Jo Semola zu Gast bei Food Fak(t)
Episode 10

Darum gehts in dieser Folge

„Leute, hört auf, unser UNESCO Kulturerbe mit Füßen zu treten!“, verteidigt Jo Semola, Brotfluencer und Hobbybäcker, seine Leidenschaft. Mit ihm unterhalte ich mich über die Kunst des Backens: Ist Weizen wirklich so ungesund, wie es immer heißt? Gibt es kohlenhydratfreies Brot? Wie erkennt man gute, wie schlechte Backwaren? Lernt mit mir die Welt der Teigtipps, Mehlqualität und Getreidesorten kennen und findet heraus, was „Brot Jo“ alles über dieses spannende Handwerk zu erzählen hat.

Hier die ganze Folge zum nachlesen

Herzlich willkommen bei Food Fak(t). Knäckebrot, Graubrot, Pumpernickel. In Deutschland gibt es über dreitausend registrierte Brotsorten. Wir treffen heute einen leidenschaftlichen Brotfluencer, der die Welt des Brotbackens bereichert. Knusper, knusper, knäuschen wer ist heute im Food Fak(t) Häuschen? Jo Semola. Er nimmt uns mit auf eine kulinarische Reise, bei der wir das Handwerk des Brotbackens unter die Lupe nehmen. Stulle frei, es geht los. Lieber Jo, herzlich willkommen bei Food Fak(t). Ich freue mich total, dass du zu Gast bist und habe zu Beginn auch eine kleine Stärkung mitgebracht und zwar aus zwei verschiedenen Quellen Weißbrot, einmal ein Baguette vom Discounter und einmal vom Bioladen und ich habe mir gedacht jetzt zeig uns doch mal vielleicht so live, was sind denn so für dich die Unterschiede? Was schätzt du, wo kommt was her? Welches ist besser, welches ist weniger gut?

Ja erstmal vielen Dank für die Einladung. Sollen wir direkt reingehen? Ich würde hier mal das erste nehmen. Hier haben wir, also es ist beides offensichtlich Baguette oder Stangenweißbrot. Das eine kann man jetzt hier für die, die es im Video sehen, kann man hier schon sehen, das wurde offensichtlich auf einer Baguetteform gebacken, während das andere flach auf dem Stein oder auf einer Platte gebacken wurde.

Oder Backblech.

Oder einem Backblech, genau.

Was ist da jetzt der Unterschied? Ist das eine besser oder das andere, oder?

Nö, das ist jetzt völlig ohne Wertung. Es ist mir nur aufgefallen, also das riecht ein bisschen muffig. Sind die beide heute gekauft?

Ja die sind heute gekauft beide. Eines kostet €0,59 und eines kostet 3,20 €.

Okay, also das hier riecht auf jeden Fall frischer, es hat eine schöne weiche Krume – lieben die Leute immer, wenn man im Podcast isst, ne? Das ist richtig gut.

Ja ich finde das immer interessant, weil ich sehe das natürlich, ich kann es auch gerne beschreiben, wie du da das Brot zerpflückst, das ist fast schon so wie in der Kirche. Es gefällt mir sehr gut.

Wir haben hier auf jeden Fall eine sehr feuchte Krume, sie sind beide untypisch feinporig für Baguette muss ich sagen. Also ein Baguette hat oder in Frankreich hat ein Baguette sehr, sehr, sehr große Poren, da ist sehr, sehr viel Luft. Also die sind beide sehr kompakt.

Also zwei deutsche Exemplare haben wir hier. Gibt es eines von den beiden, wo du sagst, das ist dein Favorit, wo du sagst, das würdest du privat jetzt lieber haben?

Ja, also ganz klar das hier. Das hier würde ich auf jeden Fall lieber haben. Das hier ist ziemlich trocken. Ich würde auch von der Krumen-Struktur her sagen…

Also das feinere, weißere.

Genau, das feinere. Auch wenn es jetzt noch untypischer ist für Baguette eigentlich. Aber wenn wir uns jetzt mal von der Definition Baguette ein bisschen lösen, welches ich einfach so objektiv geschmacklich besser finde, ist es auf jeden Fall das feinere hier.

Ist auch in dem Fall – ich kann es ja jetzt auflösen – eine günstigere Variante. Es ist tatsächlich das vom Discounter. €0,59.

Wahnsinn.

Während das andere eben aus einer Bio-Backstube in Berlin ist, die vielleicht jetzt auch nicht so viel Kompetenz im Bereich Baguette hat. Das kann natürlich auch sein. So wie du sagst, es ist jetzt kein französisches, ne?

Baguette ist ein spezielles Gebäck, das kann man oder kann man nicht. Und das heißt nicht unbedingt, dass das jetzt eine schlechte Bäckerei ist.

Es ist auch die Frage, wie es morgen schmeckt, ne? Mit dem einen kann es wahrscheinlich jemanden erschlagen und das andere ist wahrscheinlich morgen noch genießbar und fluffig. Also es wirkt nur jetzt so, oder?

Ja, ja, genau. Also es ist trotzdem gut, aber es ist. Nee, also ich würde mich in dem Fall wirklich tatsächlich blind für das Discounter Baguette entscheiden.

Okay, gut. Also eins zu null für den Discounter. Das finde ich interessant. Gibt es so Kriterien, wo du sagst, das ist jetzt für dich ausschlaggebend, um Aussehen, Geruch, Textur von dem Brot zu bewerten, die Qualität zu bewerten.

Also je stärker der Brotgeruch ist, desto eher kann man davon ausgehen, dass das eine lange Reifezeit hinter sich hat. Weil so ein Brot, den Geruch, den kann man ganz schlecht reinfaken. Und lange Reifezeiten, das haben wir gelernt. Ich glaube, das ist mittlerweile auch relativ in der breiten Masse schon angekommen. Lange Reifezeiten sind einfach nicht nur für den Geschmack, für das Aroma besser, sondern halt auch für die Bekömmlichkeit. Da werden Giftstoffe, Schadstoffe abgebaut durch die lange Fermentation oder durch die Gärung, die da drin stattfinden. Und dadurch wird Brot besser bekömmlich. Es wird quasi ja vorverdaut. Also Fermentation ist ja in allen Bereichen der Küche, des Kochens ein Thema, was sich positiv auch auf Gut Health und so weiter auswirken kann und das passiert eben auch beim Brot und dadurch entsteht eben auch dieses Aroma, dass das für uns einfach besser schmecken lässt.

Aber ist jetzt dieses Discounter Brot eine lange Zeit gegangen oder kann man das irgendwie auch durch Zusätze vielleicht faken?

Höchstwahrscheinlich nicht. Das ist höchstwahrscheinlich nicht lange gegangen. Aber ich finde, dass beide keinen besonders intensiven, kein besonders intensives Brotaroma haben. Ja, das vielleicht noch ein bisschen mehr, aber also das von der Bio-Backstube hat schon ein bisschen mehr, aber wahrscheinlich der bessere, den besseren Vergleich hätten wir jetzt bei einem Weißbrot machen können, also bei einem ausgebackenen Brot, wo halt dann das Aroma auch stärker durchkommt.

Wie schmeckt man denn, wenn man so Brot verkostet, wie schmeckt man denn das richtig? Also welche Nuancen beachtet man da? Kaut man das lange, bis es sehr, bis es süß wird? Irgendwann wandelt ja glaube ich, die Stärke sich in Zucker um oder macht man dann nur den ersten Bissen und sagt gleich, das ist lecker oder nicht?

Na ja, sowohl als auch. Also auch Brot ist am Ende wie Wein, ne? So das eine, das was dem einen schmeckt, das muss der anderen nicht unbedingt schmecken. Also am Ende ist es halt auch alles irgendwie Geschmackssache, was man jetzt lieber mag, ob man diese Süße mag oder ob man diese Säurespitzen vom Sauerteig mag. Manche mögen überhaupt keine Säurespitzen in ihrem Brot. Absolut fair, will ich nicht beurteilen. Ich liebe es, aber wenn es jemand nicht mag, dann ist der vielleicht nicht die richtige Person für Sauerteigbrot.

Es gibt ja auch 3000 Brotsorten. Kann man da so eine Antwort überhaupt so generell geben? Es gibt unter den Brotsorten ja untereinander auch extreme Unterschiede oder?

Na ja, klar, allein schon unter den Getreidesorten. Ein Dinkel schmeckt anders als ein Weizen und ein Roggenbrot schmeckt noch mal komplett anders. Also ein Roggenbrot kannst du nicht mit dem Weizenbrot vergleichen. Ja, das grundsätzlich nicht. Ein Vollkornsaatenbrot kannst du schlecht mit einem Baguette vergleichen. Also es gibt, wie du sagst, es gibt halt große Unterschiede, allein schon in der Brotwelt. Aber was du natürlich vergleichen kannst, ist das schnelle, das innerhalb von einer oder anderthalb Stunden gebackene Weizenbrot mit Industriehefe und Backmitteln und das 24, 36 Stunden gereifte Weizensauerteigbrot. Die kannst du natürlich miteinander vergleichen.

Stichwort Weizen, der ist ja auch, sage ich mal, gerade in der Presse und in den social medias wird der ja auch ein bisschen kritisch gesehen, also dass man sagt, es schadet dem Körper, zu viele Kohlenhydrate, das Gluten. Wie siehst du das, was stimmt oder was ist vielleicht auch ein Irrglaube?

Kleiner Disclaimer ich bin weder Biologe noch Ernährungsberater, aber ich sehe das ganze bei Weitem nicht so kritisch wie das hochstilisiert wird. Also erstmal: viele wählen ja Dinkel über Weizen, weil sie irgendwie eingetrichtert bekommen haben, Dinkel sei gesünder als Weizen. Das einzige, was meines Wissensstandes nach an dieser Aussage stimmt, ist, dass manche Menschen, die Weizen nicht so gut vertragen, also das Weizengluten – und ich rede nicht über Zöliakie, das ist eine ernstzunehmende Autoimmunkrankheit, das ist auf einem ganz anderen Blatt, da reden wir gesondert drüber – aber manche vertragen Weizen halt nicht so gut. Die meisten von denen würden wahrscheinlich ein gereiftes fermentiertes Sauerteigweizenbrot trotzdem vertragen, weil das, was sie daran nicht vertragen, das ist da rausfermentiert, die vertragen dann aber Dinkel ein bisschen besser und das liegt daran, dass das Gluten im Dinkel diesen Reiz, den die Menschen da haben, ein bisschen weniger auslöst und das ist aber der einzige – meines Wissensstands und meiner Meinung nach – gesundheitliche Vorteil von Dinkel über Weizen. Weizen ist nichts Schlechtes, nur das was aus Weizen meistens gemacht wird, das ist schlecht und weil Dinkel so einen Ruf hat, das Gesündere zu sein, wird halt Dinkel viel öfter als Vollkorn verarbeitet, viel öfter in Bio-Qualität verarbeitet, viel, viel öfter zu gesünderen Produkten verarbeitet.

Ich habe auch gelernt, Weizen ist nicht gleich Weizen, ne? Also es gibt ja auch beim Weizen Unterschiede, selbst innerhalb des Korns und innerhalb der Vermahlungsart gibt’s ja verschiedene Qualitäten, auch vom Mehl.

Vom Mehl, aber es gibt ja auch zig Weizensorten. Es gibt ja nicht nur den einen Weizen sondern es gibt ja auch zig verschiedene Untersorten und Dinkel ist ja auch Weizen und Emmer und Einkorn und es ist ja alles Weizen, es ist ja alles eine Pflanzenfamilie.

Aber lass uns zu dem Mehl und zu dem Backen und zu den Rohstoffen selber vielleicht noch mal später kommen, weil das finde ich ein recht interessantes Thema, aber bevor wir uns jetzt sozusagen da weiter in den Discounter und den Bioläden umgucken: du bist ja eigentlich derjenige, der backt und da habe ich natürlich in deinen Büchern gelesen backen, das ist Präzision, aber das ist Improvisation, Intuition, Gefühl und vor allem Liebe. Das ist ja wow, das ist riesig leidenschaftlich. Woher kommt die Leidenschaft?

Also ich glaube, ein Stück weit kommt sie daher, dass mir das Backen in einer sehr, sehr schwierigen Phase meines Lebens sehr geholfen hat. Also ich habe Ende 2019 in meinem letzten festangestellten Job einen Burnout erlitten und infolgedessen Depressionen bekommen und hatte da wirklich eine sehr, sehr schwierige Zeit. Und jetzt ist es ja bei Depressionen so, dass man so im gewissen Maß die Kontrolle verliert über seine Emotionen, über seine Gefühlslage, auch über seine Gedankenwelt und also es ist begleitet von. Ich habe mich immer mit einem sehr, sehr großen Kontrollverlust konfrontiert gefühlt in dieser Zeit. Und Kontrolle konnte ich aber in der Küche mir zurückholen. Ich konnte in die Küche gehen und ich konnte, ich koch auch leidenschaftlich gerne und ich konnte mich 3 Stunden, ich habe es meiner Frau gesagt, pass auf, mir geht’s heute richtig scheiße. Du siehst mich jetzt 3 Stunden nicht, danach gibt’s was Feines zu essen, aber 3 Stunden muss ich mich hier mit meinem Ding beschäftigen und dort und das konnte ich kontrollieren und den Teig konnte ich kontrollieren und ich wusste, wenn ich, wenn ich das jetzt mache, wenn ich das in diese Arbeitsschritte, diese Mengen Verhältnisse, diese Hilfe, dann kommt das am Ende raus. Also so konnte ich mir diese Kontrolle zurückholen. Ich glaube, das ist ein sehr emotionaler Verbund, der zwischen mir und dem Produkt dabei entstanden ist, weil es mich halt ein Stück weit aus dieser emotionalen Krise, aus dieser Erkrankung ein Stück weit mit raus begleitet hat.

Krass. Und wenn man jetzt sich dein Content so ansieht, dann hat das ja alles ein super hohes Niveau. Also wie bist du auf dieses, sag ich mal, das sind ja auch Fachkenntnisse enorm. Wie hast du dir das angeeignet? War das auch im Zuge, hast du da parallel dann recherchiert oder wie ging das?

Ja, im Prinzip, also ich habe also alles, ich bin, ich habe nie einen wirklichen Kurs belegt, also nicht mal so einen Online-Kurs oder so, sondern es war eigentlich wirklich alles Trial and Error. Ich habe einfach gebacken, gebacken, gebacken. Auch als ich angefangen habe, Content drüber zu machen, da wusste ich noch relativ wenig drüber, aber ich habe damals schon gesagt, begleitet mich auf dieser Reise, ich will das lernen oder noch vertiefen, ich will alles darüber kennenlernen und alles darüber wissen und habe die Menschen einfach in meiner, in meinem Content dabei mitgenommen. Und immer, wenn im Rezept, wenn da stand, z.B. in den Anfängen, da habe ich Rezepte gelesen, da stand drin, das Wasser soll 22,5 Grad haben und ich dachte, was das für ein Schwachsinn, als ob das ein Unterschied machen würde zwischen 17 Grad und 25 Grad warmem Wasser. Konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Heute weiß ich, kann einen massiven Unterschied machen, aber das und daraufhin immer wenn ich auf sowas gestoßen bin, habe ich halt recherchiert und ich habe Bücher gelesen und ich habe mich auch ganz viel dann tatsächlich durch meinen Content – das ist natürlich auch ein großer Vorteil, den ich jetzt persönlich hatte – natürlich dann auch in Kontakt gekommen bin mit Bäckermeisterinnen und Bäckermeistern, mit Bäckerinnen und Bäckern, denen ich Fragen stellen konnte, wo ich ganz viel Austausch dann haben konnte, direkt mit Fachleuten und so konnte ich das dann nach und nach alles sehen.

Aber ist jetzt 22,5 die sichere Marke oder ist das bei jedem Brot anders?

Es kommt total drauf an. Also man will halt gewisse Teigtemperaturen nicht überschreiten, man will gewisse Teigtemperaturen erreichen. Und wenn man jetzt, ich sag mal, eine gängige Teigtemperatur, die man nach dem Auskneten hat, wäre so nicht über 27. Also 27 wäre schon viel zu viel, lieber so 24, 25 Grad maximal. Und wenn du halt wärmeres Wasser nimmst, wärmere Zutaten, dann ist nach dem Kneten durch die mechanische Einwirkung, wärmt sich das natürlich auch noch auf. Es ist nach dem Kneten halt eventuell zu warm. Da leidet das Klebergerüst drunter, da leidet die Stärke drunter. Lieber kalt.

Also jetzt sind wir schon mittendrin. Jetzt bin ich sicher, meine Mama hört den Podcast. Herzliche Grüße. Wie backt denn meine Mama ein richtig gutes Brot? Was würdest du denn jetzt sagen?

Also wenn du jetzt ein Grundrezept haben willst, dann nimmst du 500 g Mehl, 5 g Hefe, 300 g Wasser. Es ist ein bisschen weicherer Teig, als man vielleicht so von dem Hausrezept Hefezopf kennt. Ein bisschen weicher, aber nicht so weich, dass man schon Erfahrung dafür braucht. Dann nimmst du noch 9 bis 10 g Salz und 5 g Hefe, habe ich schon gesagt, 500 g Mehl, 5 g Hefe, 5 Stunden Reifezeit.

5 Stunden?

Ja.

Krass. Und dazwischen auch kneten oder nur reifen ohne anzurühren?

Naja, du musst schon anrühren.

Ne, ich meine jetzt also den Teig noch mal aufschlagen oder nochmal durchkneten dazwischen.

Also du musst den, du knetest ihn am besten, am besten knetest du ihn direkt einmal richtig durch. Das heißt von Hand schon so 10 Minuten mal richtig kneten. Da kann sich die Glutenstruktur aufbauen. Das macht nachher eine schönere Porung, es macht schönere Kruste, muss aber nicht mal unbedingt sein. Kannst ihn auch einfach gut durchmischen, dass keine Mehlnester mehr vorhanden sind. Wenn du das machst, musst du aber erstens die Hefe vorher im Wasser aufgelöst haben, sonst verteilt die sich nicht ordentlich und dann musst du so innerhalb der ersten anderthalb Stunden dreimal hingehen und den mal auseinanderziehen und wieder zusammenfalten. Dadurch hatte in der ersten halben Stunde das Mehl dann Zeit, das Wasser aufzunehmen, zu quellen und dann zieht man das so ein bisschen lang und dann schlägt man quasi die Glutenstränge so schichtweise übereinander, dass sich da halt so eine Art Netz bildet.

Ich habe mal gelesen, man kann auch Joghurt oder Essig reinmachen in so einen Teig, damit man Sauerteig simuliert. Stimmt das? Also Geschmack zumindest.

Kann man machen. Gibt’s nichts dran auszusetzen. Kann man machen. Milchprodukte machen die Porung wieder ein bisschen feiner. Also es dann so ein Trade off, ob man das will oder nicht. Aber grundsätzlich kann man das auf jeden Fall. Ja.

Also gibt’s irgendeine Technik oder eine Zutat, wo du sagen würdest wow, damit wird es dann einzigartig? Damit könnte ich jetzt beeindrucken am Abend beim Dinner?

Zeit, Zeit. Es ist wirklich, es ist wirklich so stumpf es klingt, das ist die Zeit. Also diese 5 Stunden, die ich gerade gesagt habe, die sind schon gut, aber besser wären 24 Stunden. Und was du bei diesem selben Rezept, was ich gerade gesagt habe, 500 g Mehl, 5 g Hefe, statt 5 Stunden machst du nur zwei bis 3 Stunden bei Raumtemperatur und dann formst du das zu einem Brot und dann stellst du es über Nacht in den Kühlschrank, 12 bis 18 Stunden bei Kühlschranktemperatur. Da passiert kaum noch was.

Das ist dann nicht mehr so wichtig. Irgendwann ist dann zu viel. Aber lieber 18 als 12. Und wenn du das backst, das wird um Längen besser schmecken.

Ich sehe schon, ich sehe schon Zeit und gutes Zeitmanagement, weil sonst sitzt das Date bis Mitternacht im Dunkeln und wartet bis ich dann endlich aus der Küche komme mit dem frischen Brot. Aber ich glaube, es zahlt sich aus. Sag mal, aber ich habe das mal bei mir auch beobachtet. Brot backen ist ja eigentlich teurer als Brot kaufen oder wie siehst du das? Ist es z. Beispiel Luxus, sowas zu machen? Jetzt abgesehen vom Zeitfaktor?

Es kommt darauf an, womit du es vergleichst. Also ich habe die Rechnung auch schon öfter aufgestellt und dann kamen natürlich Nachrichten und Kommentare wo Leute sagen, ja, aber meine Arbeitsstunde kostet … Wenn du jetzt anfängst, bei einem Hobby deine Arbeitsstunden einzupreisen, dann ist natürlich kaufen wahrscheinlich am Ende immer günstiger. Aber wenn du es jetzt mit einem Brot vergleichst beim Handwerksbäcker, da bist du auch bei sieben, acht Euro das Kilo.

Absolut, gerne auch 10-12.

Und viele schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Ich sage, es ist berechtigt und die müssten eigentlich vielleicht sogar noch mehr nehmen, damit sie wirklich davon leben können und wenn du es damit vergleichst: Nee, dann ist selber backen auf jeden Fall massiv günstiger, weil am Ende, klar du musst die Stromkosten noch ein bisschen mit reinrechnen, aber wenn du jetzt kein überteures Mehl kaufst, also wenn du jetzt kein absolutes Spezialitätenmehl aus Italien importiert hast oder aus Frankreich, sondern durchschnittlich gutes deutsches Biomehl, wo liegst du da, bei zwei Euro das Kilo? 2,50 vielleicht und du brauchst ja nur ein halbes Kilo. Ein halbes Kilo fürs Brot, bist du, sagen wir mal, bei 1,50. Wenn wir jetzt mal ganz hoch ansetzen, das Wasser kostet nichts, die Hefe bei 5 g, können wir alles vernachlässigen, das Salz, gut dann sind wir vielleicht bei 1,60. Stromkosten, kWh was kostet die? 35 Cent mittlerweile, oder? Ich glaube, das war noch der hohe Preis. Also sagen wir mal 35 Cent. So ein Ofen hat zwei kW dann, die meisten haben weniger, aber so €0,70, sind wir bei 2,20 für ein halbes Kilo Brot. Aber wenn du ein Kilo backst, dann verändern sich ja nicht die Stromkosten. Also ja bist du bei 3,50 für ein Kilo Brot.

Das geht ja, das ist ja gut. Du hast jetzt gesagt, das Mehl kostet zwei. Ich habe mich mit Backen und Mehlqualitäten auch ein bisschen auseinandergesetzt. Es gibt ja so verschiedene, das hatten wir kurz auch schon angesprochen, gibt ja verschiedene Qualitäten. Ich habe jetzt gefunden, es gibt Caputo Mehl, es gibt A-Weizensorten, es gibt Elitequalitäten, die Bäckereien verarbeiten scheinbar B-Qualitäten. Als Konsument kriege ich das ja alles nicht mit oder? Habe ich da irgendeine Chance, wenn ich jetzt wieder auf mein Date zurückkomme, da mal ein Brot mit Elitequalität zu backen?

Also es gibt es gibt schon so ein paar Spezialitätenmühlen, also die Hofbräuhauskunstmühle in München z. B. Ist eine Institution, ist eine uralte Mühle. Da gibt’s durchaus, also die geben es teilweise an, die schreiben teilweise in die Beschreibung ihrer Mehle Eliteweizen nur aus ausgesuchten Eliteweizenmehlen. Aber es ist sehr, sehr selten. Also im Supermarkt wirst du das nicht finden. Im Supermarkt wirst du höchstens, vielleicht gibt’s manchmal dann Mehle, wo drauf steht Profi-Qualität oder so, die haben dann einen höheren Eiweißgehalt. Kann ich übrigens empfehlen, wenn man jetzt sich nicht so gut noch damit auskennt und nicht zur Mühle kann oder will. Das sind eigentlich immer ganz gute Picks, wenn man im Supermarkt einkaufen muss. So Profiqualität geht meistens. Aber ja, ich kann empfehlen zur regionalen Mühle, also ne, so regional einkaufen ist eigentlich ja eh the way to go. Da kann ich empfehlen, bei der regionalen Mühle einfach mal vorbeizugehen, anzurufen und dort sich beraten zu lassen.

Also die regionale Mühle ist gut. Mir fällt jetzt wieder ein, es klappert die Mühle am rauschenden Bach. Viel klappert ja in Deutschland nicht mehr. Ich habe gesehen, seit den 90er Jahren hat sich die Zahl der Mühlen mehr als halbiert. Warum glaubst du ist das so?

Kann ich mir jetzt nur erschließen, das geht jetzt ein bisschen über meinen Kompetenzbereich hinaus. Das ist wahrscheinlich dann eher in der Landwirtschaft zu suchen, vielleicht auch Zusammenschlüsse oder ja, vor allem auch der Import nimmt extrem zu. Also vielleicht muss ich dann irgendwann mal nach Rumänien oder Indien fahren oder in die Ukraine, und dann dort versuchen, die Qualität zu bekommen.

Ja, das kann gut sein. Also in Italien wird das z.B. viel gemacht, da weiß ich es. Italienische Mehle werden oft hoch angesehen.

Du hattest Caputo gerade angesprochen. Es gibt noch die Meraner Mühle, die relativ bekannt ist in Deutschland, aus Südtirol. Die will ich denen jetzt nicht unterstellen, dass die explizit das machen. Aber es ist nicht selten, dass z.B. aus Nordamerika viel importiert wird, weil in Nordamerika ganz andere Düngegesetze herrschen und da können halt ganz andere Weizenkleberqualitäten erzeugt werden, weil dort viel mit Stickstoff gedüngt werden darf, sogar in der biologischen Landwirtschaft und dann dadurch die Kleberqualität im Mehl deutlich besser wird. Also Stickstoff verbessert einfach deutlich die Kleberqualität im Mehl.

Wie hoch ist denn, glaubst du, das Bewusstsein generell bei Konsumenten und Konsumentinnen für Mehlqualität?

Ich glaube sehr, sehr klein. Also das, was ich gespiegelt bekomme auf meinen Kanälen, ist, dass da der Wissensstand nahezu nicht vorhanden ist. Die fragen alle, kann ich das normale Supermarktmehl nehmen und geben mir nicht mal eine Tütenzahl damit an. Also nicht mal das ist wirklich so in der breiten Masse bekannt, dass es außer 405er Keksmehl noch andere Mehle gibt. Also klar, die Getreidesorten vielleicht, aber dann wie stark der Auszug ist, die Mahlgrade, Vollkorn oder…

Es ist lustig, ich bin ja Risolier, also Reisexperte und da höre ich halt sehr oft Reiskochen ist so schwierig, Reiskochen ist so schwierig. Ähnliches es ja ein Stück weit beim Hefeteig, wo die Leute auch sagen, oh mir ist der nichts geworden und der ist nicht gegangen und bla bla bla. Spielen da die Mehle eine Rolle? Warum hat Hefeteig so ein Image?

Das ist wirklich etwas, was ich null nachvollziehen kann, wie Hefeteig nicht aufgeben kann. Ich hör es oft, Menschen schreiben mir, mein Hefeteig geht nicht auf. Ich weiß nicht, wie man das schafft, dass er nicht aufgeht. Es ist wahrscheinlich durch zu hohe Temperaturen, vielleicht nehmen die heißes Wasser oder so und killen damit direkt die Hefe weg oder so, ich weiß es nicht, aber der Vergleich zum Reiskochen ist, glaube ich, schon berechtigt, weil eigentlich wenn du jetzt ans Reiskochen denkst.

Da würde ich ja nie auf die Idee kommen, zu sagen, oh mein Gott, man kann Reis nicht kochen, im worst case koche ich den halt wie Spaghetti und dann schmeiße ich das Wasser weg, also gieße es ab und dann ist der Reis fertig.

Also was kann man da groß falsch machen?

I don’t know, I don’t know.

Also ich glaube, Mehlqualität, das hat nichts damit zu tun, ob der Hefeteig aufgeht oder nicht, das heißt, ich glaube, das kann ich mit Sicherheit sagen, auch mit dem schlechtesten Mehl geht das. Ich habe z.B. mal mit Greenpeace bei einer Aktion mitgemacht, da haben die Futterweizen, der eigentlich so Tierfutter hätte werden sollen, haben die halt zum Mehl vermahlen und damit haben ich und viele andere gebacken und das funktioniert wunderbar. Klar hat das Mehl nicht die perfekten Spezifikationen, es hat tendenziell sehr schlechte Spezifikationen gehabt, aber man kann damit backen, es geht.

Weil ja eben im Korn auch selber Hefen sind, ne?

Ja, genau, so wilde Hefen sind im Korn, aber es ist halt mit sehr, sehr hochwertigem Mehl einfacher zu backen, das ist wie mit dem Werkzeug, mit einem hochwertigen Akkuschrauber kriegst du die Schraube am Ende besser rein als mit dem Billigteil und so ist es bei Mehl auch. Also du brauchst ein bisschen mehr know how wenn du mit sehr minderwertigen Mehlen sehr gute Ergebnisse erzielen willst, aber du wirst mit jedem Mehl ein Ergebnis erzielen, wenn du nicht absolut kapitale Fehler machst.

Im Handel gibt es auch einen ganz klaren Trend zu völlig spacigen Spezialmehlen, also ob das jetzt Süßkartoffelmehl ist oder grünes Bananenmehl, Amaranth aber auch z.B. Kastanienmehl, also gerade die gesamte glutenfreie Palette ist riesig, wenn ich das sehe, also gerade z.B. jetzt grünes Bananenmehl, frage ich mich, was tue ich mit dem? Hast du da auch Erfahrung, kann man mit sowas tatsächlich Brot backen? Weil es ist ja nicht gärfähig.

Ich habe sehr, sehr wenig Erfahrung mit glutenfreien Backwaren, mit glutenfreiem Backen überhaupt. Glutenfrei sagt ja, die wichtigste Komponente eigentlich, das Gluten, fehlt im Mehl, weil das ist ja das, was quasi diese Elastizität erzeugt, die das Gas da drin hält am Ende, weil dieser Kleberverbund das dann am Ende zumacht. Also wenn du glutenfrei backst, dann ist der Ansatz einfach ein ganz, ganz anderer. Da muss man ganz anders rangehen und da habe ich wenig Erfahrung mit.

Gibt es aber auch, glaube ich, wenig, also ich kriege immer mit, bestimmte Mehle sind ein absoluter Trend, aber ich frage mich, was gut… vielleicht ist das eine Aufgabe, wenn du jetzt umziehst nach Spanien, dass man da ein bisschen recherchiert, vielleicht ist das deine Nische.

Ja, viele würden sich freuen.

Gibt‘s für dich überhaupt eine Alternative zum Brot als Grundnahrungsmittel, also gerade wenn man jetzt sagt, Brot ist ja sehr kulturell auch verwurzelt in Deutschland, dann zu sagen, man macht jetzt ein grünes Bananenbrot z. B. oder gar kein Brot z. B. sondern nur Reis?

So sehr Brot jetzt auch teurer geworden ist und so weiter, aber es ist ja immer noch eins der grundlegenden Grundnahrungsmittel, ne? Nicht umsonst sagt man, Brot für die Welt oder Brot und Wasser so sind die die Grundnahrungsmittel überhaupt in Mitteleuropa und so ist es ja auch mit Reis und so ist es auch mit in Südamerika vielleicht dann Quinoa oder, oder. Also es sind ja die absoluten Grundnahrungsmittel, denen wir uns verschrieben haben. Du ja auch mit dem Reis, ne? Für mich gibt’s klar die die Alternative, aber ich glaube, dass wir, du als Risolier, ich als Brotfluencer schon die Aufgabe haben, diese Produkte für die Leute sexy zu halten, weil das wichtig ist, weil das ist, was gut auf Masse produziert werden kann, was die Menschen auch auf Dauer mit wachsenden Bevölkerungszahlen auf der Erde einfach brauchen, weil wir können uns nicht alle von Steaks oder von Sojachunks ernähren. Ja gut, Sojachunks, die kann man auch in Massen anbauen, aber du weißt, was ich meine. Es gibt so die Lebensmittel, die einfach viel mehr Ressourcen brauchen als jetzt ein Reis oder ein Brot. Sind ja beides super ressourcenarme Lebensmittel, das können wir uns als Gesellschaft, als Weltbevölkerung nicht leisten.

Trotzdem, ne, muss ich mit einem bisschen weinenden Auge ja sagen, das Match Brot gegen Reis wird ja das Brot immer gewinnen, in Deutschland zumindest. Warum glaubst du, ist es so?

Vielleicht das Brot noch ein bisschen vielfältiger? Weiß ich nicht, aber ich vermute…

3000 Brotsorten gegen 100.000 Reissorten. Zwar nur 10.000 kultivierte, aber immerhin…

Okay, ja gut, weiß ich nicht. Vielleicht weil man, weil man keine Leberwurst auf den Reis schmieren kann.

Das kann sein. Ja, guter Punkt, eins zu null, für dich. Brotfluencer finde ich eine interessante Bezeichnung. Warum nicht Brotsommelier?

Weil Brotsommelier, ich weiß nicht, ob es geschützt ist, aber es gibt auf jeden Fall einen Ausbildungsstand des Brotsommeliers und den habe ich nicht absolviert.

Ah, okay. Aber Brotfluencer heißt ja, du hast nicht Influencer, sondern du beeinflusst eine große Community. Und da interessiert mich natürlich, was sind denn so die Themen, die du den Leuten mitgibst da? Also was ist für dich der wichtige Fokus oder die wichtige Message?

Naja, also es sind tatsächlich viele der Themen, die wir jetzt gerade schon besprochen haben. Also kauft euer Brot nicht beim Discounter. Gut, das haben wir jetzt noch nicht besprochen, das habe ich so noch nicht so deutlich gesagt, aber ich bin auch ein großer Verfechter einfach des Handwerks. Ich probiere auch mit meiner Arbeit und das als Ungelernter, aber ich kriege es sehr häufig eben aus der Branche gespiegelt, dass die Branche auch sehr dankbar trotzdem ist für meine Arbeit, weil ich mich halt immer für das Handwerk einsetze. Ich sage wirklich, unterstützt eure Handwerksbäcker, wo ihr könnt. Also auch in der Rangfolge, selber backen steht für mich trotzdem immer unter zum Handwerksbäcker gehen. Nur diejenigen, die aber jetzt eben diesen traditionell arbeitenden Handwerksbäcker nicht vor Ort haben oder die es sich halt nicht leisten können, jeden Tag irgendwie zum Handwerksbäcker zu gehen, also weil, ich habe es gerade schon erwähnt, die müssten eigentlich noch mehr verlangen. Und das ist natürlich dann irgendwo auch dann eine finanzielle Frage. Danach kommt Brot backen. Also dafür stehe ich ein, das Handwerk zu stärken, das Handwerk zu stützen und vor allem diese Brotkultur einfach nicht aussterben lassen. Weil ich habe, ich habe das Gefühl, seit ein paar Jahrzehnten, seit die ganze Brotbäckerei so industrialisiert worden ist, mit den schnell gereiften Broten, die dann im Supermarktregal liegen, da wir treten unser UNESCO Weltkulturerbe, die deutsche Brotvielfalt, wir treten sie mit Füßen als Gesellschaft und ich stehe einfach dafür ein, das wieder zu stärken, da wieder hin zurückzugehen und einfach dieses Bewusstsein wieder zu schärfen, was ist eigentlich gutes Brot und wie unterscheide ich es von schlechtem? Ich habe es heute offensichtlich nicht geschafft.

Naja, das macht ja nichts. Also es ist ja auch eine Frage, welche Werte und welche Philosophie stecken dahinter. Und ich finde aber interessant, was du sagst, weil es gibt ja mindestens genauso stark einen Gegentrend zu traditionellen Bäckereien und zum Handwerk. Mir fällt da ein, wenn du mal in Wien bist, eine Freundin von mir hat jetzt eine Bäckerei eröffnet, Ährlich, im neunten Bezirk. Ehrlich. Und die hat halt aus einer ganz speziellen Region von ihrem eigenen Bauern den Dinkel, den sie da verarbeitet und in einer kleinen Bäckerei verbackt. Also ich finde diese Gegentrends eigentlich sehr schön.

Total, ich begrüße das ganz, ganz stark und das hat angefangen, bevor ich überhaupt mit dem ganzen Thema mich angefangen habe zu beschäftigen. Es gibt in den Ballungszentren, es gibt ja die hippen neuen Bäckereien. In Wien ist das, hier in Berlin ist das ganz massiv. Hier gibt es ja sehr, sehr viele tatsächlich. Genau, Zeit für Brot ist ein ganz großes Thema, da in Köln gibt es das, in München gibt es das. Aber so sobald du aus diesen Ballungszentren rausgehst, gibt es das nur noch ganz, ganz wenig. Es gibt hier und da traditionelle Familienbetriebe, die jetzt mit dem Generationswechsel wieder dahin zurückkehren. Das ist ein ganz toller neuer Trend, den es jetzt gibt. Also die gar nicht so Prenzlauer Berg mäßig angehaucht sind, sondern die wirklich noch die alte Vollsortimenter-Bäckerei auf dem Dorf sind, die Nachgeneration übernimmt von den Eltern und stellt um wieder auf zurück auf die traditionelle Backweise. Kenne ich auch ein paar, finde ich ganz, ganz toll. Aber leider außerhalb der Ballungszentren ist halt der Zugang zu solchem Brot ganz oft sehr, sehr eingeschränkt.

Jetzt geht es ja hier im Podcast auch immer so ein bisschen um die Zukunft und um Trends. Jetzt reden wir natürlich hier sehr von Tradition, von alter Backkunst. Gibt es denn Trends im Bereich des Brotbackens oder in der Brotindustrie oder im Brotgewerbe?

Also ich würde sagen, genau das, was du auch schon gerade angesprochen hast, das würde ich schon als Trend bezeichnen. Also dass man eben, dass die Sortimente kleiner werden, dass die Art und Weise zu backen traditionell zwar ist, aber die ganze Aufmachung eben sehr modern. Also dass wir wirklich schickere Läden haben, dass das mit auch ein bisschen fanicger Belägen dann am Ende kombiniert wird und das alles so ein bisschen, so ein bisschen schicker wird, während man halt eben diese traditionellen Werte wahrt. Das würde ich auf jeden Fall als Trend bezeichnen, der zu begrüßen ist. Dann, glutenfrei ist natürlich ein Trend, der auf jeden Fall zu beobachten ist.

Ich war auf dieser iba Backwarenmesse oder Bäckermesse in München jetzt im Herbst und da habe ich z.B. gesehen ein Brennnesselbrot. Da hat eine Bäckerei angebaut im Frühjahr quasi Brennnesseln und das verarbeitet sie jetzt im Brot. Das ist eine saisonale Spezialität von denen als Toastbrot. Und es gibt das halt dann erst wieder im Frühjahr. Also die hat dann gesagt ja, das ist dann das Letzte. Also ich fand das eigentlich sehr innovativ, muss aber sagen, das war auch das Einzige. Okay, ist das, was fehlt, ist das, ist das ein Thema, was fehlt, dass man eben auch auf Produktebene guckt, wie kann man Tradition mit modernen Ansätzen verknüpfen? Oder ist es Nonsens, einfach nur ein PR Gag?

Na ja, ich mein da kann man jetzt auch die gleiche Frage stellen, aber man sieht es so ein bisschen im Bereich Burger Buns z. B. Da gibt’s ja immer wieder neue Trends. Also z. B. wird jetzt das Brioche Burger Bun gerade vom Potato Bun abgelöst. So da fangen die auch an, Farben reinzubringen. Da gibt’s rote, schwarze, pinke, grüne.

Schwarzes Brot, ne, sieht man jetzt auch öfter, mit Asche.

Schwarzes Brot. Genau, mit Asche oder traditioneller noch ein bisschen mit Squid Ink, mit Tintenfisch.

Tintenfisch, hat das abgesehen von der Farbe noch irgendeinen Effekt? Ist nicht Asche, bindet es nicht irgendwelche Gifte im Körper?

Aktivkohle, das hat ein Effekt, aber die Tintenfischtinte, die hat glaube ich keine.

Es fischelt dann nicht?

Ne, ne, ne, ne, das ist wirklich nur, das ist wirklich nur Farbe. Es gibt da im grünen Bereich die Spirella Alge oder Blau. Also mit Algen wird da viel gemacht. Ich würde sagen, da ist so ein bisschen Bewegung drin, das ein bisschen abgespaced zu machen. Aber ich weiß nicht, ob man jetzt, ob man das wirklich zum Brotbereich in die Bäckerei zählen kann oder ob das eher so der Grill, Burger Bereich ist, wo sich die eigenen Trends dann so entwickeln.

Ja vor allem ich glaube beim Storytelling ist da noch ein bisschen Luft nach oben, weil, nur dass es schwarz oder rot oder rote Bete ist halt vielleicht auch ein bisschen wenig. Naja. Wie sieht es s denn aus? Gibt es irgendwann mal ein null Kalorienbrot, glaubst du, es wird das geben? Ein Brot, das so quasi durch den Körper durchgeht? Es wäre ja auch noch mal ein Hit, oder?

Das, das wäre, das wäre ein Hit. Ich könnte mir jetzt gerade nicht vorstellen, woraus das bestehen könnte, aber ja. Hast du da ein Mehl auf Lager? Grünes Bananenmehl?

Konjak-Mehl, vielleicht gibt es ja so irgendwas. Doch Konjak ist ja eigentlich relativ low carb in den Kalorien.

Ja, wäre bestimmt spannend.

Okay, also warten wir es mal ab.

Ich habe tatsächlich einen Trend, den gibt es in den USA, den habe ich jetzt hier auf der iba auch nicht gesehen, aber in den USA haben welche, das ist nicht glutenfrei, aber die haben das Weizenmehl mehr oder weniger in Komponenten aufgespalten und da aus dem Weizen die Kohlenhydrate extrahiert und die backen quasi mit mehr oder weniger dekohlenhydratisiertem Mehl Bagel. Better Bagel heißen die glaube ich. Da gibt es Burger Buns, Laugenbuns und Bagels und die haben quasi ein Produkt entwickelt, das zwar aus Weizenmehl besteht, aber deutlich, deutlich kohlenhydratreduziert ist und Eiweiß aufgepimpt.

Also sollte dann das kalorienfreie Brot mal kommen, dann mache ich vielleicht mal eine Umschulung vom Risolier zum Brotsommelier. Zumindest kann ich es in Erwägung ziehen. Ja lieber Jo, vielen Dank fürs Gespräch und es war total spannend, so viel über Brot zu erfahren. Und ich sag mal vielen Dank und immer schön knusprig bleiben.

Vielen, vielen Dank für die Einladung. Es hat mir sehr gefallen. Danke schön.

Das war’s für diese Folge von Food Fak(t). Da schaut Bernd das Brot schimmlig aus der Röhre. Wenn ihr Fragen zu Brot, Reis und Spielen habt, dann meldet euch gerne bei mir auf unserem Instagram Kanal foodfakt_podcast. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.