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Episode 4

Darum gehts in dieser Folge

Wein, Schokolade, Kaffee: Alles, was gut schmeckt, ist fermentiert. Mit dieser überraschenden Tatsache tauche ich in meinen unfassbar spannenden Pilz-Deep-Dive mit Cathy Hutz ein. Cathy arbeitete über Jahre im Fermentationslab des weltberühmten Kopenhagener Sternerestaurants Noma. Raus aus der Luxusküche für Wenige, züchtet sie heute Pilz-Wurzelwerke in Tanks des Biotech-Unternehmens Mushlabs. Klingt verrückt, ist aber vielleicht eine Lösung für globale Ernährungsprobleme. Ich spreche mit der passionierten Fermentationsexpertin über Umami, über ihre Sicht auf Fleischersatz und den dringenden Wunsch gen Brüssel, dass EU-Zulassungsverfahren flinker und kooperativer ablaufen müssen.

Hier die ganze Folge zum nachlesen

Herzlich willkommen zu Food Fact. Heute gehts um Pilze, und zwar um Wurzeln von Pilzen, die uns Fleischersatz liefern. Wer sich jetzt denkt: na pfui, das mag ich nicht, dann stopp, stopp. Denn das Ganze passiert auf einer sehr alten, traditionellen Kochmethode der Fermentation. Und da kann man wirklich extrem viel lernen. Ist das auch nachhaltig und kann das vielleicht sogar unsere Welternährung retten? Das erzählt uns heute Cathy Hutz. Sie ist Mitgründerin und Leiterin der Produktentwicklung des Unternehmens Mushlabs und sie war davor im Fermentationslabor im Sternerestaurant Noma in Kopenhagen. Wow, es klingt alles sehr technisch und ich bin gespannt, ob das unser Bewusstsein für Pilze erweitern wird. Ich würde sagen, lass uns mal einen Blick ins Labor werfen. Ja, hallo liebe Cathy, herzlich willkommen. Wir sind ja heute beide in Rot. Jetzt denke ich natürlich gleich an Rotkäppchen, das im Wald Pilze sammelt, aber tatsächlich habe ich mir ganz was anderes überlegt. In Berlin gibt es nämlich einen Wochenmarkt am Karl-August-Platz und da steht einmal in der Woche die Pilzkönigin. Jetzt frage ich mich natürlich – du hast ein Unternehmen mitgegründet, Mushlabs – muss die Pilzkönigin sich um ihren Titel Sorgen machen? Wirst du ihr den Rang demnächst abstreiten, streitig machen? Wie schaut’s aus?

Hallo, es freut mich da zu sein. Wir wollen natürlich der Pilzkönigin nicht den Rang ablaufen und wir freuen uns über jeden, der über das Thema Pilze berichtet, das ganze Königreich der Pilze vorstellt und auch eine Präsenzfunktion davon hat. Und was wir machen, ist, wir wollen nicht Pilze ersetzen, sondern wir nehmen die Pilze und lassen ihr Wurzelwerk, also ihr Mycelium, was sonst unterirdisch wächst, in Fermentationsgefäßen wachsen und machen daraus alternative Produkte zu Fleischprodukten. Das heißt, das was die Pilzkönigin macht, das soll sie unbedingt weitermachen, weil das Sammeln von Pilzen ist ganz, ganz wichtig für unser Ökosystem und auch der Konsum von Pilzen und Konsumenten Pilze nahe zu bringen ist ganz wichtig, weil das wollen wir am Ende des Tages natürlich auch machen.

Das war jetzt schon ein harter Tobak am Anfang. Also was ich verstanden habe, war Fleischalternative. Jetzt mal für mich zum Verständnis: Pilze sind ja eigentlich von Tradition aus schon eine Alternative zu Fleisch. Also es gibt in Thailand einen Tintenfischpilz, in China die Shiitake-Pilze, in Japan die Maitake Pilze – also an sich ein sehr traditioneller Fleischersatz. Warum braucht man jetzt ein Biotech-Unternehmen wie Mushlabs, um neuen Fleischersatz zu machen damit?

Absolut. Und das ist, glaube ich, auch ein wichtiger Punkt, wie du schon sagst, es gibt ja ganz, ganz viele Produkte da draußen, die als Alternativen zu Fleisch gelten. Also ich würde das auch weiter fassen, bis hin zu ganz vielen Gemüsesorten. Die kann man ja auch, wenn man sie gut zubereitet, als Fleischalternativen oder als, ich sage immer eher center of the play, also irgendeine Komponente, die dein Gericht als Hauptgericht klassifiziert, verwenden. Und da ist auf jeden Fall gar nicht der große Bedarf zu sagen, wir müssen irgendwas ersetzen, was es da schon gibt, als wir wollen gar nicht den Pilz ersetzen. Was wir aber sehen, ist, dass natürlich der Fleischkonsum, so wie er heutzutage betrieben wird, einen riesengroßen Einfluss auf unser Klima hat. Und der CO2-Abdruck, den Fleischprodukte haben, das ist der größte, den unsere Lebensmittel überhaupt haben. Also 1/3 aller menschgemachten Greenhouse-Gases kommen einfach von der Lebensmittelindustrie. Und da ist Fleisch einfach ein ganz, ganz starker Treiber drin. Und wir sehen bei Mushlabs, dass wir gerade für diese Produkte, die ganz oft unbewusst konsumiert werden – und da gibt es auch viele Fleischprodukte, die  in den Restaurants, wo man mittags isst, so ganz klassisch verwendet werden oder auf der Pizza landen oder wie auch immer – auf jeden Fall alternative Produkte bei Mushlabs anbieten, die einem gar nicht das Gefühl geben, dass man irgendwas vermisst, sondern man hat immer noch ein ganzheitliches Mahl, was total gesund ist und ein super Nährwertprofil hat und aber keinen klimaschädlichen Einfluss hat.

Da würde ich ja gerne noch mal in die Tiefe gehen. Du hast ja so diese Myzele erwähnt, da muss ich mich jetzt aber ein bisschen zügeln und die Neugierde im Zaum halten. Vielleicht lass uns doch mal zurückgehen. Du hast ja früher in einem sehr berühmten oder davor in einem sehr berühmten Restaurant gearbeitet. Mushlabs ist ja ein Biotech-Unternehmen. Wie sind denn aus deiner Sicht so diese beiden Arbeitswelten zu unterscheiden? Also wie sind denn die anders? Und es geht ja in beiden Fällen um Lebensmittel, aber trotzdem doch auf einem sehr unterschiedlichen Level, oder?

Auf jeden Fall. Also ich würde sagen, das, was ich vorher gemacht habe, ist so auf ganz hohem Niveau kreativ mit Lebensmitteln zu arbeiten, auch wenn da schon mein Fokus ganz klar auf der Fermentation war. Also ich habe in Noma gearbeitet und habe da Lebensmittel fermentiert, die saisonal und lokal in Dänemark verfügbar waren, um daraus neue Aromen für die Küche herzustellen. Und was man da ganz, ganz anders macht als das, was ich jetzt mache, ist, dass man ja eigentlich immer ein Menü für eine relativ kleine Zielgruppe präsentiert. Also wer sich so einen Abend leisten kann im Noma, das ist natürlich schon eine ausgewählte Gruppe von Personen und das würde ich sagen, ist der allergrößte Kontrast und das war für mich auch der Anlass zu sagen, ich will weg aus der Sterneküche und und ich möchte eigentlich dahin, wo man wirklich mehrere Leute erreicht und das was wir bei Mushlabs machen, damit erreichen wir hoffentlich sehr, sehr viele Leute und haben da auch eine Lösung für ein globales Problem. Und Lebensmittelverschwendung ist ein globales Problem, Klima ist ein globales Thema, was wir lösen müssen, und mit unserer Innovation können wir da eigentlich global für eine Lösung sorgen, die vielen Menschen hilft. Das ist der Hauptunterschied.

Du sagst als so selbstverständlich, ja, da habe ich bei Noma mal im Fermentationslabor gearbeitet, da krieg ich schon die ersten Fragezeichen im Gesicht. Also was hast du da studiert oder gelernt? Wie bist du zu dem Thema gekommen? Und dann natürlich vor allem: Was ist das denn überhaupt Fermentation in dem Zusammenhang?

Also was ich studiert habe, nachdem ich Wirtschaftspsychologie gemacht habe, also eher so den Konsumenten verstanden, wollte ich immer näher an das Lebensmittel ran und habe dann Lebensmittelproduktentwicklung tatsächlich studiert und nach dem Abschluss habe ich auch gesagt, ich möchte gucken, wo die Leute wirklich maximal kreativ mit den besten Lebensmitteln, die es auf der Welt gibt, arbeiten und das ist ganz schnell die Spitzenküche, die Sternegastronomie. Ich war dann erst im Geranium in Kopenhagen und bin danach dann ins Noma und im Noma bin ich eigentlich genau zu dem gekommen, worauf ich mich schon im Master fokussiert habe. Also die Fermentation und Aromenreichtum über Fermentation und da komme ich auch gleich zu deiner nächsten Frage: Fermentation ist eigentlich das, was Mikroorganismen mit jeder Art von Rohstoff machen und den zersetzen, konsumieren im weitesten Sinne und daraus dann ein komplexeres Endprodukt machen. Also eigentlich die Verdauung von Mikroorganismen, ganz leicht gesagt. Und dann gibt es aber in der Fermentation eben eine Bandbreite von Mikroorganismen und das ist auch das wahnsinnig Spannende. Sobald man einmal in diese Welt der Fermentation eingetaucht ist, dann verlässt man diese schnell auch nicht mehr, weil die Fermentationsprodukte eben so vielfältig sind und spannend.

Aber wenn du jetzt sagst, die Verdauung der Mikroorganismen, esse ich dann die Verdauungsprodukte dieser Mikroorganismen? Also wenn ich jetzt ein Weißkraut nehme, oder ein Sauerkraut und dann knabbern da irgendwelche Mikroorganismen rum und scheiden irgendwas aus und dann schmeckt es anders und das esse ich mit. Kann ich mir das so vorstellen?

Ja, etwa so kannst du es dir vorstellen. Wichtig ist uns zu differenzieren, dass Mikroorganismen natürlich nicht so verdauen wie wir Menschen oder Tiere generell. Also es gibt keinen Verdauungstrakt, das heißt die Ausscheidung ist auch mehr ein Endergebnis, ein Resultat aus einer Teilung von bestimmten Substanzen z. B. Aber ja, so kannst du es dir ungefähr vorstellen.

Es gibt ja enorm viele fermentierte Produkte am Markt, also die Bandbreite ist fast nicht überschaubar, aber kaum einer kennt das oder weiß, dass Fermentation dabei eine Rolle spielt. Warum, glaubst du, ist das so?

Ja, ich glaube, das liegt daran, dass wir immer weiter eigentlich den Kontakt zu unseren Lebensmitteln verlieren, weil natürlich die Industrie ganz viel für uns löst und die wenigsten Leute noch zu Hause klassischerweise Lebensmittel herstellen. Also früher war das ja so, dass man zum Teil noch einen kleinen Garten im Hinterhof hatte oder so und dann wurde natürlich sich gut überlegt, was mache ich denn eigentlich mit meinen Lebensmitteln und wie kann ich die über den Winter konservieren und wie kann ich die erhalten? Und da ist Fermentation eben sehr, sehr naheliegend. Überall finden wir Fermentation, aber gerade in den nordischen Ländern ist es eine klassische Technik, um Lebensmittel einzumachen und zu konservieren und somit auch über den Winter zu erhalten. Und da hatten viele Familien zu Hause in der Küche Essig z.B. selber fermentiert. Also es waren so gängige Techniken. Sauerkraut, Brot wurde früher selber zu Hause gebacken, was ja auch ein Fermentationsprodukt ist. Also da war man sich dessen schon durchaus viel bewusster, was diese Kraft der Mikroorganismen alles so hat. Und das ist, glaube ich, einfach dadurch verloren gegangen, dass wir mehr und mehr außer Hause essen und nicht mehr so viel zu Hause selber machen.

Kaffee oder Schokolade, da sind ja auch Fermentationsprozesse dahinter?

Eigentlich kann man sagen, alles was gut schmeckt ist Fermentationsprodukt. All unsere Lebensmittel sind Fermentationsprodukte, also gerade da, wo ganz viele Aromen haben oder wenn wir etwas irgendwo riechen, ist meist Fermentation dabei. Also wie du schon sagst, Kaffee, Schokolade, Tee, Brot, Wein, also Alkohol immer. Das sind eigentlich alles so Fermentationsprodukte.

Genau, das sind ja alles sehr traditionelle Anwendungen oder Beispiele. Dann gibt es Mushlabs, aber gibt es vielleicht auch noch andere innovative Beispiele? Wo man Fermentation plötzlich eben bei Trendprodukten oder innovativen Lösungen findet.

Also Fermentation erfährt auf jeden Fall gerade so ein bisschen einen Hype, würde ich sagen. Obwohl das die älteste Technik ist, die wir eigentlich haben auf dem Planeten. Also das läuft ganz von alleine, ohne den Menschen auch ab. Eine Weintraube fängt an, von Mikroorganismen verarbeitet zu werden. Also die Hefen, das weiße, was auf einer Weintraube drauf sitzt, Hefen, sobald da irgendwie ein bisschen von der Traube aufbricht und der Zellsaft den Hefen zur Verfügung gestellt wird, wird es fermentiert. Jetzt erfährt das gerade so ein bisschen wieder ein Aufblühen und man wird sich dessen bewusst. Wobei man sagen muss, ganz viel in der Kosmetikindustrie, in der Medizin wird ganz viel fermentiert. Also ganz viele unserer Medikamente sind Fermentationsprodukte z. B. Ja, Mycelium ist schon auf jeden Fall so ein Trendthema, was wir machen.

Also vielleicht auch im veganen Bereich. Ich meine, ich kenne mich da ein bisschen aus, würde ich sagen. Und ich kann mir vorstellen, dass da gerade eben auch sehr viele Gewürzhersteller auf fermentierte Produkte setzen, wenn sie z.B. auf Alternativen für Hühnerfleischgeschmack setzen oder eben auf Alternativen für Speck. Da lese ich immer wieder ach, das ist ohne Aroma, das ist 100 % natürlich. Vermutlich ist da ein Fermentationsprozess auch dahinter.

Ja, ja, genau. Also das eigentlich, wie ich schon gesagt habe, da wo viel Aroma gebraucht wird und Fleisch ist so diese eine Komponente, wo eben viel Aroma natürlich entsteht. Und wenn man sich vegetarisch, vegan ernährt, will man ja trotzdem komplexe Aromen konsumieren und dann ist man schnell bei Fermentation, eben weil Fermentation auch das kann und diese Aromenkomplexität auf einem ganz natürlichen Prozess erzeugt, ohne dass man Fleisch essen muss.

Jetzt sagst du ja, Fermentation ist nachhaltiger als andere Zubereitungsmethoden. Warum ist das so?

Weil Mikroorganismen überall vorhanden sind. Also wenn wir jetzt über Sauerkraut reden z.B. sind die auf der eigenen Haut vorhanden. Das heißt, wenn ich anfange, Kraut zu kneten, setzt sich da eigentlich durch die Milchsäurebakterien, die ich auf der Haut habe, schon die Fermentation in Gang. Und ein wesentlicher Aspekt ist, dass ich dadurch natürlich auch ein Lebensmittel konserviere. Und das ist auch wieder nachhaltig, dass ich keinen Lebensmittelabfall produziere. Das, was wir allerdings bei Mushlabs machen, ist deswegen so effizient oder so nachhaltig, weil Mikroorganismen sehr, sehr schnell sind. Also das Wachstum von Mikroorganismen und wir arbeiten jetzt konkret ja mit Pilzen, mit essbaren Speisepilzen, die wachsen einfach sehr, sehr viel schneller. Das sind super effiziente Organismen, die brauchen nicht viel, also wir müssen die nicht wie Rinder mit Soja füttern, um irgendwie das Rind zu züchten und viel Fleisch zu produzieren, sondern wir können eigentlich mit Pilzen das verwerten, was bei anderen Industrien als Nebenstoffe und Nebenströme anfällt. Also z.B. im Café, von dem wir gesprochen haben, die Kaffeereste, die da anfallen, sind für einen Pilz immer noch nährstoffhaltig genug und wir können das verwenden, um dann Pilz zu züchten. Also wir schließen im Prinzip so ein bisschen die Kette von Lebensmittelabfällen, sage ich mal, obwohl ich das Wort Abfall so ungern verwende, was die Natur von ganz alleine macht. Also in der Natur wird alles, was zurückfällt und was Tiere nicht mehr brauchen oder Pflanzen hinterlassen, von Mikroorganismen und Pilzen verwertet und dann wieder neue Lebensmittel daraus gemacht. Und das ist im Prinzip das, was wir bei was Mushlabs machen.

Jetzt sind ja Pilze an sich keine Pflanzen, Pilze sind aber auch keine Tiere. Blöde Frage, sind Pilze denn vegan?

Das ist eine sehr gute Frage, die habe ich mir tatsächlich auch schon häufiger mit Experten aus dem Feld gestellt. Das, würde ich sagen, hängt ganz klar von der Definition von vegan ab, wenn wir sagen vegan ist alles was vom Tier kommt oder was eben nicht vom Tier kommt. Also Pilze kommen ganz klar nicht von tierischen Produkten, deswegen stellen sie eine eigene Spezies dar. Ich würde aber ganz klar sagen: vegan.

Jetzt habe ich gelesen, manche Bäcker z.B. die züchten ihre Hefepilze in einem Kulturmedium, das aus Molke besteht, also aus einem tierischen Produkt. Wie ist das bei euch? Also sagt ihr, ihr macht eine Fleischalternative und der Pilz oder die Pilzsporen, die ernähren sich dann aus Speck?

Ne, zum Glück nicht. Die brauchen keinen Speck und auch keine Molke. Und das ist tatsächlich auch das, was unseren ganzen Prozess komplett vegan macht. Also wir haben im ganzen Prozess von Anfang bis Ende kein tierisches Produkt eingesetzt. Das ist ganz eindeutig so und wir sind zum Glück auch nicht auf irgendwelche tierischen Substanzen angewiesen im Prozess. Also voll und ganz vegan von Anfang bis Ende.

Jetzt werden die lieben Hörerinnen und Hörer dieses Podcasts wahrscheinlich einen Schreikrampf kriegen, weil ich jetzt wieder in die Tiefe einsteigen mag. Aber trotzdem, wir reden ja nicht über Pilze, wir reden jetzt über dieses Mycelium oder was auch immer das ist. Erzähl mal, was ist das genau, also Mycelium und was macht man damit?

Genau, Mycelium ist eigentlich das, was den Organismus darstellt, sage ich mal. Also den Fruchtkörper, den wir so aus dem Supermarkt kennen oder eben von der Pilzkönigin auf dem Markt kennen, das ist im Prinzip nur die Frucht von dem Pilz. Das Mycelium wächst schon lange, lange vorher unterirdisch und zum Fruchtkörper kommt es eigentlich dann, wenn der Pilz sich gestresst fühlt oder verbreiten muss und damit z. B. Tiere anlockt, die dann den Pilz essen und woanders hintragen und sich der Pilz dort wieder weiter ausbreiten kann. Aber das Mycelium ist eigentlich der Hauptbestandteil des Pilzes, der Organismus.

Das ist das unter der Erde. Kann man sagen, die Wurzel?

Ja genau, man könnte sagen, das was bei Pflanzen das Wurzelwerk ist und es hat auch ähnliche Strukturen, sage ich mal. Es wächst auch so faserig, so wurzelartig, ist aber eben dadurch, dass es ein ganz anderer Organismus ist, schon noch mal anders. Z.B. berühren sich die Mycelien nicht miteinander. Also es wächst zwar unterirdisch in einem ganz großen Bereich, aber die beiden verbinden sich nicht miteinander.

Das ist irgendwie tragisch, die kommen nie zueinander sozusagen.

Ja, wobei die das auch gar nicht müssen. Die können auch kommunizieren, ohne sich zu berühren.

Woraus genau besteht denn nun dieses Mycel?

Das besteht eigentlich so ziemlich genau daraus, woraus auch der Pilz besteht. Also das unterscheidet sich gar nicht so stark voneinander. Und genau, also das ist sehr ähnlich vom Aufbau. Das einzige, was sich ändert, sobald der Pilz, der Organismus sozusagen an die Oberfläche kommt und in so eine pilzartige Struktur übergeht, ist nur die Struktur vom Pilz und es wird sehr viel kompakter. Das Myzel ist dann sehr kompakt im Stamm, ist aber immer noch Mycelium.

Das heißt, das Mycel wächst bei euch jetzt in so einem Tank und du erntest das, nehme ich mal an, irgendwann.

Genau, das, was wir sozusagen beim Mushlabs machen, ist, wir haben eine Flüssigkeit, die mit Nährstoffen angereichert wird, also mit Vitaminen und Mineralien, alles was der Pilz braucht zum Wachsen. Und dann, sobald die Fermentation beendet ist, das ist ungefähr innerhalb von einer Woche, entnehmen wir dieses Mycelium aus der Flüssigkeit und das ist dann unsere Hauptbasis für alle anderen Produkte, die wir daraus entwickeln. Unser klarer Fokus ist immer, so viel Mycel wie möglich im finalen Produkt zu haben. Und die Reise geht dahin, dass wir 100 % Mycelprodukte haben und wir über die Fermentation eigentlich steuern können: Wie genau kommt das Mycelium am Ende da raus? Also welche Farbe hat es z.B., wie schmeckt es? Wie ist aber auch die Struktur, je nachdem welches Produkt wir entwickeln wollen. Und wir sehen einfach vom Wachstum, wie es sich verhält, wie die Aromatik ist – Mycelium hat ganz viel Umami – dass es einfach perfekt dafür ist, Fleischalternativen herzustellen und deswegen ist das auch unser klarer Fokus gerade.

Wie schmeckt es denn? Also schmeckt es wie eine Banane oder wie ein Stück Fleisch?

Ja, es ist sehr spannend. Also es hat auf jeden Fall ganz viel Umami. Umami ist ja eigentlich ein Hinweis darauf, dass man eine hohe Proteinquelle hat und wir haben auch sehr viel Proteine im Produkt und Umami wird ganz oft mit tierischen Produkten in Verbindung gebracht. Man kann das aber so ganz schwer einordnen, wie ist konkret der Geschmack dann eigentlich? Und ich würde sagen, es hängt bei uns auch ganz stark davon ab, wie würzen wir. Also das ist so eine sehr gut schmeckende würzige Grundsubstanz und sobald man sie mit fleischähnlichen Gewürzen würzt, hat man ganz schnell so eine fleischige Assoziationskette. Manchmal hat man aber auch so eine leicht pilzliche Assoziationskette, aber das Myzel selber schmeckt gar nicht 100 % wie Pilz.

Isst du das privat schon? Also holst du das aus dem Tank raus und machst dann eine Spaghetti Bolognese oder ein Steak?

Ja, absolut. Also wir haben unseren Chefkoch in der Küche, der experimentiert damit natürlich viel rum und hat schon diverse Produkte daraus entwickelt und wir essen auf jeden Fall regelmäßig, genau wie du schon sagst, mal eine Spaghetti Bolognese, mal ein Sandwich, wo unsere Produkte drauf sind. Genau, also da gibt es eine große Bandbreite.

Bei vielen Fleischalternativen ist es so, dass die Rohstoffe ja dann noch unter Druck und hohen Temperaturen bearbeitet werden müssen. Also es sind Extrusionsprozesse, die dann letztendlich auch zur richtigen Fleischstruktur führen. Wie ist das beim Mycelium? Kommt es richtig so aus dem Tank raus und dann in die Leberwurst oder muss das da auch noch mal extrudiert werden?

Ne, Extrusion ist ein Prozess, von dem wir Abstand halten, eben wie du schon sagst, weil viel Druck und hohe Temperaturen. Das Mycelium wie es aus der Fermentation kommt, ist total nährstoffreich. Also es hat eben auch wieder ganz viel – wie jedes Fermentationsprodukt oder viele Fermentationsprodukte – Mineralien, Vitamine, es ein total gesundes Produkt und eigentlich durch dieses hochtechnologische Verarbeiten würden wir das wieder zerstören oder auch ganz viel verlieren. Und da ist bei uns ein ganz klarer Fokus darauf, dass wir sagen, wir möchten das so schonend behandeln wie es nur geht, damit wir das eben auch an den Endkonsumenten mitgeben können und die ganzen Nährstoffe auch erhalten können im Endprodukt. Das heißt, von den Prozessen geben wirklich nur eine Handvoll von weiteren Zutaten hinzu und formen dann das finale Produkt daraus.

Du hattest an einer anderen Stelle mal gesagt, dass ihr eigentlich die Fleischprodukte nicht imitieren wollt. Jetzt klingt das aber alles doch so, dass das irgendwie doch der Fall ist. Und gleichzeitig höre ich auch oder sehe ich auch, Konsumenten und Konsumentinnen wollen das ja eigentlich auch vielfach. Also wenn ich jetzt von Rügenwalder Mühle ein Wiener Würstchen kaufe, dann will ich ja wahrscheinlich auch, dass es so schmeckt.

Genau. Was wir aber tatsächlich sagen, ist, wir tun nicht alles um jeden Preis, um ein Fleischimitat herzustellen. Also wir würden z.B. nicht anfangen, mit Rote-Bete-Saft unsere Produkte farblich zu verändern, damit die eine blutähnliche Assoziation haben wie ein Fleischprodukt, sondern wir versuchen wirklich, nur das hinzuzufügen, was wir brauchen. Also dadurch, dass das Mycelium selber eben eigentlich sehr, sehr gut schmeckend ist und nicht so wie viele pflanzliche Proteine mit Off Notes kommt oder mit diesen Grasnoten, die man erstmal überdecken muss. Also wir finden ja viele Produkte auf dem Markt, die so ganz stark Barbecue flavored sind. Das brauchen wir alles gar nicht, weil wir nichts überdecken müssen oder maskieren müssen. Und deswegen arbeiten wir auch tatsächlich nur mit reinen Würzkomponenten, sage ich mal, also so wie man es zu Hause auch machen würde. Und wir versuchen eben nicht um jeden Preis Fleisch zu imitieren, weil, sobald wir anfangen, irgendwie ein Produkt zu imitieren, was es schon gibt, was irgendwie auch ein sehr komplexes, natürliches Produkt ist, fängt man eben an, so viel hinzuzufügen und wir sagen eigentlich, das was wir im Myzel haben, ist schon spannend genug, das schmeckt gut, das hat irgendwie eine schöne Farblichkeit. Wir versuchen jetzt gar nicht da irgendwie einen Frankenstein zu bauen, der Fleisch eins zu eins imitiert, sondern eigentlich geht es uns darum, die Funktion von Fleisch zu ersetzen.

Ich habe mal eine Studie selbst mitbetreut, da ging es darum, warum Konsumentinnen und Konsumenten bestimmte Dinge kaufen im veganen Bereich und warum nicht. Ein Thema war da auch, dass die Zutat eigentlich gar nicht so eine Rolle spielt. Also, dass es den Leuten eigentlich egal ist, was drin ist, Hauptsache es schmeckt. Und das hat uns sehr beeinflusst, was man natürlich auch auf die Packung draufschreibt sozusagen. Sind das Dinge, womit ihr euch auch beschäftigt? Also wird bei Mushlabs das Mycelium als Zutat dann beworben oder sagt ihr nee, die Hauptsache ist, man hat dann z.B. Zürcher Geschnetzeltes?

Nee, uns geht es schon auch darum, ganz klar zu kommunizieren, dass die Kraft der Pilze uns so ein Lebensmittel hervorgerufen hat. Also ohne Pilze ginge das gar nicht. Deswegen kommunizieren wir auch gerne den Pilz. Und das ist eben ein wahnsinnig spannender, toller Organismus, der ganz viele Lösungen für uns bereitstellt. Deswegen wollen wir den gar nicht so in Hintergrund drängen und wir können auch gerne darüber kommunizieren. Es ist ein Fermentationsprodukt. Also es ist tatsächlich etwas, worauf wir auch stolz sind, darüber zu sprechen. Was du aber gesagt hast mit dem Konsumenten, dass es vielleicht gar nicht so wichtig ist, woraus ein Produkt gemacht ist. Da bin ich total bei dir. Am Ende des Tages, was funktionieren muss, ist, das Produkt muss schmecken und es muss zu Hause funktionieren. Es muss gut zum Anbraten sein und darf jetzt irgendwie nicht auseinanderfallen oder sonst was. Und das sind unsere allerhöchsten Produktstandards. Es muss gut aussehen, es muss gut schmecken und es muss einfach ein Produkt sein, was überzeugt. Dass das alles Dank des Pilzes möglich ist: wer mehr leben will, der ist immer willkommen natürlich. Aber es ist jetzt nicht so, dass das der Hauptaspekt ist.

Wird man diesen Rohstoff dann auch alleine, unverarbeitet von euch bekommen können? Also als Mushlabs-Masse, die man dann selber verarbeiten kann, ja vielleicht auch in der Gastronomie oder Industrie?

Ja, wir sind tatsächlich mit der Gastronomie viel am Sprechen, klar auch durch meinen gastronomischen Background und dadurch, dass wir einen Koch auch im Team haben, ist für uns sehr wichtig, die Gastronomen frühzeitig mit einzubinden. Wie konkret die Produkte für die Gastronomie dann aussehen würden, das steht gerade noch so ein bisschen in den in den Sternen. Aber es ist auf jeden Fall so, dass es Produkte geben wird, die dem Konsumenten, aber auch den Köchen kreativen Spielraum überlassen und eben nicht stark vorgewürzt sind, sondern dass man selber auch würzen kann und sowohl irgendwie in ein asiatisches Gericht als auch in ein deutsches Gericht einbinden kann und ein großartiges Anwendungsspektrum hat.

Mushlabs ist ja jetzt eigentlich gar kein Start-Up mehr, sondern gibt es ja schon fünf Jahre und wir reden ja jetzt viel, was ihr an Produkten machen werdet. Es gibt ja, soweit ich weiß, noch gar kein fertiges Produkt. Ist da nach fünf Jahren nicht mal ein Punkt, wo man sagt, so, jetzt werde ich mal ungeduldig, wo man denkt, scheiße, wann kommt es jetzt endlich? Ja, wann kann ich das jetzt ausliefern oder wann kann ich dann auch endlich mal die Früchte meiner Arbeit ernten? Fünf Jahre ist ja schon richtig lang, oder?

Ja und nein, würde ich sagen. Fünf Jahre gehen schnell vorbei, gerade wenn man so sieht, wie ein Unternehmen wächst. Aber klar, ich bin total bei dir. Man will irgendwann dieses Produkt auf jeden Fall auch auf dem Markt sehen. Und wir haben natürlich schon sehr viel Konsumentenfeedback. Es gibt das Produkt physisch schon, es haben schon sehr, sehr viele verkostet und uns super Feedback gegeben. Allerdings bedarf es da natürlich auch gerade in Europa einer Zulassung und die EU kontrolliert natürlich, welche Produkte hier auf den Markt kommen und in der Phase befinden wir uns gerade und wir hoffen natürlich, dass das schnell geht und dass die EU da das Potenzial, was sie nämlich sonst auch sieht und uns sehr supportet und da auch die Wertschätzung unseres gesamten Prozesses für ein nachhaltiges Ernährungssystem sieht, dass sie das auch im Zulassungsprozess im Hinterkopf haben und dementsprechend das Produkt schnell auf den Markt kommt.

Also wenn ich höre, die EU kontrolliert und Zulassungsprozess, das klingt nicht so motivierend, aber vielleicht nochmal um auf die Pilze zurückzukommen. Also ich bin ja so ein Naturkind und ich habe aber trotzdem immer wieder beim Pilze sammeln so ein bisschen Angstschweiß auf der Stirn, weil ich mir denke, du, die sind ja sehr schmackhaft, aber die liegen ja gleichzeitig recht schwer im Magen. Wenn du Glück hast, dann sammelst du einen, der dein Bewusstsein erweitert. Wenn du Pech hast, dann ist er giftig und du bist tot. Also die haben ja nicht immer nur so ein positives Image. Ist das was, wogegen ihr ankämpfen müsst? Ist das vielleicht auch was, wo vielleicht so ein Bearbeiter sich denkt, in so einem Amt in Brüssel, vielleicht sind ja das Magic Mushrooms und deswegen darf ich das nicht freigeben?

Also das sind zwei verschiedene Themen würde ich sagen. Also das ist eine der Bearbeiter auf EU-Ebene, das sind ja alles Experten, die wissen schon durchaus zu differenzieren zwischen giftigen Pilzen und giftigen Substanzen und dem was wir machen, weil wir ja ganz klar essbare Speisepilze haben und das ist unser Fokus. Das heißt unsere Produkte, da gibt es keine Toxine. Es wird nirgendwo in Prozessen Toxin hergestellt von unserem Pilz. Also das ist ein ganz, ganz wichtiger Differenzierungsfaktor und es gibt z.B. auch einen Wettbewerber, die arbeiten sogar mit einer Schimmelpilzkultur. Was aber für uns ganz klar ist, dass wir davon Abstand halten wollen und wir uns auf essbare Speisepilze fokussieren.

Aber Schimmelpilze kann ich auch essen, oder?

Genau, Schimmelpilze kann man schon auch essen, ist aber ein größeres Spektrum, sage ich mal. Und bei Schimmelpilz ist es ganz stark abhängig, auf welchem Medium er wächst, ob er Toxine eben produzieren kann oder nicht. Unser Pilz kann keine Toxine produzieren per se.

Also ist es dann Champignon oder was ist euer Pilz?

Wir arbeiten mit verschiedenen Speisepilzen tatsächlich. Welcher es konkret ist, wirst du irgendwann herausfinden. Aber es gibt ganz viele essbare Speisepilze, über 2000 Stück. Das heißt, da gibt es einen großen Pool an tollen Produkten. Aber um zu dem zurückzukommen, was du gesagt hattest, man geht in den Wald und es gibt ja auch gefährliche Pilze. Da kommen wir vielleicht auch auf unsere rot weiße Farbe heute zurück. Den sollten wir auf jeden Fall nicht essen. Aber ich würde behaupten, klar, da geht es einfach ganz viel auch um Verbraucherwissen. Es gibt genauso viele Tiere, die gefährlich sind und die wir nicht essen sollten. Es gibt genauso viele Pflanzen, viel, viel mehr, die wir auch nicht essen sollten. Und wir tun das nicht. Das heißt, auch da geht es ganz stark natürlich um den Inverkehrbringer, dass der vertrauenswürdig ist. Und wenn wir als Lebensmittelproduzenten Produkte in den Verkehr bringen, haben wir natürlich die vollste Prozesskontrolle, dass es da keine Gefahr gibt für den Endverbraucher.

Es gibt die Firma Vitam, die den Hefeextrakt erfunden hat. Und die Ulrike ist wirklich eine liebe Freundin von mir. Wenn ich die treffe, die jammert mich jedes Mal an, dass sie gegen die Vorurteile von Hefepilzen und Hefeextrakt zu kämpfen hat. Und das Unternehmen gibt es seit 125 Jahren. Aber es ist ein gutes Beispiel, dass du eigentlich ständig gegen diese Windmühlen kämpfst. Aber wollen wir positiv bleiben. Vielleicht ist es ja bei Mushlabs anders, weil es da ja eben dann kein Extrakt ist und kein direkter Pilz, sondern Steak oder eine Bratwurst. Wir werden uns überraschen lassen. Neugierig bin ich jetzt auf alle Fälle.

Sehr gut.

Weil ich also neugierig bin, habe ich auch noch einmal nachgeguckt. Da gibt es ja auf den internationalen Märkten durchaus schon Vergleichsbeispiele. Es gibt Enough Food in den UK, es gibt in den USA The Better Meat, in Hamburg sogar habe ich gefunden Keen 4 Greens auch mit diesem Thema, die nennen das Mykoproteine. Ich nehm an, ist dasselbe, oder?

Genau, Mykoproteine ist im Prinzip dasselbe, ist meist aber ein trockenes Pulver und in manchen Fällen das extrahierte Protein aus dem Mycelium. Also wir verarbeiten ja wirklich das ganze Myzel und das ist ein bisschen noch eine andere Spezifizierung.

Gibt es mit diesen Firmen einen Austausch oder gibt es ein Netzwerk an Pilz-Liebhaber:innen?

Ja, es gibt durchaus mit Wettbewerber Austausch natürlich. Es gibt auch, wie du schon sagst, ein paar sehr, sehr spannende, mit denen wir auch durchaus an Produkten zusammenarbeiten. Also das ist auf jeden Fall spannend, wenn man zusammen auch dafür kämpft, dass das Produkt zugelassen wird. Also das ist ja auch ein ganz großer Aspekt daraus. Aber ich sag mal so Quorn eben, die ich vorhin schon erwähnt habe, die gibt es seit mehr als 20 Jahren im Markt und es ist das Urgestein von Mycelium oder von Pilzen und Pilzproteinen. Und da gucken wir natürlich auch auf und schauen uns an, wie die das gemacht haben und wie die in der Kommunikation sind. Wobei auch da muss ich sagen, die arbeiten mit einer Schimmelpilzkultur, bei uns ist ganz klar diese Speisepilzkultur Thematik. Also es gibt dann schon auch einen kleiner aber feinen Unterschied zwischen den Wettbewerbern und dem, was wir machen.

Aber Quorn gibt es seit 20 Jahren und ihr kämpft mit der EU. Das verstehe ich jetzt nicht. Ist Quorn einfach frech und sagt, komm, wir schmeißen das einfach am Markt und verkaufen das. Oder ist es eine andere Geschichte?

Quorn war vor dem Gesetz auf dem Markt, daher kommt es. Also das Gesetz ist von 1997 und Quorn gab es schon vor 1997. Deswegen müssen erst alle Lebensmittel, die nach 97 auf den Markt kommen, diesen Zulassungsprozess durchlaufen.

Also das ist doch völlig absurd, oder? Also das ist doch eigentlich eine Sauerei. Naja, okay, dann muss ich dich das ja jetzt wohl fragen, was muss man denn da ändern? Also ich meine jetzt klar, du willst natürlich deine Produkte auf den Markt bringen, aber gibt es irgendwas, wo du sagst, eigentlich müsste man da Regulatorien ändern, müsste die Politik was tun? Denn das ist ja eigentlich auch sehr innovations- und entwicklungsfeindlich das Ganze.

Ja, absolut. Also da sind wir zum Glück auch mit der Politik langsam mehr und mehr im Austausch, dass da wirklich ein Bewusstsein für geschaffen wird, dass man diese Hürden eben abbauen soll. Wir sind ja auch gar nicht dagegen, dass man sagt, es gibt einen Prozess, in dem das Lebensmittel kontrolliert wird. Das ist ja sinnvoll. Wir wollen ja den Verbraucher schützen und wir wollen ja auch ein sicheres Lebensmittelsystem aufrechterhalten. Allerdings sollte der Prozess viel schneller stattfinden, der sollte viel transparenter stattfinden, im Austausch stattfinden und nicht so, dass man irgendwas einfach in so eine Blackbox einreicht und dann wartet man mal und hört mal erstmal nichts. Also da sind wir auf jeden Fall ganz stark auch am Unterstützen, dass dieser Prozess transparenter und besser aufgesetzt wird. Das sehen wir nämlich in anderen Ländern. Singapur ist immer so ein Paradebeispiel. In Singapur sitzt man mit den Entscheidern an einem Tisch, die sagen ganz konkret, was sie brauchen und fragen sogar, wie sie in dem Prozess unterstützen können, welche Labore sie z. B. empfehlen würden, um gewisse Ergebnisse einzureichen.

Ja, Cathy, danke. Wir haben jetzt total viel über Fermentation, über Pilze gesprochen, wobei gerade eben dieser Begriff Fermentation wahrscheinlich für die meisten nach wie vor was Nebulöses sein wird. Hand aufs Herz, was glaubst du, wenn wir jetzt 10 Leute draußen auf dem Hamburger Jungfernstieg fragen, was ist Fermentation, was werden wir da hören?

Ja, ich würde sagen, die Hälfe hätte irgendwelche Assoziationen, sowas wie Bier, Joghurt, Käse. Aber ja, es ist tatsächlich leider noch ein Begriff, der ein bisschen unterrepräsentiert ist und ich hoffe, dass mehr und mehr Bewusstsein bald dazu erzeugt wird und mehr Leute verstehen, wie wunderbar Fermentation ist und was man alles mit Fermentation lösen kann und dass die meisten Produkte, die wir alle essen und die wir besonders gerne mögen, fermentierte Produkte sind.

Super, Cathy, danke. Ja, das hoffe ich auch und ich hoffe, dass wir jetzt auch ein paar Menschen aufklären konnten, was Fermentation ist, was sie kann. Und vielleicht werden wir ja demnächst zu Hause in der Küche nicht nur beizen, kochen, backen, räuchern, sondern vielleicht werden wir zu Hause auch demnächst mehr fermentieren. Danke.

Danke dir.

Das war’s für diese Folge von Food Fak(t). Wer von euch schon Erfahrungen mit dem Thema Fermentation hat, und wenn es auch nur beim Brotbacken ist, soll mir das bitte unbedingt schreiben. Am besten über Instagram, auf foodfakt_podcast oder z.B. über LinkedIn. Die besten Einsendungen gewinnen eine Reise nach New York, vielleicht aber auch nur ein Lächeln einer verzweifelten Laborrate. Wir werden sehen. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.