B. mehlfreie Wraps, Crêpes, Pizzaböden, die nur aus Gemüse bestehen.

Also doch nicht nur eine Karotte. Ich habe es gewusst.

Ja, wir haben einen, der ist nur Karotte. Da ist wirklich nur die Karotte drin.

Da tue ich mir dann Gemüse dann rein. Z.B. Karotten?

Ja, z.B. Karotten oder Salat oder eine Fleischalternative von endori und ein Dip, den ihr auch noch von uns, von Beetgold kriegst. Und wir müssen einfach zur ausgewogenen Ernährung dafür sorgen, dass wir ein bisschen mehr Gemüse uns reinpfeifen und Obst. Und wir haben uns überlegt – also das Team von Beetgold hat sich das schon viel früher überlegt – und wir haben überlegt, wie können wir das weiter fortführen? Wie kann man solche Produkte machen, die dann eben auch glutenfrei sind? Es geht nicht darum, nur glutenfreie Sachen zu machen, aber dass man eben was hat, wo du alle wertvollen Bestandteile aus dem Gemüse drin hast und dann eben leckere Sachen daraus machst. Das machen wir auf der einen Seite für die Wraps, Tortillas, Pizzaböden, Flammkuchen und viele andere Sachen. Und auf der anderen Seite machen wir das für Dips, Brotaufstriche und noch viele andere Sachen, die jetzt die nächsten Monate kommen.

Und ist das schon eine Marke oder kommt diese Marke?

Das ist eine Marke, die ist aus einem Ideenwettbewerb bei der Molkereigruppe Hochland entstanden vor ein paar Jahren. Und da hat das Team das weiterentwickelt, das Beetgold Team, die haben das top gemacht und jetzt muss das eben in die nächste Stufe. Jetzt muss man es eben in einen industriellen Maßstab übersetzen und das tun wir jetzt gerade und mit einem professionellen Team im Vertrieb, also einmal Produktion und dann Vertrieb und neue Produkte, das eben weiterzuentwickeln und dem Kunden nahe zu bringen.

Das klingt doch super. Das heißt, es gibt Grund zur Freude, weil neue Marken haben doch noch eine Chance, hoffentlich zumindest. So generell, welche Trends siehst du im Lebensmittelbereich, in der Lebensmittelbranche? Wo lohnt es sich vielleicht noch mitzumachen oder sich zu engagieren?

Also ich glaube, ein wichtiges Thema, was bei uns leider in Deutschland und ich weiß eigentlich gar nicht, warum das so ist, was leider immer noch viel zu stiefmütterlich behandelt wird, ist das Thema Regionalität. Wir reden zwar alle davon, aber wir setzen das eigentlich markttechnisch nicht richtig um. Wenn ich mir das in anderen Ländern angucke, ich fange jetzt mal weit weg an, in Japan, da ist das so gang und gäbe, dass die Leute in der Region, wo sie wohnen und leben, auch Produkte aus der Region kaufen. Frankreich viel weiter, Italien viel weiter. Wir hängen da irgendwo ein bisschen hinten dran, weil das natürlich mit Aufwand verbunden ist. Also du musst ja die Rohstoffe, du musst die Rohstoffsicherheit generieren, du musst die verarbeiten, auch in kleinerem Umfeld musst du das dann können. Aber der Riesenvorteil ist, dass du halt nicht nur ein Schild dranhängst, dass du sagst, okay, das ist jetzt bio, sondern dass du sagen kannst, dass die Menschen sich identifizieren können mit den Produkten und mit der Geschichte, die hinter den Produkten steht. Und das machen ja selbst die Discounter und auch der LEH hat das ja erkannt, dass sie also regionale Produkte bei sich in die Frischebereiche reinpacken. Aber es ist halt im Vergleich zu anderen Ländern immer noch klein. Ich glaube also, wenn man diesen regionalen Charakter weiter fördert, auch politisch fördert, wenn man lernt, dass nicht alle Fabriken riesig sein müssen, sondern dass es manchmal auch kleine Manufakturen tun und dass nicht alles billig sein muss – preiswert ja, aber nicht billig, – dann glaube ich, hat gerade das regionale Bio auch neben konventionell eine große Chance, da was zu machen.

Das heißt, ich werde also dieses peruanische Sachi-Inka-Pulver nicht importieren. Ich habe noch eine Packung, die kann ich dir gerne schicken im Tausch gegen einen Karotten-Wrap. Ich sage dir: vielen, vielen Dank für das superspannende Gespräch. Ich nehm jetzt noch mal einen Schluck. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Und ich wünsche dir alles, alles Gute für Irodima. Was heißt das?

Irodima heißt gesunde Erde. Ist eine Mischung aus altgriechisch und japanisch.

Gesunde Erde, gesunder Appetit. Danke, lieber Friedl. Bis bald.

Danke. Hat mich gefreut, Stefan. Ciao.

Das war’s für heute von Food Fak(t). Gut zu wissen. Mit jedem Bissen kann man die Welt ein kleines Stückchen besser machen. Und weil es so viel Spaß macht, gibt es in der nächsten Folge noch mehr dazu. So viel sei verraten, die Sojabohne weint schon jetzt leise im Regen. Wer das Drama nicht verpassen möchte, abonniert am besten jetzt gleich unseren Podcast, das gerne zusammen mit einer 5-Sterne-Bewertung auf allen gängigen Podcast-Plattformen. Gedankt seist du. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.