fdfa3df2-54be-4a5f-abd7-e86446e5d8d6
Episode 1

Darum gehts in dieser Folge

Was schont die Meere noch mehr als nachhaltige Fischerei? Gar keine Fischerei! Den Geschmack von Fisch und Meeresfrüchten treffen auch vegane Alternativen aus dem Labor – und die brauchen weder Netz noch Kutter. Diesem Foodfakt gehen wir in unserer ersten Folge gemeinsam mit Julian Hallet von Happy Ocean Foods auf den Grund. Also, Angel weg, Ohren auf und eintauchen ins ozeanfreundliche Essen!

Hier die ganze Folge zum nachlesen

Petri Heil. Ich bin euer Gastgeber Stefan Fak und ich habe heute bei Food Fak(t) einen ganz besonderen Fisch an der Angel. Er ist nicht dick, aber schick: Julian Hallet, der Mitgründer von Happy Ocean. Julian und Happy Ocean, die machen vegane Fische, Fischalternativen und pflanzenbasierte Meeresfrüchte. Oh mein Gott. Ich denke, viele von euch werden sagen, das ist jetzt ein bisschen spooky, denn wenn Fisch am Tisch, dann schon ein richtiger. Aber vielleicht sagt auch der eine oder andere: Das probiere ich mal aus. Das macht mich neugierig. Und ja, vielleicht ist das ja auch sogar gut für die Umwelt. Für mich stellt sich die Frage: Warum brauchen wir das und welche Probleme werden denn damit überhaupt gelöst? Das und vieles mehr, das werden wir jetzt erfahren. Julian, herzlich willkommen. Du hast uns ja heute den neuen Thunfisch von Happy Ocean mitgebracht und den darf ich ja jetzt zu dieser frühen Stunde probieren, oder?

Ja, danke für die Einladung, Stefan. Genau, ich habe unser neuestes Produkt mitgebracht und ich bin schon sehr gespannt auf dein Feedback.

Das macht mich ja total happy. Also das ist jetzt dieses Döschen. Bevor ich reinbeiße, eine Frage: Wenn man jetzt so einen veganen Fisch zum Frühstück isst, kann man dann sagen, das ist ein Katerfrühstück?

Kann man so sagen, ja. Also der Geschmack ist gleich und wir haben Omega-3-Fettsäuren in dem Produkt drin und auch hochwertige Proteine. Das sollte zur schnellen Regeneration beitragen.

Oh, interessant. Also es ist sehr stückig, das finde ich toll. Also ich kenne ja schon einige Thunfisch-Varianten aus dem Handel, die meisten haben mich nicht überzeugt. Wir selber haben auch mal probiert, einen zu produzieren mit Algen und Jackfruit. Das war nicht so der Knaller, sehr fischig. Für die Uhrzeit muss ich sagen, auch noch etwas gewöhnungsbedürftig, aber lecker. Also ich kann mir das gut vorstellen. Wie entwickelt sich denn das Produkt, wenn es warm wird? Kann ich es auch auf eine Pizza oder in eine Pasta geben oder zerfällt es dann?

Ja, sehr wichtige Frage. Wir haben diverse Tests gemacht und die Vielseitigkeit ist wirklich da. Sei es Pizza, Salat oder Sushi: Der Zustand bleibt weitestgehend gleich.

Wie angelt man sich denn so einen veganen Thunfisch? Wie wird der produziert?

Wir nutzen nasse Extrusion für die Produktion des Tuna. Das kennt man auch schon von der einen oder anderen Chicken-Alternative. Es ist ein ähnlicher Prozess, aber natürlich ist hier die Textur eine andere. Es muss weicher sein, es muss noch ein bisschen feiner sein. Wir haben im Vergleich zu anderen Produkten eine viel größere, stückigere Textur und es wirkt einfach wertiger. Die anderen nutzen hauptsächlich Trockenextrudat, das sind dann so kleine flockige Stücke und das ist auch der große Unterschied von unserem Produkt zu anderen.

Es gibt in der Frischetheke ja einen von einem großen Konzern, der sehr, sehr gut ist, der mich allerdings eher an den klassischen billigen Dosenthunfisch erinnert, der auch sehr zerfleddert ist, geschmacklich aber sehr gut ist. Hier ist das Schöne die Stückigkeit, dass du wirklich das Gefühl hast, das ist jetzt fast so wie ein White Fin Tuna, diese speziellen Flossen-Tuna. Aber natürlich musste dafür keine Flosse sterben. Das ist schon etwas sehr Schönes. Es gibt von Happy Ocean auch sehr viele Produkte auf Basis von Soja. Warum habt ihr euch hier für Erbse als Eiweiß entschieden? Was sind die Unterschiede?

Es macht einen großen Unterschied für die Eigenschaften des Produktes, welches Protein man nutzt und nicht für jedes Produkt lässt sich auch das gleiche Protein verwenden. Z. B. hat bei der Garnele Soja besser gepasst – einfach von den Eigenschaften, die sich dann auf die Textur auswirken. Soja ist auch deutlich neutraler im Geschmack, während Erbse mehr herauskommt und maskiert werden muss. Wir haben so viele Dinge bei den Garnelen zu beachten gehabt, dass wir erstmal auf die passendste, einfachste Proteinquelle zurückgegriffen haben. Bei dem Thunfisch haben wir länger daran gearbeitet, dass wir es auch mal mit Erbse versuchen können, ohne dass der Geschmack von der Erbse zu stark herauskommt.

Wenn ich eine normale Garnele in der Pfanne brate, schrumpelt die ja zusammen. Wenn man jetzt eine vegane Garnele macht, versucht man dann auch, dass die schrumpelt? Ist man dann froh, wenn die die Größe behält? Will man, dass die knusprig wird? Oder verändert die dann vielleicht auch die Farbe? Normale Garnelen werden ja beim Kochen von weiß zu rot. Versucht man, diese Effekte bei einer veganen Garnele zu kopieren?

Alles, was einen Nutzen hat oder was das Produkt überzeugender macht, versuchen wir zu kopieren und alles, was keinen Nutzen hat, lassen wir natürlich weg, wie die Schale z. B. Das ist auch ein Vorteil, dass man das Produkt nicht pulen muss, oder auch, dass man so gut wie kein Wasser hat. Das ist sehr hoch bei den Naturgarnelen, wenn man die in der Pfanne anbrät. Die werden ja auch glasiert, daher kommt nochmal Wasser. Und am Ende sind das schon bis zu 20 oder 30 Prozent, die dann noch mal von dem Produkt weggehen. Das ist bei unserem Produkt nicht so. Da reden wir vielleicht von 5-10 % maximal, die verloren gehen.

Wird die dann knusprig oder bleibt die dann ein bisschen labbrig?

Ne, die wird knusprig. Also außen brät die schön in Öl und wird knusprig.

Das heißt, die nächste Verkostung muss dann unbedingt mit Garnele sein. Auch wenn ich lese, dass die Konsumenten und Konsumentinnen immer skeptischer gegenüber Soja werden, weil es ein Allergen ist und auch sehr viel negative Berichterstattung über Soja ist. Wie siehst du das? Wie ist eure Erfahrung?

Also da muss man sehr stark differenzieren: Wo kommt das Soja her? Wie wurde dieses Soja produziert? Was ist das für eine Art von Soja? Und wenn das aus der EU kommt und Non-GMO ist, unter nachhaltigen Bedingungen angebaut, sehe ich da kein Problem. Was oft in der Presse erscheint, sind z. B. aus Brasilien Sojabohnen, die dort auf Kosten vom Regenwald kultiviert werden. Und das ist natürlich problematisch, wenn Ökosysteme zerstört werden und dort solche Monokulturen aufgebaut werden. Das ist nicht nachhaltig. Und dann auch noch die langen Lieferwege, die sind auch problematisch aufgrund der Emissionen. Das kann ich alles nachvollziehen, die Kritik. Und deswegen muss man einfach sehr genau schauen: Wo kommt das her? Aber Soja ist an sich ein super Rohstoff von den Eigenschaften her, von der Funktionalität des Proteins, dem hohen Proteinanteil, es ist ein super Protein. Also da kann man erstmal nichts sagen. Natürlich ist es ein Allergen, aber wenn man sich anschaut, wie viele Menschen wirklich eine Soja-Allergie haben, ist das überschaubar und deswegen für die breite Masse gut geeignet.

So langsam kommt dein Thunfisch bei mir im Magen ganz unten an und wirkt auch ein bisschen nach. Und erst jetzt sehe ich: Der ist ja gar nicht in Öl. Die meisten veganen Fischalternativen, die es in der Dose gibt, sind in Öl. Und das finde ich besonders ekelhaft, ehrlich gesagt, weil du dann 80 % Olivenöl oder irgendein anderes billiges Öl drinnen hast. Hier habe ich eine Salzlake.

Genau, es ist eine Lake, die überwiegend aus Wasser besteht, mit auch einem geringen Ölanteil, aber überwiegend eben aus Wasser und Salz.

Also das ist ein absoluter Vorteil des Produkts, weil es dadurch, glaube ich, bekömmlicher wird. Gleichzeitig frage ich mich: Wir haben ja auch bei unserem Bio-Tofu, mit dem wir mal herumprobiert haben, verzweifelt versucht, den Fischgeschmack nachzumachen mit Nori-Algen und diversen Salzen. Im Endeffekt geht es aber nur mit Zusatzstoffen und Aromen, oder wie ist es bei diesem Produkt?

Es kommt auf das Produkt an, welche Aromatik passend ist und man einsetzen kann. Algen sind für diesen fischigen Geschmack umsetzbar, aber wenn man jetzt diesen spezifischen Garnelen oder auch Thunfischgeschmack haben will, dann muss man schon mit Aromen arbeiten. Da kann man auf natürliche Aromen zurückgreifen, auch auf künstliche Aromen. Aber grundsätzlich muss man zu Aromen wissen: Aromen sind nichts Schlechtes oder ein Zusatzstoff, der unbekömmlich ist, sondern es ist wirklich – wie man auch bei dem Wort ‚natürliche Aromen‘ heraushört – etwas, was in natürlichen Produkten vorkommt und dort dann einfach extrahiert werden kann. Von daher ist es etwas, was man jetzt nicht negativ betrachten muss, nur weil ein Aroma eingesetzt wird.

Ein herkömmliches Argument ist immer: ‚Naja, jetzt bauen wir hier einen Thunfisch nach. Bevor ich den esse, esse ich lieber einen Apfel.‘ Wozu brauche ich das überhaupt? Es gibt ja auch Fisch aus Aquakulturen, der ist auch okay. Da könnte ich denken, der schädigt vielleicht auch nicht so die Meere, da habe ich auch keine Überfischung. Warum soll ich das kaufen?

Es gibt mehrere Aspekte, angefangen mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wir haben ein massives Problem der Überfischung und ein massives Ressourcenproblem. Deswegen gibt es auch Aquakulturen, sonst wären wir schon jetzt an der Obergrenze und hätten Lieferengpässe. Bei den Aquakulturen ist das Problem, dass dort auch Ökosysteme in Form von Mangrovenwäldern z. B. abgeholzt werden. Das sind sehr wertvolle Ökosysteme, die sind wichtig für uns. Die speichern CO2-Emissionen und dort entsteht Artenvielfalt. Umso mehr davon entsteht und umso mehr Nachfrage da ist, was anhand der steigenden Weltbevölkerung passieren wird, umso mehr verlieren wir davon. Deswegen brauchen wir neben dieser Alternative auch noch andere Alternativen. Wenn man sich anschaut, wie effizient so etwas produziert werden kann, sind wir im Bereich der alternativen Proteine, sei es jetzt Extrusion oder auch Fermentation oder zellbasierte Produkte. All diese Produkte sind deutlich effizienter, können vor Ort produziert werden. Füttert man einen Fisch mit einem Kilo Futter am Tag, bekommt man irgendwann ein Kilo Fischfleisch heraus. Das ist total ineffizient, weil du dieselben Rohstoffe nutzen könntest, um daraus alternative Produkte zu machen.

Du hast es selbst angesprochen: Es gibt immer mehr Anbieter von veganen Fischalternativen. Wo siehst du da die Unterschiede? Gibt es da überhaupt Unterschiede? Wodurch unterscheidet sich das eine Produkt von dem anderen? Hast du einen Marktüberblick oder hast du eine Wettbewerberanalyse oder kannst mal aus dem Nähkästchen plaudern?

Es gibt riesige Unterschiede und das ist auch ein Problem, weil oft die Produktkategorie in dieselbe Kiste gepackt wird, obwohl es riesige Qualitätsunterschiede gibt und auch Nachhaltigkeitsunterschiede, wo die Produkte herkommen, wo sie produziert werden, wo die Rohstoffe herkommen. Das fängt an bei der alten Generation der Produkte, die zuerst da waren, die teilweise noch in Taiwan produziert werden. Die haben kein Protein und sehr viele lange Zutatenlisten. Die nächste Generation der Produkte achtet darauf, dass die Rohstoffe lokal bezogen werden oder zumindest aus der EU, dass die Zutatenliste kürzer ist und dass es einen guten Nährwert hat, ähnlich wie beim Fisch. Warum essen wir den Fisch? Wegen Omega-3-Fettsäuren und wegen Protein. Wenn wir eine Alternative betrachten aus der alten Generation, die oft beides nicht hat und geschmacklich nicht mehr überzeugt, dann kann ich verstehen, dass man das einmal probiert und sich fragt: Hey, warum soll ich diese alternativen Produkte probieren? Das passiert leider oft und es tummelt sich noch zu viel auf dem Markt, was nicht überzeugt und deswegen ist diese Kategorie auch im Umbruch. Jetzt muss eine Bereinigung erfolgen und die neuen starken Produkte müssen überzeugen, die müssen immer besser werden. Da darf man keine Kompromisse machen und so haben wir auch beim Tuna angesetzt, dass wir alle Vorteile haben des Produktes: Ernährungsphysiologisch und den Aspekt der Nachhaltigkeit und natürlich den Geschmack, sodass es keinen Grund gibt zu sagen: Hey, ich hole jetzt den Dosentunfisch. Am Ende des Tages ist unser Produkt genauso gut und nachhaltiger.

Ich habe gelesen es wird jetzt Fischfleisch aus Fischzellen gezüchtet, Fischstäbchen. Was hältst du davon? Ist das eine Technologie, die bei euch auch mal auf dem Tisch war? Habt ihr auch mal überlegt, das zu machen?

Ja, wir haben uns sämtliche Technologien in dem Bereich angeschaut und eben auch SWOT- und Risikoanalysen gemacht, was für uns interessant ist oder in Frage kommt. Das ist eine sehr innovative Technologie, die noch am Anfang steht und wo die Perspektive noch nicht ganz absehbar ist, vor allem in der EU hinsichtlich der Regulatorik, aber auch der Skalierungsmöglichkeiten. Das war uns noch etwas zu unsicher und langfristig, weil dieses Problem der Überfischung und auch die Ethik dahinter, die Methodiken, Beifang wirklich massiv ist. Viele Fische verenden und wir wollten nicht allzu lange warten, bis wir das Problem angehen. Ich finde es aber gut, dass es verschiedene Technologien gibt mit verschiedenen Laufzeiten und Go-To-Market. Alles wird irgendwann werden. Während wir uns jetzt schon einsetzen und unser Produkt am Markt haben, werden irgendwann andere folgen, die dann auch dazu beitragen und das Ganze nochmal besser machen. Aber das war etwas, wo wir nicht gesehen haben, dass wir auf kurz- bis mittelfristige Zeit einen großen Unterschied machen können, weil, bis die Produkte im Massenmarkt angekommen sind, wird es noch dauern.

Wie stelle ich mir das vor? Steht da jemand im Labor und tropft eine Fischzelle in eine Nährlösung und das wächst dann und blubbert vor sich hin und dann habe ich irgendwann so eine Masse und die kann ich mir dann panieren und dann habe ich einen Backfisch? Oder gibt es da einen Tank, wo vielleicht schon Millionen von Zellen drin sind?

Einfach gesagt, kann man das schon so beschreiben. Du suchst dir den Fisch aus, den du kultivieren willst und entnimmst dort Zellen. Diese Zellen kannst du in einem Tank in einer Nährstofflösung vermehren und musst sie in eine Form bringen und in eine Textur, damit sie wirklich so aussehen wie z. B. ein Fischstäbchen. Es kommt nicht einfach aus dem Tank eine Masse. Diese Masse muss noch weiterverarbeitet werden. Teilweise wird das mit pflanzenbasierten Produkten kombiniert, mit Texturaten oder pflanzlichen Proteinen, um die Textur besser hinzubekommen. Dann ist es ein Mischprodukt, ein Hybridprodukt, und im Endeffekt formst du das Produkt dann in die jeweilige Form – Patty oder Fischstäbchen -, die du haben willst und hast damit ein sehr effizientes, cleanes Produkt ohne Antibiotika, Mikroplastikbelastung, Schwermetallbelastung. Das ist noch ein sehr wichtiger Punkt, den ich hervorheben möchte. Das ist bei unseren Produkten natürlich auch der Fall, dass wir nicht diese Belastungen haben. Und die sind schon nicht unerheblich, wenn man sich mal anschaut, was für Analysen dort gemacht wurden. Selbst Fische noch in ein tausend Metern Tiefe weisen diese Belastungen auf. Nicht umsonst wird Schwangeren davon abgeraten, in der Schwangerschaft Thunfisch zu essen oder Fische mit höherer Schwermetallbelastung. Da sollte man schon aufpassen und sich gut informieren: Wo kommt das Produkt her? Was ist die Qualität? Welche Art von Fisch hat welche Belastung? Und es nimmt zu. Also wir brauchen uns nichts vormachen, was den Zustand der Ozeane betrifft und auch die Sauberkeit vor allem in den Küstenabschnitten.

Trotzdem erinnert es mich so ein bisschen an diesen 70er-Jahre-Film ‚Brust oder Keule‘ von Louis de Funès, wo er in der Fabrik eingesperrt wird und dann sieht, wie das Hühnchen aus Plastikmasse geformt wird. Ein sehr lustiger Film, der heute plötzlich wieder neue Aktualität bekommt. Aber wenn es die Lösung ist: why not? Könnte es vielleicht sogar sein, dass ich irgendwann eine Do-it-yourself-Box bekomme und ich mir dann meinen Fisch zu Hause selber basteln kann, vielleicht aus meinem Goldfisch aus dem Glas? Dann nehme ich ein bisschen von dem Goldfisch, tue es in die Lösung und dann ist der Weihnachtskarpfen plötzlich aus dem Küchenlabor. Könnte das eine Vision sein?

Das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Das würde nicht sehr effizient sein in diesem Maßstab, also auch sehr teuer, sehr langwierig und aufwendig. Der Konsument will einkaufen gehen, sein Qualitätsprodukt bekommen und das ist auch noch ein Stichwort: Was da am Ende dann an Qualität herauskommt, ist die Frage. Das müsste schon ein sehr gut ausgeklügeltes System sein. Was ich für wahrscheinlicher halte, ist, dass du vielleicht irgendwann mal ein Druckersystem zu Hause hast mit verschiedenen Nährstofflösungen und dir dort diverse Produkte selbst drucken kannst und auch relativ schnell, ohne lange Wartezeiten. Dass du jetzt schon aus dem Büro weißt, ‚Ich will heute Abend eine Thunfischpizza essen‘ und dann wird die dir schon gedruckt und du musst die nur noch anbraten oder in den Ofen machen.

Die Frage zielt ein bisschen auf den Trend ab, dass die Leute ihren eigenen Sauerteig machen. Es gibt auch Sauerteig-Hotels mittlerweile. Jeder backt sein Brot, macht Marmeladen, legt sich seine Gurken selbst ein. Es gibt so einen Do-it-yourself/back-to-the-roots-Trend und da dachte ich, vielleicht gibt es dann auch sozusagen das Fischen in der Küche. Aber da sagst du, bist du skeptisch?

Ja, wobei, wenn du es jetzt so beschreibst, sehe auch diesen Trend – also das für den Fisch jetzt nicht unbedingt – und ich glaube auch, das wird noch zunehmen. Beispielsweise machen viele ihren eigenen Kombucha und probieren sich auch mal an Sauerkraut. Da gibt es noch mehr Möglichkeiten, dass man sich seine eigenen Speisen fermentiert. Vielleicht auch aus dem Grund, dass die Nährstoffe durch diese Fermentation in den Produkten verbessert werden und man eine Alternative hat zu Produkten, die nicht so frisch sind und wo man auch weiß, dass die Qualität stimmt, weil man sie selbst fermentiert hat. Das ist schon etwas, wo ich mir vorstellen kann, dass das zunimmt.

Wir werden es weiter beobachten. Sag mal, wie nehmen die Leute heute eure Fischalternativen wahr? Gibt es da Unterschiede, ob sie es z. B. im Supermarkt sehen oder kann man es vielleicht sogar schon im Restaurant bestellen?

Ja, wir sind in sämtlichen Kanälen verfügbar mit den Garnelen, mit denen wir ja gestartet sind. Im Einzelhandel, im Online-Einzelhandel, in Restaurants, Restaurantketten. Jetzt mit dem Thunfisch sind wir auch im Online-Einzelhandel ab nächster Woche und auch in Restaurants hier in München verfügbar. Ich würde sagen, die Akzeptanz der Garnelen ist nicht so hoch wie beim Thunfisch, weil der Thunfisch einfach etwas ausgereifter und besser ist. Die Garnelen sind einfach ein sehr komplexes Produkt und diese Textur und den Geschmack so hinzubekommen, dass jeder sagt ‚Ja, die ist genau so‘, ist schon sehr herausfordernd. Da ist die Meinung geteilt. Ich würde sagen, 50-60 % sind fasziniert davon, was schon möglich ist und wie das Produkt von den Eigenschaften entwickelt wurde. Beim Thunfisch ist die Akzeptanz so hoch, dass man sagen kann, fast jeder Fischesser oder Flexitarier, der probiert hat, hat gesagt ‚Ja, würde ich kaufen, ist nah dran.‘

Also meine Kollegen und Kolleginnen im Büro, die werden es bezeugen, ich bin ein absoluter Thunfischkritiker bei veganem Thunfisch. Ich habe noch keinen einzigen guten probiert und ich würde mal vorsichtig sagen, der überzeugt mich. Er hat auch noch keine Übelkeit hervorgerufen und wir reden ja schon ein paar Minuten. Insofern ist das ein sehr, sehr spannendes Produkt. Wo geht denn die Forschung hin? Forsch ihr weiter? Gibt es neue Proteinquellen, die ihr in Betracht zieht? In welche Richtung wird geforscht? Gibt es dann demnächst Fisch mit Gräten, Fisch mit Köpfen, Fisch mit Augen? Man sagt ja, der Fisch muss schöne Augen haben, damit er frisch ist. Wie ist es denn bei veganem Fisch? Was ist da das Qualitätskriterium?

Die Forschung und Innovation haben nie ein Ende und es macht Spaß zu sehen, was man noch optimieren kann. Unser neuestes Projekt – auch längerfristig angelegt – sind Fischfilets; ein Weißfischfilet und ein Lachsfilet. Das versuchen wir nach neuesten Qualitätsmaßstäben zu entwickeln: sehr kurze Zutatenliste, also drei bis vier Zutaten, sehr hoher Proteinanteil oder überwiegend aus Protein bestehend, keine Zusatzstoffe und von Form, Farbe und Textur gut wie das Original. Wir haben diese Qualitätsparameter alle definiert und auch priorisiert und werden versuchen, da so nah wie möglich heranzukommen. Wir haben das Projekt auf zwei Jahre angelegt. Da wird sehr viel Zeit reinfließen. Das machen wir zusammen mit dem Fraunhofer Institut, was ja sehr renommiert ist hier in Deutschland für Lebensmitteltechnologie. Wir haben auch selbst ein starkes R&D-Team und ich denke, da können wir eine neue Produktgeneration auf die Beine stellen und Produkte entwickeln, wo man kein Argument mehr hat, es nicht zu konsumieren, weil es so gut ist und keine Zusatzstoffe hat und auch geschmacklich top ist.

Gibt es das dann in der Frische, im Tiefkühlbereich oder was kann es denn noch sein? Getrocknet?

Wir planen, im Kühlbereich verfügbar zu sein. Dort findet man aktuell die Veggie-Produkte kumuliert und das ist der Verbraucher gewöhnt. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass in zwei Jahren das Supermarktumfeld anders aussieht und dann so viele gute Produkte im Markt sind, dass die Produkte wieder dem tierischen Pendant zugeordnet werden. Aktuell ist es viel weniger. Man könnte das im Markt verteilen, aber dann gäbe es für manche Produkte Alternativen und das wäre dann immer ein Spießrutenlauf. So gehst du zum Veggie-Regal und du findest alles, was du hast.

Beim Lachs musst du ja heute schon aufpassen, wenn du einen echten Lachs willst oder einen Veggie-Lachs. Die stehen ja, zumindest in einigen Supermärkten, schon ganz knapp nebeneinander. Da musst du auch wirklich dreimal schauen, um die Unterschiede zu sehen.

Ja, es gibt solche und solche, aber ich würde sagen, die meisten Supermärkte haben ihre Veggie-Corner und die Produkte dort zusammengefasst. Ich weiß auch von den Supermärkten, die das noch nicht haben, dass die planen, das so umzusetzen. Da wird das Sortiment wachsen, die Kategorie wird größer und irgendwann verteilt man es vielleicht wieder um.

Jetzt bin ich ein kleiner Romantiker. Ich denke an mein Fischerdörfchen, sitze irgendwo in Spanien, der Fischer fährt in der Früh raus, kommt zurück mit dem Fisch und serviert den frisch gegrillt am Abend mit einer schönen Weißweinflasche. Hast du schon mal mit so einem Fischer gesprochen? Was sagt denn der zu deiner veganen Fischalternative?

Ja, haben wir. Es gibt sogar auf unserem Instagram-Kanal ganz oben einen Happy Ocean Brand Trailer, wo wir in Portugal waren und dort gefilmt haben und uns auch mit Fischern ausgetauscht haben, was die für Herausforderungen sehen und wie die das wahrnehmen. Die sind auf jeden Fall offen für Alternativen, haben aber auch Bedenken, was den Stand der Überfischung anbelangt und auch die große Konkurrenz in der Fischerei, weil die Bestände schrumpfen. Aber jeder muss natürlich noch seinen Fang leisten können. Dort sprechen sie auch darüber, wie hoch technologisiert diese Boote ausgestattet sind. Du kannst feststellen, wo sich Schwärme unter Wasser befinden, dann kannst du hinfahren und die abfischen. Sie sehen es als bedenklich, dass es nur noch eine super effiziente Maschinerie ist, wo du genau feststellen kannst, wo sich jetzt der Fisch befindet, du fischst ihn leer und die Bestände nehmen ab. Sie sind seit Jahren zu denselben Stellen gefahren und plötzlich können sie dort nichts mehr fangen und müssen sich umorientieren. Das alles sehen sie schon als problematisch an, was die Ressourcen der Zukunft für Fisch anbelangt.

Ach, das wäre ja eigentlich eine sehr schöne Vision, wenn dieser alte Fischer zukünftig wieder Fische fangen kann, weil es diese schrecklichen Boote nicht mehr gibt und diese fahrenden Fabriken. Dass wir, statt zu überfischen, einfach vegane Fischalternativen produzieren und das vielleicht auch an Land: noch ein Vorteil. Und am Ende wären alle happy.

Das ist ein super Fazit: Wir wollen nichts wegrationalisieren, keine Jobs, keine Branche, keine Konkurrenz. Wir gehen davon aus, dass am Ende ein Mix aus Produkten im Markt sein wird zu verschiedenen Anteilen. Aktuell ist der alternative Proteinanteil noch sehr gering, um die 5-7 %. Das wird sich ein bisschen verschieben. Aber lange Zeit werden immer noch die tierischen Produkte dominieren und den größten Anteil haben. Das wird sich vielleicht niemals ändern, dass es über 50 % alternative Proteine gibt in den nächsten 20 Jahren. Das ist schon ein langer Zeithorizont und die haben zum Teil ihre Berechtigung, die Produkte. Das wollen wir niemandem wegnehmen. Aber wir können auch auf der anderen Seite nicht so weitermachen, wie wir es aktuell machen und brauchen diese Alternativen.

Gibt es da Piranhas in der Lebensmittelindustrie, die euch ins Fahrwasser kommen? Oder sagst du: oje, jetzt wird dann der kleine Happy Ocean ganz unhappy geschluckt oder kopiert oder vom Markt gedrängt oder, oder, oder. Hast du schon solche Erfahrungen gemacht?

Ja, es ist schon eine sehr kompetitive Branche. Und die Großen schauen sich natürlich an, was im Markt passiert. Du hast vielleicht den Eindruck, dass sie noch die Füße stillhalten und dann plötzlich launchen sie aus dem Nichts, ohne dass du irgendwas davon gehört hast, eine ganze Produktlinie mit vier Produkten. Dann stellst du aber fest, dass sie aufgrund der ganzen anderen Projekte, die sie haben, nicht diese Qualität, die du hast, weil du dich nur auf das Thema fokussiert hast, leisten können. Und deswegen gibt es zum Glück immer noch die Berechtigung für Start-ups. Aber es ist etwas, wo alle gerade drauf schauen, dran arbeiten und wo man schon aufpassen muss, dass man da Schritt hält und auch Innovation mit reinbringt und die Produkte durchgehend verbessert, um mithalten zu können. Aber dass wir geschluckt werden, da mache ich mir noch keine Sorgen.

Ich gucke da immer, wer bei uns im Webshop bestellt. Wenn ich sehe, dass ein Kunde z. B. rein zufällig Entwickler bei einem großen Konzern ist, dann finde ich das eigentlich ganz lustig und bin auch zuversichtlich. Denn bis sie das Produkt probiert haben, bin ich schon wieder ganz viel weiter geschwommen und habe schon wieder tausend andere Ideen. Ja, Julian, langsam wird es ja gegen Mittag. Thunfisch habe ich nur ein bisschen probiert. Wenn wir uns jetzt eine Pasta bestellen mit Meeresfrüchten und Fischen, würdest du die mit mir essen?

Kommt darauf an. Wenn ich jetzt im Süden wäre mit dir und ich wüsste, wo das herkommt und dass das frisch gefangen wurde und lokal ist, dann hätte ich hin und wieder kein Problem damit. Das ist dann am Ende eine ethische Frage, wenn sich die Mengen in Grenzen halten. Wenn jeder nur einmal die Woche eine Paella ist, dann hätten wir gar nicht das Problem der Überfischung und dieses große Ressourcenproblem. Es entsteht dadurch, dass es die Tagesordnung ist, dass immer alles verfügbar sein muss und mehrmals die Woche konsumiert wird und nicht darauf geachtet wird, wo es herkommt. Ich bin Flexitarier, ich habe meinen Konsum stark reduziert. Aber wenn ich weiß, dass die Qualität gut ist, dann bin ich nicht abgeneigt, auch eine Paella mit dir zu essen – als Ausnahme.

Ich würde wahrscheinlich keine essen, aber ich würde nicht abgeneigt sein, den Happy Ocean Thunfisch zu kaufen, wenn er verfügbar ist im Handel. Ich danke dir sehr für das Gespräch. Ich wünsche dir ein ‚Petri Heil‘ für die zukünftigen Angel- und Fischausflüge in die neuen Welten der veganen Fischkulturen und ich hoffe, dass Happy Ocean einen happy Weg in die Zukunft machen wird. Danke, Julian.

Danke dir, Stefan. Hat viel Spaß gemacht. Und ja, war ein nettes Gespräch.

Das war’s für diese Folge von Food Fak(t). Ich werde mir mit dem restlichen Thunfisch eine Thunfischpasta machen und schauen, wie sich das Produkt beim Kochen verändert. Sollte ich keine Fischvergiftung bekommen, dann werde ich das sogar auf Instagram posten, und zwar auf unserem Instagramkanal foodfakt_podcast. Und jetzt meine Bitte an euch: Ich hoffe natürlich, dass das nicht nur Ariel die Meerjungfrau liken wird, sondern auch ihr vorbeischaut und mir eure Kommentare schreibt und auch ein bisschen nachschaut. Denn es gibt dort alle Informationen, wie der Fisch z. B. tatsächlich produziert wird, woher er kommt, wo ihr ihn beziehen könnt. Und natürlich bin ich auch gespannt, was eure Erfahrungen mit veganem Fisch sind. Habt ihr das mal schon probiert? Fandet ihr das eine oder andere vielleicht besser oder genauso gut? Oder sollte man vielleicht am besten eurer Meinung nach die Finger davon lassen? Ich bin wirklich gespannt und freue mich. Baba und Servus, bis zum nächsten Mal.